Umsatzsteuer Newsletter 46/2024
VAT in the Digital Age (Teil 3): Elektronische Rechnungen und digitale Meldepflichten
Nach Zustimmung des ECOFIN-Rats zum ViDA-Paket möchten wir Sie in diesem Newsletter über die E-Rechnungspflichten und digitalen transaktionalen Meldepflichten, welche auf die Unternehmen zukommen, informieren. In einem ersten Schritt werden die Weichen für nationale E-Rechnungspflichten gestellt. Später folgt die Einführung von E-Rechnungs- und Meldepflichten auf EU-Ebene. Zentrale Punkte sind dann eine einheitliche Definition für E-Rechnungen und zeitnahe Meldepflichten sowohl für grenzüberschreitende als auch für nationale Umsätze.
1 Hintergrund
Die Änderungen der MwStSystRL hin zur E-Rechnungspflicht und die Einführung digitaler transaktionaler Meldepflichten (DMP) waren nach Veröffentlichung des Kompromissvorschlags vom 08.05.2024 zuletzt nicht mehr Streitpunkt der Diskussionen im ECOFIN. Nach Verabschiedung des finalen ViDA-Pakets steht nun fest, was genau auf die Unternehmer zukommen wird. Gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag vom 08.12.2022 (siehe KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 54 | 2022) gibt es mehrere Änderungen. Die Unternehmen hatten die ursprünglich formulierten Regelungen z. T. als zu bürokratisch und die Einführungsspanne als zu knapp bemängelt. Diese Kritikpunkte wurden berücksichtigt. Auch bestehen für die Mitgliedstaaten mehr Wahlrechte in der Umsetzung v. a. nationaler E-Rechnungs- und Meldepflichten.
 
2 E-Rechnungspflichten für nationale Umsätze ab sofort möglich
Bereits ab dem Zeitpunkt, zu dem die Richtlinien-Änderung in Kraft tritt, wird den Mitgliedstaaten erlaubt, eine E-Rechnungspflicht für nationale Umsätze einzuführen, Art. 218 Abs. 2 MwStSystRL-neu. Die E-Rechnungspflicht ist nur für im jeweiligen Land steuerbare Umsätze zwischen ansässigen Steuerpflichtigen möglich. Die Mitgliedstaaten können in diesen Fällen die Zustimmungspflicht des Empfängers zur Entgegennahme einer E-Rechnung streichen, Art. 232 Abs. 2 MwStSystRL-neu. Nach Inkrafttreten der Richtlinien-Änderung ist bei Einführung einer nationalen E Rechnungspflicht keine Ausnahmegenehmigung des EU-Rates mehr erforderlich, da keine Abweichung von den Art. 218 und 232 der MwStSystRL mehr erfolgt.
 
Umsätze, die derzeit in der Zusammenfassenden Meldung anzugeben sind, dürfen aber zunächst noch keiner E-Rechnungspflicht unterliegen. Auch die Definition einer E-Rechnung wird nicht sofort geändert.
 
3 Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung nach neuer Definition
Ab Juli 2030 normiert die MwStSystRL eine elektronische Rechnung als „Standardrechnung“, Art. 217 MwStSystRL-neu. Eine E-Rechnung ist dann eine in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellte, übermittelte und empfangene Rechnung, die eine automatisierte Verarbeitung ermöglicht. Weiterhin muss die E-Rechnung der EU-Norm für die elektronische Rechnungstellung und der Liste ihrer Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU entsprechen, Art. 218 Abs. 3 MwStSystRL-neu. Ab diesem Zeitpunkt besteht dann auch keine Zustimmungspflicht des Rechnungsempfängers zum Erhalt einer E-Rechnung (nach neuer Definition) mehr, Art. 232 MwStSystRL-neu. Für nicht den DMP unterliegende Umsätze (siehe unten Punkt 4) können die Mitgliedstaaten aber eine Zustimmungspflicht vorsehen. Zu beachten ist außerdem, dass die MwStSystRL generell nur Regelungen für Rechnungspflichten im B2B-Bereich vorgibt.
 
Daneben sind die folgenden weiteren Bestimmungen und Ausnahmen zu berücksichtigen (Art. 218 MwStSystRL-neu):
  • Mitgliedstaaten können für Umsätze, die nicht den DMP unterliegen, auch Papierrechnungen und Rechnungen anderer Formate zulassen.
  • Die E-Rechnung darf auch durch einen Dritten ([IT-]Dienstleister) ausgestellt (und übermittelt) werden.
  • Die Mitgliedstaaten können ebenso die Nutzung eines öffentlichen Portals erlauben, sofern ein solches verfügbar ist.
Rechnungen, die den DMP unterliegen, müssen innerhalb von 10 Tagen nach Leistungserbringung ausgestellt werden, Art. 222 Abs. 1 MwStSystRL-neu. Sammelrechnungen sind auch weiterhin zulässig. Sie dürfen jedoch nur Leistungen für maximal einen Kalendermonat umfassen und müssen innerhalb von 10 Tagen nach dem Ende des Kalendermonats ausgestellt werden, Art. 223 MwStSystRL-neu. 
 
Für Umsätze, die nationalen DMP unterliegen, können die Mitgliedstaaten die Vorsteuerabzugsberechtigung nach Art. 168 MwStSystRL-neu an die Bedingung knüpfen, dass eine E-Rechnung nach neuem Format vorliegt.
 
4 Digitale Meldepflichten (DMP)
Ein transaktionales, zeitnahes und digitales Reporting fast aller Rechnungs(pflicht)angaben ersetzt die Zusammenfassende Meldung, Art. 262 Abs. 1, Art. 264 MwStSystRL-neu. Gemeldet werden müssen die Daten ab Juli 2030 für folgende Umsätze:
  • innergemeinschaftliche Lieferungen und innergemeinschaftliches Verbringen, steuerfrei nach Art. 138 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. c) MwStSystRL, und innergemeinschaftliche Erwerbe nach Art. 20 bis 22 MwStSystRL;
  • ausgangsseitige Umsätze mit Steuerschuldübergang nach Art. 194 bis 197 MwStSystRL;
  • eingangsseitige Umsätze mit Steuerschuldübergang nach Art. 194 bis 197 oder 204 MwStSystRL.
Der Leistende muss die Daten an dem Tag melden, an dem die Rechnung ausgestellt wird oder hätte ausgestellt werden müssen. Der Leistungsempfänger muss die Daten innerhalb von 5 Tagen nach dem Zeitpunkt melden, zu dem die Rechnung ausgestellt wurde oder hätte ausgestellt werden müssen, Art. 263 MwStSystRL-neu. Die Mitgliedstaaten müssen für eingangsseitige Umsätze jedoch nicht zwingend eine Meldepflicht festlegen.
 
Nach den oben genannten Rahmenbedingungen dürfen Mitgliedstaaten auch nationale Meldepflichten einführen, Art. 271a und 271b MwStSystRL-neu. Bereits zum 01.01.2024 bestehende bzw. genehmigte digitale Meldesysteme für nationale Umsätze müssen bis Januar 2035 konform mit den neuen Regelungen sein.
 
 
Ansprechpartnerin:
 
 
Steuerberaterin, Master of Science (M.Sc.)
(Wirtschaftswissenschaften)
Telefon: +49 89 217501278
 
Stand: 08.11.2024