Umsatzsteuer Newsletter 22/2024
Verkaufsaufschläge bei Gruppenversicherungen: Versicherungsteuer, Umsatzsteuer oder steuerfrei?
Verkaufsaufschläge bei Gruppenversicherungen können der Versicherungsteuer unterliegen, müssen es aber nicht. In einem kürzlich veröffentlichten Urteil äußerte sich das FG Köln zur Frage der Versicherungsteuer bei Verkaufsaufschlägen und stellt sich dabei gegen die Ansicht der Finanzverwaltung. Eine Versicherungsteuerbarkeit der Verkaufsaufschläge wurde abgelehnt. Dabei schließt sich dann die Frage an, wie die Verkaufsaufschläge umsatzsteuerlich zu bewerten sind. Der Ball liegt nun beim BFH. Dieser kann nach seinem letzten Urteil aus 2016 zu den Verkaufsaufschlägen jetzt für Klarheit bei den Steuerpflichtigen sorgen.
1 Hintergrund
In der Praxis ist es nicht selten, dass bei echten Gruppenversicherungen sog. Verkaufsaufschläge erhoben werden. Zur Erinnerung: Bei einer echten Gruppenversicherung entsteht ein Versicherungsverhältnis nur zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer (sog. Gruppenspitze). Der Versicherungsnehmer (VN) nimmt die versicherten Personen und deren Risiken automatisch oder durch Anmeldung in die Gruppenversicherung auf. Es handelt sich um eine Versicherung für fremde Rechnung (§§ 43 ff. VVG). Dadurch erlangen die versicherten Personen Versicherungsschutz. Nun kommt es vor, dass der VN von den versicherten Personen einen höheren Betrag (Verkaufspreis) für den Versicherungsschutz verlangt, als ihn der VN selbst an den Versicherer zu leisten hat (Versicherungsprämie). Die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und der Versicherungsprämie wird als Verkaufsaufschlag bezeichnet.
 
Seit dem BFH-Urteil v. 07.12.2016 (Az.: II R 1/15) und dem sich daran anschließenden BMF-Schreiben v. 29.11.2017 wurde viel über Verkaufsaufschläge diskutiert. Der BFH hatte 2016 entschieden, dass die Verkaufsaufschläge der Versicherungsteuer unterliegen können. Bei einer Reiseversicherung nahm der BFH die konkludente Vereinbarung einer Vermarktungsvergütung zwischen Versicherer und VN an. Zu dieser Annahme kam der BFH, weil der Verkaufsaufschlag zwischen Versicherer und VN abgestimmt wurde. In einem überwiegend kritisch aufgenommenen BMF-Schreiben wurde das BFH-Urteil stark pauschalisiert. Dem BMF-Schreiben zufolge hätte ein nicht nach Prämie und Provision aufgeschlüsselter Verkaufspreis für eine Gruppenversicherung in vielen Fällen zu einer Versicherungsteuerpflicht der Verkaufsaufschläge führen sollen. Das BMF hat eine Vereinbarung zwischen Versicherer und VN ohne Prüfung der Interessenlage im Einzelfall einfach fingiert.
 
2 FG Köln: Urteil 2 K 2132/21 v. 27.09.2023
Das FG Köln hatte mit dem am 25.03.2024 veröffentlichten Urteil nun wieder über einen Fall von Verkaufsaufschlägen zu entscheiden. Für das FG Köln handelt es sich bei den Verkaufsaufschlägen im vorliegenden Fall nicht um Versicherungsentgelt i.S.d. § 3 VersStG, da ein solches zwischen Versicherer und VN nicht vereinbart oder abgesprochen war. Das FG Köln scheint auch die Pauschalisierung des BFH-Urteils aus dem Jahr 2016 in dem genannten BMF-Schreiben abzulehnen. Die Revision wurde jedenfalls wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen. Die versicherungsteuerliche Behandlung von Verkaufsaufschlägen bei Gruppenversicherungsverträgen sei auch angesichts der Entscheidung aus dem Jahr 2016 noch nicht geklärt. Das FG Köln begründet sein Urteil wie folgt:
 
  • Für die Versicherungsteuer ist das Versicherungsentgelt i.S.d. § 3 VersStG ausschlaggebend, da das aufgrund des Versicherungsverhältnisses gezahlte Versicherungsentgelt, welches die Schuld des VN gegenüber dem Versicherer zum Erlöschen bringt, besteuert wird. 
  • Das Versicherungsentgelt wiederum bestimmt sich maßgeblich durch den Versicherungsvertrag zwischen dem Versicherer und dem VN.
  • Auch bei einer Gruppenversicherung ist nur der VN als Vertragspartner des Versicherers zur Zahlung der Versicherungsprämie verpflichtet. Diese muss zur Begründung eines Versicherungsverhältnisses bewirkt werden.
  • Für die Bestimmung des Versicherungsentgeltes kommt es daher auf das Innenverhältnis zwischen Versicherer und VN an. Das Außenverhältnis zwischen VN und versicherter Person ist insoweit unbeachtlich.
  • Im zu entscheidenden Fall gab es gerade keine Anhaltspunkte für eine Vereinbarung oder Absprache hinsichtlich der Verkaufsaufschläge im Innenverhältnis zwischen Versicherer und VN.
  • Eine wirtschaftliche Betrachtung, nach der der Versicherer auch ein Interesse an der Vermarktung der Gruppenversicherung hat, kann nicht zu einer Annahme von Versicherungsentgelt führen. Die Versicherungsteuer knüpft als Verkehrsteuer – im Gegensatz zu anderen Steuerarten – an das Zivilrecht an.
3 Ausblick
Das Thema Verkaufsaufschläge bleibt weiter spannend. Die Revision zum BFH wurde eingelegt (Az.: V R 3/24), sodass dieser erneut zu dem Thema Stellung beziehen kann. Interessant wird dabei zu sehen, wie der nunmehr zuständige V. Senat die Fragen behandelt und wie das BMF hierauf reagiert. Steuerpflichtige sollten überlegen, ob sie ggf. betroffene Veranlagungszeiträume offenhalten möchten. Bei neuen Ausgestaltungen sollten die Entscheidungsoptionen des BFH antizipiert und einbezogen werden, um steuerlich für die Zukunft gerüstet zu sein und das Problem der Verkaufsaufschläge möglicherweise komplett umschiffen zu können. 
 
Im Anschluss an das Urteil des FG Köln drängt sich auch die Frage auf, wie die Verkaufsaufschläge umsatzsteuerlich zu bewerten sind. Handelt es sich um eine steuerpflichtige Leistung, wie der VN mit Verweis auf den EuGH (Rs. BGZ Leasing) argumentiert, oder doch um eine nach § 4 Nr. 10 Buchst. b) UStG steuerfreie Leistung mit entsprechenden Einschränkungen für den Vorsteuerabzug? 
 
Die Beurteilung ist aus unserer Sicht auch deshalb besonders praxisrelevant, da das BMF in seinen Erläuterungen zum BMF-Schreiben v. 11.05.2021 zu Garantiezusagen (siehe KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 18 | 2021 und 16 | 2023) die Gruppenversicherung als Option für Händler aufgezeigt hat, die eigene versicherungsteuerrechtliche Pflichten vermeiden wollen. Einige Unternehmen haben daher Gruppenversicherungen für ihre Garantiezusagen verwendet und arbeiten dabei mit Verkaufsaufschlägen, um weiterhin die oftmals guten Margen beibehalten zu können. 
 
Ansprechpartner:
 
 
Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
 
Stand: 08.05.2024