1 Hintergrund
Fast sechs Jahre, nachdem das EuGH-Urteil Vega International (C-235/18) die Tankkartenbranche in große Unsicherheit gestürzt hat, hat das BMF nun das langersehnte Schreiben „Umsatzsteuerliche Behandlung von Kraftstofflieferungen im Rahmen eines Tankkartensystems“ herausgegeben.
Zwischenzeitlich gab es hierzu im Herbst 2021 einen ersten Entwurf des BMF, der allerdings nie veröffentlicht wurde. Er sollte das BMF-Schreiben vom 15.06.2004 ersetzen, welches zum EuGH-Urteil Auto Lease Holland (C-185/01) ergangen war. Dieser erste Entwurf ließ die Branche allerdings ratlos zurück, wie sie die darin vorgegebenen strengen Voraussetzungen, vor allem zum Übergang der Verfügungsmacht, umsetzen sollte, um weiterhin Tankkartenumsätze als Reihengeschäft ausgestalten zu können.
Zeitgleich beschäftigte sich jedoch bereits auch der Mehrwertsteuer-Ausschuss der EU-Kommission mit Tankkartenumsätzen (KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 42 | 2023). Am 06.09.2023 gab der Ausschuss mit hoher Zustimmungsrate der EU-Mitgliedstaaten Leitlinien zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Tankkarten heraus. Diese sahen Reihengeschäfte vorrangig in Tankkartenmodellen, die in einem Kommissionsgeschäft im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. c) MwStSystRL ausgestaltet waren.
Der nachfolgende zweite Entwurf eines BMF-Schreibens zu Tankkartenumsätzen vom 19.08.2024 hatte mit dem ersten Entwurf nichts mehr gemein und erschien nun ohne Änderung als BMF-Schreiben mit Datum vom 21.01.2025 auf der Website des BMF. Im Kern bestätigt das neue BMF-Schreiben zu Tankkartenumsätzen ausschließlich, dass die Kriterien im früheren BMF-Schreiben vom 15.06.2004 zur Abgrenzung von Reihengeschäften und Finanzdienstleistungen im Kfz-Leasing-Bereich auch auf Umsätze im Tankkartengeschäft anzuwenden sind.
2 BMF-Schreiben vom 21.01.2025 zu Tankkartenumsätzen
Das neue BMF-Schreiben bestätigt nun, dass die in der Branche gelebte Praxis in Deutschland aus Sicht der Finanzverwaltung nach wie vor rechtens ist. Der Kriterienkatalog aus dem BMF-Schreiben vom 15.06.2004, der zu Kfz-Leasing-Sachverhalten ergangen war, ist nun ausdrücklich auf alle Ausgestaltungen von Kraftstofflieferungen in einem Tankkartensystem anzuwenden. Damit besteht zumindest in Deutschland weitgehend Klarheit bezüglich Kraftstofflieferungen unter Anwendung eines Tankkartensystems. Die aus dem BMF-Schreiben von 2004 bekannten Kriterien sind in den Vertragswerken und bei der tatsächlichen Umsetzung zu berücksichtigen, wenn Kraftstofflieferungen als Reihengeschäfte erfolgen sollen. Der Vorsteuerabzug der Kartenaussteller als mittlere Unternehmer kann damit in Deutschland rechtssicher geltend gemacht werden.
Anders als die Leitlinien des MwSt-Ausschusses enthält das BMF-Schreiben keinen Verweis auf das Kommissionsgeschäft im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. c) MwStSystRL als Voraussetzung für das Vorliegen eines Reihengeschäfts. Eine konkrete Aussage zu Konstellationen, in denen mehr als drei Parteien an dem entsprechenden Tankkartengeschäft beteiligt sind, macht das BMF-Schreiben nicht. Mit dem allgemeinen Verweis auf „Tankkartenumsätze“ dürfte aber gut zu argumentieren sein, dass davon auch Geschäftsmodelle mit mehr als drei Beteiligten erfasst werden. Auch das ähnlich gelagerte Geschäftsmodell des Ladens von Elektro-Fahrzeugen wird in dem neuen BMF-Schreiben nicht mit geregelt.
3 Tankkartenumsätze außerhalb Deutschlands
Fakt ist aber, dass die Nutzung der Tankkarten häufig nicht an der deutschen Grenze endet. Die Wirkung des BMF-Schreibens ist naturgemäß beschränkt auf Kraftstofflieferungen, die innerhalb Deutschlands erfolgen. Das BMF-Schreiben entbindet Tankkartenaussteller daher nicht von der Notwendigkeit, sich mit den Einlassungen der Finanzverwaltungen zu diesem Thema in allen Ländern auseinanderzusetzen, in denen ihre Kunden mit der Tankkarte tanken dürfen. Einige Mitgliedstaaten haben hierzu bereits eigene Aussagen getroffen, in anderen steht das noch aus. Viele Mitgliedstaaten verweisen auf die Leitlinien des MwSt-Ausschusses vom 06.09.2023. Diese sehen im Kommissionsgeschäft im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. c) MwStSystRL die sicherste Gestaltung für das Vorliegen eines Reihengeschäfts.
Am 17.10.2024 ist auch das EuGH-Urteil in der Rs. C-60/23 – Digital Charging Solutions GmbH ergangen (KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 41 | 2024), das sich ebenfalls mit den Rs. Auto Lease Holland und Vega International beschäftigt, allerdings bezüglich dem Laden von Elektro-Fahrzeugen. In seinem neuen Urteil kommt auch der EuGH zum Schluss, dass das Kommissionsgeschäft im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. c) MwStSystRL die Ladevorgänge mit einer Ladekarte oder ähnlichem Authentifizierungsmittel am besten abbildet – mit der Rechtsfolge der Fiktion eines Reihengeschäfts.
4 Fazit
Im Ergebnis ist das BMF-Schreiben vom 21.01.2025 zu begrüßen, schafft es doch zumindest innerhalb Deutschlands Rechtssicherheit für die Branche. Es empfiehlt sich, die Verträge und AGB nochmals anhand der Kriterien aus 2004 zu prüfen und gegebenenfalls nachzuschärfen. Wer in der Zeit seit 2023 schon sicherheitshalber im Einklang mit den Leitlinien des MwSt-Ausschusses Umstellungen vorgenommen hat hin zu Kommissionsgeschäften, dürfte innerhalb der EU bereits weiterreichende Rechtssicherheit genießen. Auch hier sollte jedoch für Deutschland sichergestellt sein, dass diese Umstellungen gleichwohl entsprechend den Kriterien des neuen BMF-Schreibens ausgestaltet wurden.
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Stand: 24.01.2025