1 Hintergrund
Die EU-Kommission hatte am 08.12.2022 ihren ursprünglichen Richtlinienentwurf für die Initiative „VAT in the Digital Age“ veröffentlicht. Im Entwurf waren Änderungen für die Plattformwirtschaft, für die Meldepflichten und die elektronische Rechnungstellung sowie eine EU-einheitliche Mehrwertsteuer-Registrierung vorgesehen (siehe hierzu KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 52, 53, 54 | 2022). Die EU-Mitgliedstaaten waren aber nicht mit allen Änderungsvorschlägen einverstanden.
Unter der belgischen Ratspräsidentschaft wurde daher ein Kompromissvorschlag erarbeitet und am 08.05.2024 veröffentlicht. Doch auch dieser Vorschlag fand keine Zustimmung. Estland hatte Bedenken wegen der Änderungen für die Plattformwirtschaft. Daraufhin wurde am 30.10.2024 ein weiterer Kompromissvorschlag veröffentlicht, den der EU-Rat nun heute, am 05.11.2024, einstimmig angenommen hat.
Große Änderungen gegenüber dem bisherigen Richtlinienvorschlag enthält der neue Kompromiss nicht. Allerdings bekommen die Mitgliedstaaten nun noch einmal mehr Zeit, um die neuen Regelungen umzusetzen. Mit diesem Newsletter möchten wir Ihnen einen kurzen Überblick über die in den nächsten Jahren anstehenden Änderungen geben:
2 Einzige Mehrwertsteuer-Registrierung
Hinter der „einzigen Mehrwertsteuer-Registrierung“ verbirgt sich eine Vielzahl von Maßnahmen, die die bisherige Notwendigkeit von mehrwertsteuerlichen Registrierungen im Ausland entbehrlich machen sollen. Hierzu werden das One-Stop-Shop-Verfahren und die Regelungen zum Steuerschuldübergang für B2B-Umsätze von nicht ansässigen Unternehmen im EU-Ausland schrittweise zum 01.01.2027 und zum 01.07.2028 erweitert. Der Teufel steckt dabei jedoch wie so oft im Detail: Die Mitgliedstaaten können Wahlrechte ausüben. Und bestimmte Umsätze führen auch weiterhin zur Registrierungspflicht im Ausland.
Zudem wird ab 01.07.2028 ein One-Stop-Shop für innergemeinschaftliche Verbringen eingeführt, der vor allem Unternehmen im E-Commerce von Registrierungs- und Meldepflichten befreien soll, aber auch für alle anderen Unternehmen anwendbar ist.
Durch diese Änderungen wird auch die im Rahmen der „Quick Fixes“ zum 01.01.2020 eingeführte Vereinfachungsregelung für Konsignationslager-Sachverhalte entbehrlich. Sie soll nur noch für bis zum 30.06.2028 eingelagerte Gegenstände gelten und läuft damit faktisch zum 30.06.2029 aus.
3 Lieferkettenfiktion für digitale Plattformen
Die bestehende fingierte Lieferkette für B2C-Lieferungen innerhalb der EU, die im Drittland ansässige Onlinehändler über Online-Marktplätze erbringen, wird zum 01.01.2027 auf B2B-Lieferungen ausgeweitet.
Zudem sollen digitale Plattformen, die die kurzfristige Unterkunftsvermietung (bis 30 Nächte) oder die Personenbeförderung unterstützen, so behandelt werden, als hätten sie selbst diese Leistungen empfangen und erbracht. Von dieser Regel kann nur dann abgewichen werden, wenn der Leistende der digitalen Plattform seine USt-IdNr. mitteilt und ihr gegenüber erklärt, für seine Umsätze selbst USt zu berechnen. Zudem können Mitgliedstaaten eine Ausnahme für Kleinunternehmer vorsehen. Die Mitgliedstaaten müssen diese Regelung zur Leistungskette ab dem 01.01.2030 anwenden. Sie können sie jedoch bereits zum 01.07.2028 freiwillig umsetzen.
4 E-Rechnung und digitale Meldepflichten
Änderungen bzgl. der Ausstellung, der Übermittlung und dem Empfang von elektronischen Rechnungen sowie der damit zusammenhängenden digitalen transaktionalen Meldepflichten treten in drei Stufen in Kraft.
Erste Änderungen ermöglichen es den Mitgliedstaaten, bereits kurz nach Veröffentlichung der ViDA-Richtlinie im Europäischen Amtsblatt E-Rechnungspflichten für nationale Umsätze einzuführen. Damit entfällt die Notwendigkeit, hierfür eine Ausnahmegenehmigung beim EU-Rat zu beantragen.
Ab 01.07.2030 ist die elektronische Rechnung zentraler Baustein der Definition der „Rechnung“ und wird dann europaweit zur Pflicht. Die Mitgliedstaaten können jedoch in bestimmten Konstellationen von der E-Rechnungspflicht absehen.
Daneben werden für grenzüberschreitende Umsätze transaktionale Meldepflichten etabliert, die die Zusammenfassenden Meldungen ersetzen. Bis 2035 müssen bereits vorhandene nationale Meldepflichten an die EU-Vorgaben angepasst werden.
Ansprechpartner:

Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
Stand: 05.11.2024