Die Europäische Kommission hat ein Antidumpingverfahren betreffend die Einfuhren von 1,4-Butandiol mit Ursprung in den USA, China und Saudi-Arabien eingeleitet (Amtsblatt der Europäischen Union v. 06.06.2025, C/2025/3135). Antidumpingzölle der EU auf Waren aus den USA werden verhältnismäßig selten verhängt. US-Hersteller haben genauso wie EU-Hersteller und Einführer die Möglichkeit, im Verfahren Stellung zu nehmen. Betroffene US-Hersteller können auf einen individuellen Antidumpingzollsatz hinwirken, der ggf. unter dem allgemeinen Antidumpingzollsatz liegt. Auch die individuelle Ausnahme von Antidumpingzöllen ist möglich.
1 Hintergründe
Antidumpingzölle sind ein wichtiges Instrument der Europäischen Union, um den Unionsmarkt vor Schädigungen zu schützen. Sie zielen auf die Einfuhr von gedumpten Waren aus dem Nicht-EU-Ausland ab. Die Einfuhr wird mit Antidumpingzöllen belegt, um die Wettbewerbsfähigkeit der im Unionsmarkt hergestellten Waren zu garantieren. Die Dumpingspanne wird anhand eines Vergleichs der Preise im Nicht-EU-Ausland mit den Preisen bei der Ausfuhr in die Union berechnet. In den meisten Fällen richten sich Antidumpingmaßnahmen der Union gegen die Einfuhr von Waren chinesischen Ursprungs. Häufig betreffen sie auch die Einfuhr von Waren mit Ursprung in Südostasien (bspw. Indien, Indonesien oder Malaysia). Antidumpingmaßnahmen für Waren aus den USA sind hingegen selten.
2 Einleitung des Antidumpingverfahrens
Das Verfahren wurde auf Antrag des Wirtschaftszweiges für 1,4-Butandiol der Union eingeleitet. Berechtigt, den Wirtschaftszweig der Union zu vertreten, sind Hersteller, die einen erheblichen Teil zur gesamten Unionsproduktion beitragen. Der Vertreter des Wirtschaftszweiges hat Nachweise für das Vorliegen von Dumping eingereicht, die die Europäische Kommission für ausreichend erachtet hat, um ein Verfahren einzuleiten. Der konkrete Vorwurf hinsichtlich der Einfuhr von Waren mit Ursprung in den USA lautet, dass der Ex-Works-Preis der Ware für die Ausfuhr in die EU unter dem Marktpreis in den USA liegt. Eine Aussage über das Vorliegen von Dumping ist damit allerdings noch nicht getroffen. Diese Feststellungen bleiben dem anstehenden Verfahren vorbehalten.
Die betroffene Ware wird derzeit in die KN-Codes 2905 39 26 und 2905 39 28 und in der Regel unter der CAS-Nummer 110-63-4 und der EG-Nummer 203-786-5 eingereiht. 1,4-Butandiol ist ein Zwischenprodukt in der chemischen Industrie und wird als Ausgangsmaterial u.a. für Kunststoff verwendet.
3 Ablauf des Antidumpingverfahrens
Die Europäische Kommission wird Einfuhren aus den drei betroffenen Ländern im Zeitraum vom 01.01.2024 bis zum 31.12.2024 untersuchen. Hinsichtlich der Waren mit Ursprung in China oder Saudi-Arabien lassen sich die Inlandspreise aufgrund erheblicher Marktverzerrungen bzw. mangels zuverlässiger Daten nicht ohne Weiteres zugrunde legen. Stattdessen werden Normalwerte der Ware rechnerisch ermittelt. Letztlich wird die Europäische Kommission die Entwicklung des Unionsmarktes seit dem 01.01.2021 betrachten, um zu klären, ob in diesem Zeitraum eine Schädigung des Unionsmarktes stattgefunden hat.
Während des Verfahrens können vorläufige Antidumpingzölle eingeführt werden. Weiter beabsichtigt die Europäische Kommission, die zollamtliche Erfassung der Einfuhren anzuordnen. Für Einfuhren von Waren, die zollamtlich erfasst wurden, können auch nachträglich noch Antidumpingzöllen festgesetzt werden. Die zollamtliche Erfassung obliegt den Mitgliedstaaten der Union.
4 Möglichkeiten zur Einwirkung auf das Antidumpingverfahren
Interessierte Parteien haben im Laufe des Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme. Interessierte Parteien können bspw. US-Hersteller, EU-Hersteller oder Einführer sein. Die Motivationslage zur Abgabe einer Stellungnahme kann je nach Partei unterschiedlich sein. Da der Wirtschaftszweig der Union den Antrag auf Einleitung des Verfahrens gestellt hat, besteht hier naturgemäß ein Interesse an der Einführung von Antidumpingzöllen. Dies muss indes nicht flächendeckend für alle Unionshersteller gelten. Interessierte Parteien können auch Bezieher der betroffenen Ware in der EU sein. Diese müssen mit deutlich höheren Preisen rechnen, sofern es zur Einführung von Antidumpingzöllen kommt.
Ein maßgebliches Interesse, am Verfahren teilzunehmen, besteht außerdem aufseiten der US-Hersteller. Sie haben die Möglichkeit, im Laufe des Verfahrens auf die Feststellung einer individuellen Dumpingspanne hinzuwirken. Diese kann unter Umständen deutlich unter der allgemeinen Dumpingspanne liegen. Wenn die Höhe der Antidumpingzölle bestimmt wird, ist die Dumpingspanne ein wesentliches Kriterium. Eine Beteiligung am Verfahren kann also zu einem Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen US-Herstellern führen.
Nach Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 06.06.2025 haben interessierte Parteien 37 Tage Zeit zur Stellungnahme. US-Hersteller können den Nachweis erbringen, dass keine Differenz der Inlandspreise zu den Preisen bei der Ausfuhr in die Union vorliegt.
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Stand: 17.06.2025