Umsatzsteuer Newsletter 52/2024
JStG 2024: Änderungen für Münzhändler, Kunsthändler und Galeristen
Münzhändler, Kunsthändler und Galeristen dürften nach den umsatzsteuerlichen Gesetzesänderungen durch das Jahressteuergesetz 2024 ein lachendes und ein weinendes Auge haben. Ab dem 01.01.2025 unterfallen die Lieferung, der innergemeinschaftliche Erwerb und die Einfuhr von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken dem ermäßigten Steuersatz. Die Differenzbesteuerung kann jedoch ab diesem Zeitpunkt auf Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten nicht mehr angewendet werden, wenn der Eingangsumsatz des Wiederverkäufers einem ermäßigten Steuersatz unterlegen hat. Händlern und Galeristen ist zu raten, ihre aktuellen Lieferketten umsatzsteuerrechtlich erneut zu würdigen, ggf. umzustrukturieren und zu optimieren.
1 Hintergrund
Münzhändler sowie Kunsthändler, Antiquitätenhändler und Galeristen müssen sich zum 01.01.2025 auf weitreichende umsatzsteuerrechtliche Änderungen einstellen. Einerseits sieht das Jahressteuergesetz 2024 Änderungen im Rahmen der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG vor. Andererseits hat sich der Gesetzgeber dem Druck der Branche gebeugt und für Kunstgegenstände und Sammlungsstücke den ermäßigten Umsatzsteuersatz gem. § 12 Abs. 2 UStG (wieder) eingeführt. Damit setzt der Gesetzgeber Unionsrecht in nationales Recht um.
 
