Zum Ausgleich von Subventionen, die Waren aus einem Drittland billiger machen, kann die EU sog. Ausgleichszölle bei der Einfuhr erheben. So soll eine Schädigung des EU-Marktes durch die Einfuhr künstlich vergünstigter Waren verhindert werden. Die Ausgleichszölle auf E-Autos aus China sind ein aktuelles Beispiel. Die Höhe der Ausgleichszölle ist von der Höhe der Subventionen abhängig. Für die Existenz und Höhe der Subventionen muss die EU Nachweise erbringen. Zwei Beispiele, in denen der EU dies nicht gelungen ist, zeigt die aktuelle Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union (EuG) in der Rechtssache T-122/23 (Ege İhracatçıları Birliği u. a.) auf.
1 Hintergründe
Die Europäische Kommission führte eine Untersuchung hinsichtlich der Einfuhr von Regenbogenforellen mit Ursprung in der Türkei durch. Dabei kam sie zu dem Ergebnis, dass türkische Ausführer Subventionen im Zusammenhang mit der Einfuhr in die EU erhielten. Als Reaktion darauf führte die Europäische Kommission mit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/823 Ausgleichszölle ein, um eine Marktschädigung in der EU zu verhindern.
Die Europäische Kommission wertete mehrere Leistungen der türkischen Regierung an verschiedene Beteiligte als Subventionen. Zu diesen Leistungen gehörten auch die folgenden zwei: Die Klägerin Gümüșdoğa erhielt eine Erstattung für die Teilnahme an einer Messeausstellung in den USA. Die Europäische Kommission deutete die Mittelzuwendung als Subvention und bezog sie in die Berechnung der Höhe der Ausgleichszölle mit ein. Sie begründete dies im Verfahren vor dem EuG damit, dass die Mittel der Klägerin allgemein zur Verfügung gestanden hätten. Die Klägerin hätte versäumt nachzuweisen, dass die Mittel ausschließlich für eine Messeausstellung in den USA verwendet wurden. Damit hätte sie nicht belegt, dass die Gelder nicht den in die EU eingeführten Waren zugutegekommen sind.
Dieselbe Klägerin erhielt im Untersuchungszeitraum ebenfalls finanzielle Mittel zur Minderung der Belastung aus Luftfrachtkosten im Jahr 2020 (Mai bis Juli). In diesem Zeitraum verbrachte die Klägerin keine Ware per Luftfracht in die EU. Auch diese Mittelzuwendung wertete die Europäische Kommission als Subvention. Die Klägerin hätte nicht nachgewiesen, dass sie die Mittel ausschließlich für Ausfuhren in andere Märkte als den der EU verwendet hat. Die Verwendung für Ausfuhren in die EU wäre ihr unproblematisch möglich gewesen, da sie die Zuwendungen als Geldzahlung erhalten hätte.
2 Entscheidung des EuG
Die Klägerin wandte sich gegen die Einbeziehung der oben genannten Zuwendungen in die Berechnung der Subventionshöhe. Sie bemängelte insbesondere, dass die Europäische Kommission Zuwendungen einbezogen habe, die nicht im Zusammenhang mit der Ausfuhr von Waren in die EU standen. Dies sei aber nach Art. 1 Abs. 1 der VO (EU) 2016/1037 erforderlich. Die Beweispflicht hierfür liege ausschließlich bei der Europäischen Kommission.
Das EuG gab der Klägerin in den beiden dargestellten Punkten recht. Die Europäische Kommission habe die Zuwendungen zu Unrecht als Subventionen betrachtet. Insbesondere bemängelte das EuG, dass die Europäische Kommission einen konkreten Zusammenhang zwischen den Zuwendungen des türkischen Staates und der Ausfuhr von Waren in die EU angenommen hatte. Im Hinblick auf die Zuwendung für die Teilnahme an einer Messeausstellung in den USA liege ein Zusammenhang zur Ausfuhr von Waren in die EU nicht vor. Dasselbe gelte im Fall der Zuwendungen für die Belastung aus Luftfrachttransporten. Es sei unstreitig, dass im betreffenden Zeitraum keine Ausfuhren in die EU per Luftfracht erfolgt sind. Die Behauptung der Europäischen Kommission, die Mittel hätten in Zusammenhang mit der Ausfuhr von Waren in die EU verwendet werden können, stelle jedoch keinen Beweis dar.
Da die Europäische Kommission die Beweislast trage, habe es keine Auswirkungen, dass die Klägerin keine weiteren Nachweise über die Verwendung der Zuwendungen erbracht habe. Die Wirtschaftsbeteiligten seien nicht dafür verantwortlich, Behauptungen oder ungewisse Vermutungen der Europäischen Kommission zu entkräften.
3 Bedeutung für die Praxis
Mit der Entscheidung schiebt das EuG einer grenzenlosen Einbeziehung aller Zuwendungen im Untersuchungszeitraum in die Subventionsberechnung den Riegel vor. Es stellt in begrüßenswerter Deutlichkeit klar, dass der Europäischen Kommission die Beweispflicht im Rahmen ihrer Untersuchung obliegt. Nur die Zuwendungen, die auch nachweislich im Zusammenhang mit den in Art. 1 Abs. 1 der VO (EU) 2016/1037 bezeichneten Fällen stehen, können als Subventionen im Sinne der Antisubventionsverordnung gesehen werden.
Die Entscheidung des EuG kann Auswirkungen auf bestehende Antisubventionsmaßnahmen sowie auf laufende und künftige Antisubventionsuntersuchungen haben. Die Festsetzung von Ausgleichszöllen auf Waren bei der Einfuhr sollte auch im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Durchführungsverordnung kritisch überprüft werden.
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Stand: 04.07.2025