Umsatzsteuer Newsletter 18/2021
BMF zu Garantiezusagen: Umsatzsteuer- oder Versicherungsteuerpflicht?
Garantiezusagen sind ein übliches Mittel der Verkaufsförderung. Da sich Garantiezusagen an der Grenze zwischen Umsatzsteuer und Versicherungsteuer bewegen, sind sie auch aus steuerlicher Sicht ein Dauerbrenner. Insbesondere zu den Garantiezusagen im Kfz-Handel sind in den letzten Jahren einige Entscheidungen des BFH ergangen. Zudem hat auch das für Versicherungsteuer zuständige Bundeszentralamt für Steuern die Fälle der Garantiezusagen für sich als Prüfungsfeld entdeckt. Die Verunsicherung war daher während der letzten Jahre sehr groß. Das BMF hat das Thema nun sowohl aus umsatzsteuerlicher als auch aus versicherungsteuerlicher Sicht bewertet.
1 Hintergrund
Garantiezusagen zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus, dass der Verkäufer eine über die gesetzlichen Gewährleistungsrechte hinausgehende Garantieerklärung abgibt und hierfür ein gesondertes Entgelt verlangt. Für die konkrete Ausgestaltung steht dabei eine breite Palette an Möglichkeiten zur Verfügung. So kann die Garantie z.B. in einer Nachbesserung (Reparatur), einer Nacherfüllung (Austausch / Ersatz) oder in einer Erstattung des Kaufpreises / des Zeitwertes bestehen und auch den Ausgleich von Folgeschäden wie z.B. entgangenen Einnahmen umfassen. Teils sichert sich der Garantiegeber dabei über ein Versicherungsunternehmen ab, z.B. durch eine Rückversicherung oder durch eine Versicherung zugunsten des Kunden.
 
Fraglich war nicht nur, ob die Garantiezusagen eine unselbständige Nebenleistung zur Lieferung des Gegenstandes oder eine selbständige Leistung darstellen. Unsicherheit bestand insbesondere auch darüber, ob die Garantiezusagen der Umsatzsteuer oder der Versicherungsteuer unterliegen. Das BMF hat das Thema nun mit Schreiben vom 11.05.2021 aufgegriffen, darin die Garantiezusagen kategorisiert und für die einzelnen Kategorien jeweils zu beiden Steuerarten Stellung genommen. Obwohl das BMF-Schreiben ausdrücklich nur zu Garantiezusagen eines Kfz-Händlers ergangen ist, dürfte es analog auch auf vergleichbare Fälle in anderen Branchen anzuwenden sein. 
 
2 Garantiezusage als selbständige Leistung
Das BMF übernimmt zunächst einmal die inzwischen gefestigte Rechtsprechung des BFH, wonach die entgeltliche Garantiezusage eines Kfz-Händlers keine unselbständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern eine eigenständige Leistung ist.
 
3 Garantiezusage als Versicherungsverhältnis
Zudem bestätigt das BMF, dass die entgeltliche Garantiezusage eines Kfz-Händlers eine Leistung aufgrund eines Versicherungsverhältnisses ist (und demzufolge versicherungsteuerpflichtig, aber nach § 4 Nr. 10 Buchstabe a UStG umsatzsteuerfrei). Ob der Garantiegeber im Garantiefall eine Geldleistung oder eine Reparaturleistung verspricht, soll unerheblich sein. Der Garantiegeber wird damit Steuerentrichtungsschuldner und hat die im Entgelt enthaltene Versicherungsteuer anzumelden und abzuführen. Sichert sich der Garantiegeber bei einem (anderen) Versicherer gegen den Eintritt der Garantieabfälle ab, liegt insoweit eine steuerfreie Rückversicherung i.S.d. § 4 Nr. 1 VersStG vor.
 
4 Ausnahme: Vollwartungsverträge
Eine Ausnahme gilt laut BMF lediglich für Garantiezusagen im Rahmen von Vollwartungsverträgen. Bei solchen Garantiezusagen soll es sich nicht um Versicherungsleistungen, sondern um umsatzsteuerpflichtige Leistungen eigener Art handeln. Der Garantiegeber versichert in diesen Fällen schließlich kein (fremdes) Wagnis des Kunden, sondern trägt sein eigenes unternehmerisches Risiko, das sich aus der Verpflichtung zur Vollwartung ergibt. Deshalb ist in diesen Fällen auch die Absicherung durch einen Versicherer keine steuerfreie Rückversicherung, sondern eine der Versicherungsteuer unterliegende Erstversicherung. 
 
5 Sonderfall: Verschaffung von Versicherungsschutz
Sofern der Verkäufer eine Garantiezusage erteilt, bei der der Kunde entscheiden kann, ob er (i) einen Reparaturanspruch gegenüber dem Verkäufer oder (ii) einen Reparaturkostenersatzanspruch gegenüber einem (anderen) Versicherer geltend macht, wird (i) einerseits ein Versicherungsverhältnis zwischen Verkäufer und Kunde begründet und (ii) andererseits Versicherungsschutz verschafft, wobei der Verkäufer der Versicherungsnehmer und der Kunde die versicherte Person ist. In diesem Fall sind beide Leistungen nach § 4 Nr. 10 Buchstabe a bzw. b UStG umsatzsteuerfrei. Für Zwecke der Versicherungsteuer muss der Verkäufer allerdings unterscheiden: Für den Anteil des vom Kunden zu zahlenden Garantieentgelts, das der Verkäufer behält, ist der Verkäufer Steuerentrichtungsschuldner. Für den Anteil, den der Verkäufer an den (anderen) Versicherer weitergibt, ist dieser Versicherer Steuerentrichtungsschuldner.
 
6 Verkaufsaufschläge
Falls der Verkäufer die Versicherung, die er mit einem (anderen) Versicherer zugunsten des Kunden als versicherter Person abgeschlossen hat, mit Preisaufschlag an den Kunden verrechnet, wird auch für den Preisaufschlag Versicherungsteuer fällig. Steuerentrichtungsschuldner ist aber der (andere) Versicherer. Der Verkäufer ist dann gemäß § 4 Nr. 2 VersStDV verpflichtet, die Höhe des Verkaufsaufschlags, dem (anderen) Versicherer mitzuteilen, außer der Verkäufer als Versicherungsnehmer nimmt die Anmeldung und die Entrichtung der Steuer selbst vor.
 
7 Praktische Aspekte
Die Grundsätze des neuen BMF-Schreibens sind anzuwenden auf Garantiezusagen, die nach dem 30.06.2021 abgegeben werden. Die Unternehmen werden daher zeitnah prüfen müssen, welche Auswirkungen sich auf neue Garantiezusagen ergeben. Für vor dem 01.07.2021 abgegebene Garantiezusagen besteht ein Wahlrecht, die Grundsätze des nunmehr aufgehobenen BMF-Schreibens vom 15.12.2010 weiterhin anzuwenden oder bereits die Grundsätze des neuen BMF-Schreibens. Bei grenzüberschreitenden Garantiezusagen wird zudem zu beachten sein, ob und in welchem Land die Garantiezusage der Versicherungsteuer unterliegt. Es gibt zwar über die EU-Richtlinie 2009/138 gemeinsame Regelungen zur Risikoallokation von Versicherungen, jedoch keine Vollharmonisierung der Versicherungsteuer innerhalb der EU. Und auch für die Umsatzsteuer können unterschiedliche Interpretationen im Ausland zu Abweichungen führen.
 
Ansprechpartner:
 
 
Ronny Langer
Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
 
Stand: 19.05.2021