Umsatzsteuer Newsletter 25/2025
Neues BMF-Schreiben zu den Voraussetzungen der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen
Das BMF hat am 01.07.2025 ein Schreiben zu den Voraussetzungen der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen veröffentlicht. Darin konkretisiert das BMF erneut die Vorgaben zur Missbrauchsrechtsprechung des EuGH – hauptsächlich in struktureller Hinsicht und ohne wesentliche praktische Auswirkungen. Konkrete Änderungen ergeben sich lediglich für den Nachweis der Steuerbefreiung bei Ausfuhren im nichtkommerziellen Reiseverkehr. Die Entwicklungen im Bereich des nichtkommerziellen Reiseverkehrs sind jedoch nicht besonders zufriedenstellend, insbesondere im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten.
1 Hintergrund
Ausfuhrlieferungen sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit (vgl. § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG i.V.m. § 6 UStG). Der Unternehmer muss das Vorliegen der Voraussetzungen anhand von Buch- und Belegnachweisen dokumentieren (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 1 UStG, §§ 8 ff. UStDV). In der Praxis sorgt der Nachweis jedoch regelmäßig für Diskussionen: Die Betriebsprüfung versagt die Steuerbefreiung und fordert Umsatzsteuer samt Zinsen nach – meist mit der Begründung, dass die Nachweise unvollständig oder nicht ordnungsgemäß seien.
 
Der EuGH hat in diesem Zusammenhang durch seine sog. Missbrauchsrechtsprechung bereits mehrfach entschieden: Es verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der steuerlichen Neutralität, wenn eine nationale Rechtsvorschrift die Steuerbefreiung für eine Ausfuhrlieferung versagt, obwohl zweifelsfrei feststeht, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind. Der Buch- und Belegnachweis für Ausfuhrlieferungen ist damit lediglich eine formelle Voraussetzung (vgl. EuGH, Urt. v. 17.10.2019 – Rs. C-653/18 – Unitel Sp; v. 08.11.2018 – Rs. C-495/17 – Cartrans Spedition und v. 28.03.2019 – Rs. C-275/18 – Milan Vinš). Ähnlich hatte der EuGH zum Buch- und Belegnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (nach alter Rechtslage) entschieden.
 
2 Umsetzung in Deutschland
Die Grundsätze zum Nachweis der Voraussetzung der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen hat das BMF bereits mit Schreiben vom 25.06.2020 umgesetzt (vgl. KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 27│2020). Mit dem Schreiben vom 01.07.2025 konkretisiert das BMF die Vorgaben zur Missbrauchsrechtsprechung erneut – hauptsächlich in struktureller Hinsicht und ohne wesentliche praktische Auswirkungen. Bisher galt z.B., dass der Unternehmer die Ausfuhr auch durch andere Belege nachweisen kann, sofern der Nachweis der Ausfuhr durch den von der UStDV vorgesehenen Nachweis nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Nun stellt das BMF der EuGH-Rechtsprechung gemäß klar: Die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen ist zu gewähren, wenn der Unternehmer den formellen Anforderungen des Ausfuhrnachweises zwar nicht genügen kann, aber das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen anhand objektiver Kriterien zweifelsfrei nachgewiesen ist.
 
Dennoch empfiehlt es sich, den Nachweis entsprechend den gesetzlichen nationalen Vorgaben zu führen. Dies erleichtert die Anerkennung durch die Finanzverwaltung und hilft, aufwändige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Kann der Nachweis in keiner Form erbracht werden, sollte im Zweifel mit Steuerausweis abgerechnet werden.
 
3 Ausfuhren im nichtkommerziellen Reiseverkehr
Konkrete Änderungen ergeben sich für den Nachweis der Steuerbefreiung bei Ausfuhren im nichtkommerziellen Reiseverkehr. Eine Ausfuhr im Reiseverkehr liegt vor, wenn Reisende aus Staaten außerhalb der EU die in Deutschland erworbene Ware im persönlichen Reisegepäck ins Drittlandsgebiet mitnehmen – ausgenommen sind Lieferungen zur Ausrüstung und Versorgung von privaten Beförderungsmitteln. Für die Anwendung der Steuerbefreiung beim „Export über den Ladentisch“ muss der Reisende bei der Ausreise aus Deutschland (bzw. aus der EU) grundsätzlich den entsprechenden Vordruck zusammen mit dem Reisepass und den erworbenen Waren der Grenzzollstelle zur Bestätigung vorlegen. Anschließend kann der Reisende die Bestätigung dem Händler vorlegen und erhält die Umsatzsteuer zurückerstattet. 
 
Bereits am 12.03.2025 hatte das BMF zwei weitere Schreiben zu den Einzelheiten und Anforderungen an den Nachweis der Steuerbefreiung veröffentlicht. In diesem Zuge wurden das Merkblatt zur Umsatzsteuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr sowie die Vordruckmuster der Ausfuhr- und Abnehmerbescheinigungen aktualisiert. Zudem hat das BMF die Ausführungen zum Ausschluss der Steuerbefreiung bei der Ausrüstung und Versorgung von Beförderungsmitteln im UStAE konkretisiert. Mit Schreiben vom 25.06.2020 hatte das BMF festgelegt, dass der Unternehmer den Ausfuhrnachweis bei der Ausfuhr von Gegenständen im Reiseverkehr an Flughäfen, an denen die Zollverwaltung nicht im gesamten Transit- bzw. Sicherheitsbereich präsent ist, durch alternative Belege führen kann. Nunmehr werden alternative Belege bei der Ausfuhr im Reiseverkehr an Flughäfen bis zu einem Netto-Verkaufspreis der Einzelware von EUR 1.000 grundsätzlich anerkannt. Auch bei einem Netto-Verkaufspreis von über EUR 1.000 sind alternative Belege in bestimmten Fällen zulässig, insbesondere dann, wenn die Zollverwaltung nicht im jeweiligen Transit- bzw. Sicherheitsbereich, in dem sich das Verkaufsgeschäft befindet, präsent ist. 
 
Trotz zahlreicher privater Anbieter, die Reisende bei dem Prozess unterstützen, bleibt der Ausfuhrnachweis aufwendig – und die Warteschlangen an den Flughäfen lang. Ein innovatives Beispiel liefern hingegen die Niederlande: Dort haben die Behörden ein Pilotprojekt gestartet und eine App eingeführt, in der Unternehmer die Rechnungen hochladen können. Der Nachweis der Ausreise erfolgt über die App am Zollschalter. Am Flughafen Schiphol erfolgt der Nachweis der Ausreise sogar bereits über Smartphone-Funktionen wie Bluetooth und Standortdienste. Im Anschluss kann der Reisende die Rückerstattung der niederländischen Mehrwertsteuer direkt in der App beantragen. Zum 01.01.2026 soll die Nutzung der App verpflichtend werden. Die Entwicklungen in Deutschland bleiben dahinter weit zurück. 
 
Ansprechpartner:
 
 
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Stand: 23.07.2025