Umsatzsteuer Newsletter 23/2024
VAT in the Digital Age – Kompromissvorschlag: Überblick und Zeitplan
Das digitale Zeitalter der VAT könnte bald kommen. Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vom 08.12.2022 hatte umfassende Änderungen für die Plattformwirtschaft, für die Meldepflichten und die elektronische Rechnungstellung sowie eine EU-einheitliche MwSt-Registrierung vorgesehen. Hierzu gab es aber Kritik und Einwände einiger Mitgliedstaaten. Nun liegt ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch, über den der ECOFIN-Rat in seiner Sitzung am 14.05.2024 beraten wird. Dem Vernehmen nach ist eine politische Einigung über den Vorschlag in greifbarer Nähe. Wenn dies nicht gleich gelingt, wäre die Sitzung am 21.06.2024 die nächste Gelegenheit. Sobald der Rat eine Einigung erzielt hat, informieren wir Sie im Detail über die anstehenden Änderungen. Mit diesem Newsletter möchten wir Ihnen zunächst einen kurzen Überblick über den neuen Zeitplan und die Kompromissvorschläge geben.
1 Hintergrund
Die EU-Kommission hatte am 08.12.2022 den Richtlinienentwurf für die Initiative „VAT in the Digital Age“ veröffentlicht. Darin waren Änderungen für die Plattformwirtschaft, für die Meldepflichten und die elektronische Rechnungstellung sowie eine EU-einheitliche MwSt-Registrierung vorgesehen (siehe hierzu KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 52, 53, 54 | 2022). Die EU-Mitgliedstaaten waren aber nicht mit allen Änderungsvorschlägen einverstanden. Unter der aktuellen belgischen Ratspräsidentschaft wurde daher ein Kompromissvorschlag erarbeitet und am 08.05.2024 veröffentlicht. Sobald der EU-Rat eine Einigung erzielt hat, informieren wir Sie im Detail über die anstehenden Änderungen. Mit diesem Newsletter möchten wir Ihnen zunächst einen kurzen Überblick über den neuen Zeitplan und die Kompromissvorschläge geben. 
 
2 Zeitplan
Für die meisten Änderungen ist eine Verschiebung um 2,5 Jahre vorgesehen. Dadurch sollen die Finanzverwaltungen und die Unternehmen mehr Zeit für die Umstellung bekommen. Die Änderungen für die Plattformwirtschaft und die EU-einheitliche MwSt-Registrierung sollen von Januar 2025 auf Juli 2027 verschoben werden. Die digitalen Meldepflichten und die verpflichtende elektronische Rechnungstellung sollen statt im Januar 2028 erst im Juli 2030 eingeführt werden.
 
3 Änderungen ab 2024 – nach Inkrafttreten der Richtlinie
  • Die EU-Mitgliedstaaten sollen die im Inland ansässigen Unternehmen verpflichten können, für inländische Leistungen E-Rechnungen auszustellen. Eine vorherige Genehmigung durch den EU-Rat sowie die Zustimmung des Rechnungsempfängers sollen nicht mehr erforderlich sein.
4 Änderungen ab 01.01.2026
  • Es ist eine Klarstellung zum Schwellenwert von EUR 10.000 für Fernverkäufe und grenzüberschreitende B2C-Dienstleistungen geplant. Maßgeblich für den Schwellenwert sollen nur noch Fernverkäufe aus dem Ansässigkeitsland sein, jedoch nicht Fernverkäufe aus Lagern in anderen Mitgliedstaaten.
  • B2C-Lieferungen von Elektrizität und von Wärme, Kälte sowie Erdgas über Netze sollen auch über den One-Stop-Shop (OSS) gemeldet werden können.
5 Änderungen ab 01.07.2027
  • Digitale Plattformen, die die kurzfristige Unterkunftsvermietung (nunmehr nur noch 30 Nächte) oder Personenbeförderung unterstützen, sollen so behandelt werden, als hätten sie selbst diese Leistungen empfangen und erbracht. Dies soll jedoch nicht gelten, wenn der Leistende der digitalen Plattform seine USt-IdNr mitteilt und ihr ggü. erklärt, für seine Umsätze selbst Umsatzsteuer berechnen zu wollen. Kleinunternehmer sollen von den Mitgliedstaaten von der Leistungsfiktion ausgenommen werden können.
  • Es ist ein verpflichtender Steuerschuldübergang vorgesehen für alle Lieferungen und sonstigen Leistungen (ausgenommen: Differenzbesteuerung) eines nicht im Mitgliedstaat der Leistung ansässigen und hier auch nicht umsatzsteuerlich registrierten Leistenden, wenn der Leistungsempfänger in diesem Mitgliedstaat bereits registriert ist. Für Situationen, bei denen der Leistende im Leistungsland nicht ansässig, aber bereits registriert ist, sollen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, einen Steuerschuldübergang vorzusehen und die weiteren Bedingungen hierfür selbst festzulegen.
  • Der Anwendungsbereich des besonderen OSS für innergemeinschaftliches Verbringen von Gegenständen soll erweitert werden auf Investitionsgüter. Ausgenommen bleibt das Verbringen von Gegenständen, für das es kein volles Vorsteuerabzugsrecht gibt. Damit verbunden wird eine Verpflichtung eingeführt, den Eigentümer der Gegenstände über das Verbringen zu informieren, wenn dieser das Verbringen nicht ausdrücklich beauftragt hat.
6 Änderungen ab 01.07.2030
  • Die Mitgliedstaaten können die Gewährung des Vorsteuerabzugs für Umsätze, die unter eine nationale digitale Meldepflicht fallen, davon abhängig machen, dass eine E-Rechnung nach neuem Format vorliegt.
  • E-Rechnungen für Umsätze, die unter die digitale Meldepflicht fallen, sollen nicht mehr innerhalb von 2 Tagen ausgestellt werden müssen. Stattdessen sollen ab Leistungsdatum 10 Tage Zeit für die Rechnungstellung bleiben.
  • Sammel-(E-)Rechnungen sollen weiterhin erlaubt sein, aber mit der Einschränkung, dass sie nur noch maximal die Umsätze eines Kalendermonats umfassen dürfen und dass sie bis zum 10. Tag des Folgemonats ausgestellt werden müssen. Für betrugsanfällige Sektoren jedoch können die Mitgliedstaaten Sammelrechnungen verbieten.
  • Das Fälligkeitsdatum soll keine Rechnungspflichtangabe mehr sein. Die Bankverbindung des Leistenden dagegen soll, trotz großer Diskussionen, eine Pflichtangabe bleiben.
  • Die digitale Meldung der Umsätze durch den Rechnungsaussteller soll an dem Tag erfolgen, an dem die Rechnung ausgestellt wurde oder spätestens hätte ausgestellt werden sollen. Der Empfänger soll innerhalb von 5 Tagen nach dem Tag melden, an dem die Rechnung ausgestellt wurde oder spätestens hätte ausgestellt werden sollen.
7 Änderungen ab 01.01.2035
  • Mitgliedstaaten, die bis zum 01.01.2024 bereits ein inländisches transaktionsbasiertes (Real-time-)Meldesystem eingeführt oder von der EU genehmigt bekommen haben, sollen verpflichtet werden, dieses Meldesystem bis 31.12.2034 an den neuen EU-Standard für E-Rechnungen und die digitale Meldepflicht anzupassen. 
Ansprechpartner:
 
 
Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
 
Stand: 13.05.2024