2 Änderungen im Rahmen der Differenzbesteuerung 
Im Rahmen der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG treten mit Wirkung zum 01.01.2025 im Wesentlichen drei gesetzliche Änderungen in Kraft. Jedoch wird im Ergebnis nur eine von ihnen tatsächlich Praxisauswirkung haben:
  • Die erste Änderung betrifft § 25a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG und ist nur redaktioneller Natur, ohne inhaltliche Auswirkungen. Hiernach kann die Differenzbesteuerung angewendet werden, wenn der Leistende für seine Lieferung an den Wiederverkäufer die Umsatzsteuer nicht schuldet oder die Umsatzsteuer aufgrund seiner Kleinunternehmereigenschaft gem. § 19 UStG nicht erhoben wird. Zukünftig sind die Umsätze des Kleinunternehmers umsatzsteuerfrei (vgl. KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 51 | 2024). Für § 25a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG bedeutet dies, dass der Kleinunternehmer aufgrund der Steuerbefreiung keine Umsatzsteuer mehr schuldet. In der Konsequenz streicht der Gesetzgeber die Formulierung, dass die Umsatzsteuer gem. § 19 UStG nicht mehr erhoben wird. 
  • Die zweite und in der Praxis sehr relevante Änderung betrifft den Ausschluss der Differenzbesteuerung. Zukünftig soll die Differenzbesteuerung gem. § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. c UStG n. F. auch ausgeschlossen sein „in den Fällen des Absatzes 2, wenn auf den der Lieferung des Wiederverkäufers vorangehenden Umsatz ein ermäßigter Steuersatz angewandt worden ist“. In der Praxis handelt es sich hierbei um Fälle, in denen der Wiederverkäufer die Gegenstände aus dem Drittland selbst eingeführt hat und auf die Einfuhr den ermäßigten Steuersatz anwendet. Damit tritt neben das Erfordernis des zweistufigen Bewertungsverfahrens für selbst eingeführte Münzen (1. Stufe: Vorliegen eines Sammlungsstücks, 2. Stufe: Überschreiten der 250%-Grenze) nunmehr auch der Ausschluss der Differenzbesteuerung beim Direkterwerb aus dem Drittland. Münzhändler sind in Drittlandsfällen daher nun doppelt gestraft. Diese Gesetzesänderung gilt dem Wortlaut nach indes nicht für Fälle des § 25a Abs. 1 UStG, also nicht z.B. für von Privatpersonen im Inland oder von Händlern aus anderen EU-Mitgliedstaaten angekaufte Gegenstände wie Münzen oder Kunstgegenstände. In Inlands- und EU-Fällen bleibt demnach alles beim Alten und die Differenzbesteuerung kann weiterhin angewendet werden.
  • Die dritte Änderung betrifft die Streichung der Zolltarifnummer 7118 in Nummer 54 Buchst. c Doppelbuchst. cc der Anlage 2 des Umsatzsteuergesetzes. Insoweit handelt es sich – auch ausweislich der Gesetzesbegründung zum JStG 2024 – um eine redaktionelle Änderung, sodass daraus keine grundsätzlichen Änderungen der Differenzbesteuerung resultieren. Nummer 54 der Anlage 2 zum UStG beschreibt sowohl Gegenstände, die der Differenzbesteuerung gem. § 25a Abs. 2 Nr. 1 UStG unterfallen können (Direkteinfuhr), als auch eingeführte Gegenstände, die dem ermäßigten Umsatzsteuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 12 UStG i.d.F. bis 31.12.2024 unterliegen. Zu den Gegenständen gehören gem. Nummer 54 Buchst. c der Anlage 2 Sammlungsstücke von münzkundlichem Wert. Für die praktische Anwendung greift der Gesetzgeber jedoch nicht auf die Erläuterung zum Zolltarif zurück, sondert definiert den Begriff in den Doppelbuchstaben selbst.
3 Ermäßigter Steuersatz für Kunstgegenstände und Sammlungsstücke 
Nach der Neuregelung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG unterliegen die Lieferung, der innergemeinschaftliche Erwerb und die Einfuhr von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Der Gesetzgeber hatte vor 2013 schon einmal den ermäßigten Steuersatz für Kunstgegenstände und Sammlungsstücke eingeführt, ihn jedoch zum 01.01.2014 wieder abgeschafft. Nunmehr reagiert der Gesetzgeber auf die Einschränkung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG und führt den ermäßigten Steuersatz auf Umsätze mit Kunstgegenständen und Sammlungsstücken erneut ein. Im Gegensatz zur früheren Regelung bis zum 31.12.2013 gilt der ermäßigte Steuersatz jedoch nicht für die Vermietung von Kunstgegenständen und Sammlungsstücken.
 
4 Auswirkungen auf die Praxis
Die Gesetzesänderungen haben beträchtliche Auswirkungen auf die Lieferketten von Münzhändlern, Kunsthändlern, Antiquitätenhändlern sowie Galerien. Die Händler sollten ihre Lieferketten umsatzsteuerrechtlich neu würdigen und auf die Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung überprüfen (lassen). Oftmals wird eine Umstrukturierung der Lieferketten sinnvoll sein, um das Geschäft mit Kunstgegenständen, Antiquitäten und Münzen zu optimieren. Dabei muss unterschieden werden, ob es sich um aus dem Drittland selbst eingeführte Gegenstände oder um aus der EU oder im Inland angekaufte Ware handelt. Der Ausschluss der Differenzbesteuerung für zum ermäßigten Steuersatz eingeführte Münzen und Kunstgegenstände ist für den Münz- und Kunsthandel mit Aufwand und einer Umstellung der Geschäftsmodelle verbunden. Ein kleiner Trost besteht darin, dass der Gesetzgeber folgerichtig jetzt auch den Steuersatz für die Lieferung der Gegenstände, die nun von der Differenzbesteuerung ausgeschlossenen sind, reduziert hat. Somit besteht nun keine Ungleichbehandlung mehr zwischen Galeristen und Händlern einerseits, für die bisher im Wesentlichen der reguläre Steuersatz galt, und den Künstlern selbst, bei denen bereits zuvor der ermäßigte Steuersatz angewandt wurde.
 
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Stand: 29.11.2024