Mit seinem „Hamamatsu“-Urteil von 2017, Rs. C-529/16 (KMLZ Zoll Newsletter 01│2019), hatte der EuGH eine bedeutende Entscheidung zur Anwendbarkeit der Transaktionswertmethode bei der Bestimmung des Zollwertes gefällt. Sie kann ausgeschlossen sein, wenn zunächst ein Preis in Rechnung gestellt und dann im Nachhinein angepasst wird. Maßgeblich ist, ob im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung bereits feststeht, ob und wenn ja, inwieweit die Anpassung erfolgt. Ist sie ungewiss, kann die Transaktionswertmethode nicht angewendet werden. In einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 15.05.2025 – Rs. C-782/23 – Tauritus) macht der EuGH weitere Ausführungen zur Transaktionswertmethode bei nachträglichen Preisanpassungen.
1 Sachverhalt
Tauritus überführte Diesel- und Flugturbinenkraftstoff in Litauen in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr. Die Verträge mit den Lieferanten sahen nur einen vorläufigen Preis für die Waren vor. Dieser wurde auf „Pro forma“-Rechnungen ausgewiesen. Tauritus meldete die Waren mit dem vorläufigen Preis als Zollwert nach der Schlussmethode gem. Art. 74 Abs. 3 UZK an. Die Verträge sahen eine spätere Anpassung des vorläufigen Preises vor. Maßgeblich sollten der Durchschnittspreis auf dem Markt in einem bestimmten Zeitraum und der durchschnittliche Wechselkurs in diesem Zeitraum sein. Der Endpreis konnte über oder unter dem vorläufigen Preis liegen. Hierüber sollten endgültige Rechnungen ausgestellt werden. Nachdem Tauritus die endgültigen Rechnungen erhalten hatte, beantragte sie die Änderung des in den Zollanmeldungen angegebenen Warenwertes gem. Art. 173 UZK.
Im Rahmen einer Überprüfung stellte die litauische Zollverwaltung fest, dass eine nachträgliche Änderung der Anmeldungen nicht in jedem Fall erfolgt war. Dementsprechend setzte sie in 13 Fällen Einfuhrabgaben auf der Grundlage des Endpreises als Transaktionswert fest. Tauritus wehrte sich gegen die Anwendung der Transaktionswertmethode. In einem anschließenden gerichtlichen Verfahren wandte sich nun das Oberste Verwaltungsgericht Litauens an den EuGH.
2 Vorlagefragen und Entscheidung des EuGH
Das Oberste Verwaltungsgericht Litauens richtete zwei Fragen an den EuGH. Als Erstes wollte es wissen, ob die Transaktionswertmethode Anwendung finden kann, wenn zunächst nur der vorläufig zu zahlende Preis bekannt ist. Im vorgelegten Fall war nicht bekannt, ob bei der Ermittlung des Endpreises eine Anpassung nach oben oder nach unten erfolgen würde. Mit der zweiten Frage wollte das vorlegende Gericht wissen, ob der Anmelder verpflichtet ist, gem. Art. 173 UZK einen Antrag auf Änderung des nach der Schlussmethode angemeldeten Zollwertes zu stellen, wenn der Endpreis erst nach Überlassung der Waren bekannt wird.
Der EuGH beantwortet die erste Frage zunächst hinsichtlich der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Transaktionswertmethode. In der „Hamamatsu“-Entscheidung war der EuGH zum Schluss gekommen, dass die Transaktionswertmethode nicht anwendbar ist, wenn der Preis nachträglich berichtigt wird und nicht feststeht, ob die Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgt. Gegenstand der Entscheidung waren Preisanpassungen im Anschluss an eine nachträgliche Gewinnaufteilung zwischen verbundenen Unternehmen. Die Höhe der Gewinnaufteilung und die Anpassung des Preises waren in diesem Fall im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung gänzlich ungewiss. Im vorgelegten Fall hingegen stehen im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung schon verbindliche und objektive Kriterien fest, anhand deren der Preis im Nachhinein anzupassen ist. Die „Bestimmbarkeit“ des Preises reicht demnach zur Anwendbarkeit der Transaktionswertmethode aus. Die konkrete „Bestimmung“ des Preises kann hingegen nachträglich erfolgen. Im Anschluss stellt der EuGH dar, dass für diesen Fall grundsätzlich das vereinfachte Zollanmeldungsverfahren nach Art. 166, 167 UZK vorgesehen ist. Danach kann der Anmelder zunächst eine unvollständige Zollanmeldung abgeben und im Rahmen der ergänzenden Anmeldung den endgültigen Preis nachmelden.
Unbeantwortet aber bleibt die Frage, wie eine Anmeldung zu handhaben ist, in der eine vereinfachte Zollanmeldung nicht genutzt und der vorläufige Preis als Zollwert nach der Schlussmethode angegeben wird. Offen bleibt insbesondere, ob in diesem Fall eine nachträgliche Änderung der Zollanmeldung gem. Art. 173 UZK erfolgen kann oder sogar muss. Die zweite Frage des vorlegenden Gerichtes beantwortet der EuGH nicht. Er verweist jedoch darauf, dass kein Raum für eine Änderung der Zollanmeldung bleibt, wenn das Verfahren der vereinfachten Zollanmeldung genutzt wird.
3 Bedeutung für die Praxis
Das aktuelle Urteil präzisiert den in der „Hamamatsu“-Entscheidung aufgestellten Grundsatz zur Anwendbarkeit der Transaktionswertmethode, wirft jedoch gleichzeitig Folgefragen auf. Deutlicher geworden ist nunmehr, wann sich ein Preis im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung ausreichend bestimmen lässt. Unklar bleibt leider, wie zu verfahren ist, wenn keine vereinfachte Zollanmeldung abgegeben wird. Denn der in diesem Fall unbekannte Endpreis kann nicht als Zollwert in der Zollanmeldung herangezogen werden. Problematisch gestaltet sich auch der Fall, in dem die ergänzende Zollanmeldung nicht fristgerecht abgegeben wird. Ob dann eine Änderung der Zollanmeldung gem. Art. 173 UZK möglich oder gar verpflichtend ist, bleibt offen. Diesbezüglich wirkt es sich auch nachteilig aus, dass der EuGH seine Ausführungen zum Verfahren der vereinfachten Zollanmeldung nicht an die Vorlagefrage anknüpft. Denn im Vorlagefall ging es gerade nicht um vereinfachte Zollanmeldungen. Rechtssicherheit besteht somit nach wie vor nicht.
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Stand: 05.06.2025