Umsatzsteuer Newsletter 54/2022
VAT in the Digital Age (Teil 3): Digitale Meldepflichten und elektronische Rechnungen
Die Europäische Kommission hat am 08.12.2022 einen Richtlinienentwurf für die Initiative „VAT in the Digital Age“ veröffentlicht. Er soll unter anderem die Mehrwertsteuer-Meldepflichten modernisieren und die Verwendung elektronischer Rechnungen für grenzüberschreitende Transaktionen vorschreiben. Mit der Implementierung digitaler Meldepflichten (DMP) möchte die Kommission ein transaktionsbasiertes Deklarationssystem einführen, dass die veralteten Zusammenfassenden Meldungen ersetzen und den Mitgliedstaaten Informationen nahezu in Echtzeit liefern soll. Die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung soll die Grundlage für die DMP bilden.
1 Hintergrund
In den letzten Jahren haben einige EU-Mitgliedstaaten digitale Meldepflichten (DMP) eingeführt, die den Steuerbehörden Informationen auf der Basis einzelner Transaktionen liefern. Dieses Verfahren hat sich als erfolgreich erwiesen, da die Mehrwertsteuereinnahmen in den betreffenden Mitgliedstaaten um (geschätzte) 19 bis 28 Mrd. EUR gestiegen sind. In einigen Fällen ging die Einführung von DMP einher mit der Verpflichtung zur Nutzung elektronischer Rechnungen, um die digitalen Meldungen zu erleichtern. Mitgliedstaaten, die eine solche Verpflichtung einführen wollten, mussten jedoch eine Ausnahmeregelung von der MwStSystRL gemäß Art. 395 beantragen, die der Zustimmung des EU-Rates bedarf. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die EU-Kommission unter dem Motto der Modernisierung der Meldepflichten vorschlägt, DMP und die verpflichtende elektronische Rechnungstellung als Standard einzuführen.
 
2 Digitale Meldepflichten (DMP)
Eines der Ziele der EU-Kommission ist es, die veralteten Zusammenfassenden Meldungen (ZM) durch Änderung der Art. 262 – 271 MwStSystRL mit einem DMP-System für innergemeinschaftliche Umsätze zu ersetzen, das schneller qualitativ bessere Informationen zu den getätigten Umsätzen liefern soll. Diese Änderungen sollen ab 2028 in Kraft treten.
 
Die DMP für innergemeinschaftliche Umsätze sollen dieselben Umsätze betreffen, die bisher von den ZM erfasst wurden (mit Ausnahme der Konsignationslager, da die Vereinfachungsregelung hierfür abgeschafft werden soll). Lieferungen, die dem Steuerschuldübergang gemäß Art. 194-E MwStSystRL unterliegen, sollen ebenfalls in die DMP aufgenommen werden. Und die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, Daten über innergemeinschaftliche Erwerbe zu erheben, was nach den bestehenden Regelungen zur ZM bisher ein Wahlrecht war.
 
Art. 263-E MwStSystRL sieht die wichtigsten Merkmale des neuen DMP-Systems vor: 
  • Die Informationen sind für jeden einzelnen Umsatz zu übermitteln, 
  • die Frist für die Übermittlung der Daten beträgt zwei Arbeitstage nach Ausstellung der Rechnung oder nach dem Datum, an dem die Rechnung hätte ausgestellt werden müssen, 
  • die Übermittlung der Daten hat auf elektronischem Wege zu erfolgen, 
  • die Mitgliedstaaten stellen die Mittel für diese Übermittlung zur Verfügung, 
  • die Informationen können direkt vom Steuerpflichtigen oder von einem Dritten in seinem Namen übermittelt werden.
Art. 264-E MwStSystRL sieht vor, dass alle Pflichtangaben einer Rechnung gemäß Art. 226-E MwStSystRL gemeldet werden müssen, mit Ausnahme des Namens und der Anschrift des Leistenden und des Leistungsempfängers (beides ist überflüssig, da ihre USt-IdNrn. gemeldet werden) und des Leistungs- oder Zahlungsdatums. Die neuen obligatorischen Bestandteile einer Rechnung (Bankkonto, vereinbartes Datum / Betrag jeder Zahlung, im Falle einer Rechnungsänderung die ursprüngliche Rechnungsnummer – siehe unten) müssen ebenfalls gemeldet werden. Die Anforderung, dass Informationen auf Positionsebene, wie Menge und Art der Leistungen, angegeben werden müssen, wird in der Praxis eine Herausforderung darstellen. Eine Rechnung darf dann nicht länger mehrere unterschiedliche Leistungen umfassen.
 
3 Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung
In einem ersten Schritt soll mit Wirkung ab 2024 die Definition von elektronischen Rechnungen in Art. 217 MwStSystRL geändert werden. Danach muss eine „elektronische Rechnung“ in einem strukturierten elektronischen Format, das ihre automatische und elektronische Verarbeitung ermöglicht, ausgestellt und übermittelt werden. Dies ist insbesondere für Mitgliedstaaten von Bedeutung, die eine Verpflichtung für elektronische Rechnungen einführen wollen, was ab 2024 gemäß Art. 218(2)-E MwStSystRL ohne vorherige Ermächtigung durch den EU-Rat möglich sein wird.
 
In einem zweiten Schritt soll mit Wirkung ab 2028 Art. 218 MwStSystRL geändert und darin dann vorgeschrieben werden, dass alle Rechnungen in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt werden müssen. Ab diesem Zeitpunkt dürfen die Mitgliedstaaten nur noch für Umsätze, die nicht den DMP unterliegen, insbesondere für Leistungen im Inland und Leistungen ins Drittland, Rechnungen in Papierform oder anderen Formaten akzeptieren. Bislang sind nach Art. 218 MwStSystRL alle Rechnungen sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form akzeptiert.
 
Darüber hinaus wird die Frist für die Ausstellung von Rechnungen für innergemeinschaftliche Lieferungen und für Leistungen mit Steuerschuldübergang auf zwei Tage nach Leistungsdatum festgelegt (Art. 222-E MwStSystRL).
 
Die Möglichkeit, Sammelrechnungen für einen Kalendermonat auszustellen, wird abgeschafft, da dies dem Ziel zuwiderläuft, Informationen über Umsätze nahezu in Echtzeit zur Verfügung zu stellen (Art. 223-E MwStSystRL).
 
Die von den Steuerverwaltungen für die Meldepflicht benötigten Informationen sind gemäß Art. 226-E MwStSystRL:
  • das Bankkonto, auf dem die Zahlung für die Rechnung gutgeschrieben werden soll, 
  • das vereinbarte Datum und die Beträge jeder Zahlung im Zusammenhang mit einer konkreten Transaktion und, 
  • im Falle einer Rechnungsänderung, die Identifizierung der ursprünglichen Rechnung.
Art. 232 MwStSystRL wird gestrichen, so dass die elektronische Rechnungstellung nicht mehr von einer vorherigen Zustimmung oder Genehmigung abhängt, weder durch den Empfänger noch durch die Steuerbehörden.
 
Ansprechpartner:
 
 
Ronny Langer
Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
 
Stand: 14.12.2022