In ihrer Rede zur Lage der Union im September 2023 kündigte die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Maßnahmen gegen künstlich verbilligte E-Autos aus China an, die den EU-Markt zu überschwemmen drohten. Im Oktober 2023 leitete die EU-Kommission ein Antisubventionsverfahren ein.
Die Kommission gab nun am 12.06.2024 bekannt, vorläufige Ausgleichszölle auf Einfuhren von E-Autos aus China erheben zu wollen. Ursprünglich standen Ausgleichszölle von bis zu 30 % im Raum. Der Regelsatz beträgt nun zunächst sogar 38,1 %. Unternehmensspezifisch gelten teilweise niedrigere Zollsätze, mindestens aber sind es 17,4 %. Damit bleiben die Ausgleichszölle zwar noch deutlich hinter den in den USA angehobenen Zöllen für E-Autos aus China zurück. Dort betragen die Zölle 100 %. Europäische und deutsche Hersteller sprechen sich dennoch gegen Ausgleichszölle aus. Sie befürchten Gegenmaßnahmen und in deren Folge Nachteile auf dem chinesischen Absatzmarkt. Hiervon würden auch Arbeitsplätze in Deutschland abhängen. Auch die deutsche Bundesregierung gab bekannt, kein Interesse an Handelskonflikten zu haben. Stattdessen hofft sie auf eine einvernehmliche Lösung.
1 Verdacht auf Subventionen
Dem Antisubventionsverfahren liegt der Verdacht zugrunde, dass E-Autos in China unter Begünstigung durch Subventionen produziert werden und beim anschließenden Export in die Union den Unionsmarkt schädigen. Konkret steht die chinesische Regierung im Verdacht, Subventionen in folgenden Formen zu gewähren:
- Direkter Transfer von Geldern oder Verbindlichkeiten (Zuschüsse, Kredite oder Kreditbürgschaften);
- Verzicht auf Einnahmen oder Nichterhebung von Abgaben (Steueranreize und Steuergutschriften) und
- Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen zu einem geringeren als dem angemessenen Entgelt.
Die o. g. Subventionen führen dazu, dass chinesische Unternehmen E-Autos vergünstigt produzieren und in die EU ausführen können. E-Autos von EU-Produzenten sind dagegen aufgrund der höheren Produktionskosten nicht konkurrenzfähig. Dadurch befürchtet die EU eine Schädigung des EU-Marktes. Diese Schädigung soll mit den Ausgleichszöllen „ausgeglichen“ werden.
2 Anfechtbare Subventionen
Nicht alle Subventionen sind grundsätzlich unzulässig. Damit Subventionen sich anfechten lassen, also EU-seitig mit Ausgleichszöllen belegt werden können, muss es sich um spezifische Subventionen im Sinne der Antisubventionsverordnung VO (EU) 2016/1037 handeln. Das ist der Fall, wenn die Subvention spezifisch für ein Unternehmen oder einen Wirtschaftszweig oder eine Gruppe von Unternehmen oder Wirtschaftszweigen gilt. Indizien dafür sind das Begrenzen der Subvention durch die gewährende Behörde oder die tatsächliche Inanspruchnahme lediglich durch spezifische Unternehmen oder Wirtschaftszweige im untersuchten Land.
Ob und in welcher Höhe den chinesischen Herstellern von E-Autos anfechtbare Subventionen gewährt werden und diese deshalb mit Zöllen auszugleichen sind, überprüft die Kommission derzeit. Die Anordnung der vorläufigen Ausgleichszölle entspricht dem bisherigen Ergebnis ihrer Untersuchung. Die Höhe der endgültigen Ausgleichszölle kann noch nach oben oder unten angepasst werden.
3 Zollamtliche Erfassung
Bereits am 05.03.2024 ordnete die Kommission die zollamtliche Erfassung der Einfuhren von E-Autos aus China an. Die zollamtliche Erfassung bewirkt, dass nationale Zollbehörden die Einfuhren der E-Autos aus China registrieren. Das wiederum ermöglicht die rückwirkende Erhebung von Ausgleichszöllen auf die Einfuhren, die vor der offiziellen Einführung der Ausgleichzölle stattgefunden haben.
4 Weiteres Verfahren
Das weitere Verfahren zu verfolgen, lohnt sich vor allem für Wirtschaftsbeteiligte,
- die E-Autos aus China in das Zollgebiet der Union einführen oder aus China eingeführte E-Autos innerhalb des Zollgebietes der Union beziehen,
- die E-Autos im Zollgebiet der Union produzieren und vertreiben
- und für chinesische Hersteller von E-Autos, die Ausfuhren in das Zollgebiet der Union planen.
Wirtschaftsbeteiligte, die bisher bereits als interessierte Parteien Teil des Verfahrens waren, können erneut Stellung nehmen. Der Abschluss der Antisubventionsuntersuchung ist für Herbst 2024 zu erwarten. Die Antisubventionsuntersuchung schließt mit der Einführung endgültiger Ausgleichszölle. Bleiben die vorläufigen Ausgleichszölle hinter den endgültig verordneten zurück, werden Ausgleichszölle in entsprechender Höhe nacherhoben. Umgekehrt können Wirtschaftsbeteiligte bei Zahlungen von vorläufigen Ausgleichszöllen, die die endgültig verordneten übersteigen, die Differenz zurückfordern.
Ansprechpartner:
Dr. Christian Salder
Rechtsanwalt, Steuerberater,
Fachanwalt für Steuerrecht
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Stand: 18.06.2024