Grundsätzlich greift die Vermutungsregelung nach Absatz 1, wenn der Unternehmer über mindestens zwei der in Absatz 3 genannten Dokumente verfügt, die einander inhaltlich nicht widersprechen.
Veranlasst der Unternehmer den Transport zum Kunden, kann er den Nachweis durch zwei verschiedene Dokumente zum Versand oder zur Beförderung der Ware führen, z. B. einen unterschriebenen CMR-Frachtbrief oder eine Frachtrechnung. Voraussetzung hierfür ist, dass die beiden Dokumente von zwei unterschiedlichen Dritten ausgestellt wurden, die von Unternehmer und Abnehmer unabhängig sind. Alternativ kann der Unternehmer den Nachweis mit einem dieser Dokumente führen, wenn er zusätzlich über eines der folgenden Dokumente verfügt:
Veranlasst dagegen der Abnehmer den Warentransport (Abholfall), benötigt der Unternehmer zusätzlich eine schriftliche Erklärung des Erwerbers, dass dieser den Transport veranlasst hat. Die Erklärung muss bestimmte Angaben enthalten, wie z. B. Ankunftsdatum und Ankunftsort der Ware, aber auch die Identifikation der Person, die die Ware auf Rechnung des Erwerbers entgegennimmt. Damit hat diese Erklärung große Ähnlichkeit mit der momentan in Deutschland erforderlichen Gelangensbestätigung.
Eine Aussage dazu, wie die Steuerbehörde die Vermutung des Absatzes 1 widerlegen kann, enthält die Norm nicht.
3 Bewertung
Grundsätzlich ist die Schaffung einer unionsweit einheitlichen Regelung zu den Anforderungen an den Belegnachweis positiv zu sehen. Gerade für Unternehmen, die aus mehreren Mitgliedstaaten heraus innergemeinschaftliche Lieferungen ausführen, ist die bisherige Rechtslage sehr unbefriedigend und erfordert hohen Aufwand. So müssen regelmäßig unterschiedliche Nachweisprozesse für die einzelnen Länder eingerichtet und gemäß der nationalen Rechtsprechung und der sich ändernden Auffassung der Finanzverwaltung auf aktuellem Stand gehalten werden. Mit einer unionsweit einheitlichen Regelung könnten dieser Aufwand und die damit verbundenen Unsicherheiten ein Ende finden.
Allerdings ist Stand heute nicht klar, ob die Neuregelung abschließend ist und keinen Raum für zusätzliche nationale Regelungen und Anforderungen lässt. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich zwar, dass die Neuregelung auch vom Gedanken der Vereinheitlichung getragen ist. Aus dem Wortlaut der Norm selbst lässt sich jedoch nicht ableiten, dass es sich um eine abschließende Regelung handelt. Der deutsche Gesetzgeber hat sich bisher nicht dazu positioniert, ob die Regelungen zum Belegnachweis in der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung auch nach dem 01.01.2020 fortgelten werden und in welchem Verhältnis die derzeitigen Regelungen zur Neuregelung stehen. Gegebenenfalls wird hier wieder einmal eine kurzfristige Anpassung der Unternehmensprozesse erforderlich.
Unabhängig von dieser Frage kann man festhalten, dass die Anforderungen für das Führen des Belegnachweises zukünftig weiter steigen werden. Damit wird der administrative Aufwand zur Sicherung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen für Unternehmen weiter zunehmen. Besonders bedauerlich ist, dass die Norm keine konkreten Anforderungen dazu enthält, wie Finanzbehörden die Vermutungsregel widerlegen können. Hierin liegt für Unternehmen ein enormes Risikopotential, für den Gesetzgeber eine vertane Chance, die Verhältnismäßigkeit in diesem Bereich wiederherzustellen.
Ansprechpartner:
Dr. Christian Salder
Rechtsanwalt, Steuerberater
Fachanwalt für Steuerrecht
Tel.: +49 89 217501285
christian.salder@kmlz.de
Stand: 14.01.2019