Umsatzsteuer Newsletter 39/2025
BMF-Schreiben zu Bildungsleistungen – das Warten hat ein Ende
Das BMF veröffentlicht das lang ersehnte Anwendungsschreiben zur gesetzlichen Neuregelung der Bildungsleistungen. Viele Anbieter, darunter etwa Musik- und Sprachschulen, können sich über eine weite Interpretation des Gesetzes freuen. Die meisten Anbieter benötigen fortan aber einen Berufsbezug zur Anwendung der Steuerbefreiung. Fortbildungsanbieter und u. a. Schwimmschulen werden mit Übergangsregelungen bedacht. Doch das Bescheinigungsverfahren, Online-Bildungsangebote und das Fernunterrichtsschutzgesetz verursachen auch weiterhin Kopfschmerzen.
1 Hintergrund
Zum 01.01.2025 passte der Gesetzgeber – nicht frei von Kritik – § 4 Nr. 21 UStG an das Unionsrecht an (KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 49 | 2024). Im Zentrum dieser Kritik standen die neu auszustellenden landesbehördlichen Bescheinigungen, der ungewünschte Wechsel in die Steuerbefreiung für Fortbildungsanbieter sowie die Abhängigkeit der Steuerbefreiung von einem Berufsbezug für Musik-, Tanz-, Sprach- und sonstige Schulen. Was Anbietern von Online-Bildung zu schaffen macht, sind zudem, neben der starken Ausweitung der Zulassungspflicht nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 23 | 2025), zwei BMF-Schreiben, wonach digitale Elemente zur Steuerpflicht führen können (KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 32 | 2025). 
 
2 BMF-Schreiben vom 24.10.2025 – die wesentlichen Inhalte
Abschn. 4.21.1 UStAE-neu: Unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen
  • Per Definition sind Bildungsleistungen „Schulunterricht, Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung sowie berufliche Umschulung“ sowie eng damit verbundene Leistungen. „Unmittelbar“ dienen Leistungen dem Schul- und Bildungszweck, wenn sie ihn nicht nur ermöglichen, sondern ihn selbst bewirken. Die Ziele der Teilnehmer sind dabei irrelevant; es zählen die Art und die generelle Eignung der Leistung als Bildungsleistung. 
  • Online-Bildung: Ohne zusätzliches Entgelt gewährte Aufzeichnungen gelten als Nebenleistungen zu Bildungsleistungen. Nicht befreit sind elektronische Dienstleistungen wie bloße Streams oder automatisierte Lern-Apps und Plattformen. Nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz zugelassene Kurse stellen wiederum Bildungsleistungen dar.
  • Schul- und Hochschulunterricht: Das BMF folgt der strengen EuGH-Definition, nach der Spezialkenntnisse die Befreiung ausschließen. Begünstigt ist aber schultypischer Unterricht auch in einzelnen Fächern, etwa bei Nachhilfe. 
  • Ausbildung, Fortbildung, Umschulung: Neben Schulungsmaßnahmen mit direktem beruflichen Bezug sind jegliche Schulungsmaßnahmen begünstigt, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dienen. Für Letztere besteht weder ein Unmittelbarkeitserfordernis noch kommt es auf einen direkten Berufsbezug an. Entscheidend ist der Zuschnitt der Leistung auf berufliche Bedürfnisse. Demnach sind auch Leistungen etwa der Musikschulen begünstigt, wenn sie auf eine berufliche Nutzung zielen. Es genügt gar ein mittelbarer beruflicher Nutzen, wie er z. B. bei Sprach- und Computerkursen angenommen werden kann. Die Dauer des Kurses ist dabei für Anbieter und Dozenten irrelevant.
Abschn. 4.21.2 UStAE-neu: Nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen
  • Kurse, die reine Freizeitzwecke fördern, sind nicht begünstigt. Maßgeblich ist der Einzelfall. Die bloße Möglichkeit der beruflichen Nutzung genügt nicht; es zählt der Charakter der Veranstaltung.
Abschn. 4.21.7 UStAE-neu: Einrichtungen des öffentlichen Rechts
  • Begünstigt werden Einrichtungen, die mit Bildungsleistungen aufgrund entsprechender rechtlicher Vorschriften (z. B. der HwO) betraut sind. Die Tätigkeit muss nicht in einem selbständigen Bereich der jPdöR ausgeübt werden.
Abschn. 4.21.7 UStAE-neu: Bescheinigungsverfahren
  • Alle begünstigten Einrichtungen, auch jPdöR, benötigen für Zwecke des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG eine Bescheinigung der Landesbehörde. Aus dieser Bescheinigung muss sich ergeben, dass mit der bescheinigten Leistung Schulunterricht, Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung erbracht wird. Das Finanzamt darf eine Überprüfung der erteilten Bescheinigung anregen und prüft in eigener Zuständigkeit die weiteren Merkmale der Steuerbefreiung, insbesondere die Unmittelbarkeit der Leistungserbringung und die Einrichtungseigenschaft. Bis Ende 2025 erteilte Bescheinigungen mit dem Wortlaut der gesetzlichen Altfassung sind auch zukünftig anzuerkennen. Die Finanzbehörde kann auch weiterhin die Erteilung der Bescheinigung durch die Landesbehörde anregen. Dies war im Entwurf des BMF-Schreibens nicht enthalten. 
Abschn. 4.21.8 UStAE-neu: Privatlehrer
  • Privatlehrer sind ausschließlich natürliche Personen, die Bildungsleistungen in eigener Person, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung erbringen. Sie benötigen keine landesbehördliche Bescheinigung. Subunternehmer sind keine Privatlehrer. Gleiches gilt für Anbieter, die über Personal, Sachmittel und Unterrichtsräume verfügen.
Anwendungsregeln
  • Das Schreiben gilt für Umsätze ab dem 01.01.2025. Bis Ende 2027 können sich Steuerpflichtige auf die Abschnitte 4.21.1 bis 4.21.5 des UStAE a.F. berufen. Schwimmunterricht kann bis Ende 2027 als steuerfrei behandelt werden.
3 Auswirkungen auf die Praxis
Das Schreiben ist zu begrüßen, wenngleich der Teufel im Detail steckt. Viele Anbieter benötigen fortan einen dokumentierten beruflichen Bezug, um ihre Leistungen (weiter) befreien zu können. In der Online-Bildung genießen nur Anbieter mit ZFU-Zulassung Rechtssicherheit, während alle anderen weiter in Unsicherheit leben müssen. Dass alte Bescheinigungen fortgelten, ist positiv. Jedoch spricht eine Bescheinigung – entgegen dem BMF-Entwurf – nun nicht mehr indiziell gegen Freizeitzwecke. Hier deutet sich ein neues Einfallstor der Finanzverwaltung an. Zudem mischt das Finanzamt auch weiterhin bei der Bescheinigungserteilung mit. Schwimmschulen und Fortbildungsanbieter genießen zwar großzügige Übergangsregelungen. Speziell Fortbilder wünschen sich aber einen gesetzlich verankerten Weg in die Steuerpflicht.
 
Ansprechpartner:
 
 
Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt (FH)
Tel: +49 211 54 095 387
 
Stand: 29.10.2025