Umsatzsteuer Newsletter 41/2019
Steuerpflicht für den Betrieb von Geldautomaten
Nicht nur Banken lagern einzelne ihrer Aufgaben auf externe Dienstleister aus. Aufgrund der (zumindest teilweisen) Umsatzsteuerfreiheit ihrer Ausgangsumsätze ist es für eine Bank aber besonders wichtig, dass der Dienstleister seine Leistung an die Bank umsatzsteuerfrei erbringt. Über einen derartigen Fall des Outsourcing hat der EuGH in der Rechtssache Cardpoint (C-42/18) entschieden. Dabei ging der EuGH allerdings von der Umsatzsteuerpflicht der ausgelagerten Leistung (Betrieb von Geldautomaten) aus. Durch die stark einzelfallbezogene Argumentation des EuGH lassen sich daraus für andere Dienstleistungen an Banken kaum Rückschlüsse ziehen.
1 Hintergrund
In dem EuGH-Verfahren Cardpoint ging es um die Frage, ob von einer Bank auf einen Dienstleister ausgelagerte Tätigkeiten (Betrieb von Geldautomaten) als „Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr“ umsatzsteuerfrei sind. Der BFH wollte vom EuGH wissen, ob und wie eine Abgrenzung vom EuGH-Urteil Bookit vorzunehmen ist (vgl. KMLZ-Newsletter 07/2018). Der EuGH hatte im Verfahren Bookit entschieden, dass die Abwicklung von Kartenzahlungen beim Erwerb einer Kinokarte keinen steuerfreien Umsatz im Zahlungs- und Überweisungsverkehr darstellt. 
 
2 Sachverhalt
Die Klägerin (Cardpoint) stellt im Auftrag einer Bank voll funktionsfähige Geldautomaten auf und wartet diese. Weiterhin transportiert Cardpoint von der Bank zur Verfügung gestelltes Bargeld zu den Automaten und befüllt diese damit. Wenn ein Kunde Geld abheben möchte, fragt Cardpoint über mehrere Stationen bei der kartenausgebenden Bank die Autorisierung ab. Mit der nachfolgenden Auszahlung erzeugt Cardpoint einen Datensatz über die Geldausgabe, welchen sie an die sie beauftragende Bank übersendet. Diese spielt den Datensatz in das System der Deutschen Bundesbank zur Abwicklung des Vorgangs zwischen den beteiligten Banken ein. Zusätzlich übersendet Cardpoint einen unveränderbaren Datenträger mit allen Transaktionen eines Tages an die Deutsche Bundesbank.
 
 
3 Entscheidung des EuGH
Der Betrieb der Geldautomaten durch Cardpoint ist laut EuGH nicht umsatzsteuerfrei. Ein steuerfreier Umsatz im Zahlungsverkehr liegt nur dann vor, wenn die Leistung ein eigenständiges Ganzes bildet. Dieses Ganze muss spezifische und wesentliche Funktionen einer Überweisung erfüllen. Die Leistung muss dazu eine rechtliche und finanzielle Änderung bewirken, wie sie die Übertragung einer Geldsumme darstellt. Der Unternehmer muss durch den betreffenden Umsatz tatsächlich oder potenziell das Eigentum an den in Rede stehenden Geldern übertragen oder die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer solchen Übertragung erfüllen. 
 
Cardpoint belastet die Bankkonten nicht und genehmigt die Transaktionen nicht. Es fehlt Cardpoint insoweit die Entscheidungsbefugnis. Die physische Auszahlung des Bargelds genügt ebenfalls nicht, da die Bank und nicht Cardpoint das Eigentum daran auf den Nutzer überträgt. Der von Cardpoint an die Bundesbank übermittelte Datensatz mit den Transaktionen des Tages dient nur der Information und bewirkt daher keine Geldübertragung. Schließlich lässt sich die Bemessungsgrundlage des Umsatzes von Cardpoint einfach berechnen, sodass der EuGH sein Ergebnis vom Zweck der Steuerbefreiung her bestätigt sieht.
 
4 Praxisfolgen
Einer Bank, die einen Dienstleister beauftragt, steht im Regelfall zumindest nicht der volle Vorsteuerabzug zu. Daher ist es für sie wichtig, dass die ausgelagerte Dienstleistung nicht mit Umsatzsteuer belastet ist. Im vorliegenden Einzelfall geht dieser Wunsch nicht in Erfüllung. Grundsätzlich ist eine derartige Steuerbefreiung bei von Banken ausgelagerten Tätigkeiten aber weiterhin denkbar. Der EuGH hat nach der Nennung der bereits bekannten allgemeinen Grundsätze für die Steuerbefreiung lediglich den konkreten Einzelfall entschieden. Er ist konkret auf die vom BFH genannten Sachverhaltsmerkmale eingegangen. Auf andere Dienstleistungen lässt sich daraus kaum eine Schlussfolgerung ziehen.
 
Bestätigt hat der EuGH nochmals, dass die zwingende Notwendigkeit der Dienstleistung im Rahmen der Übertragung eines Geldbetrags für die Steuerbefreiung allein nicht genügt. Möglicherweise kann dieses Kriterium aber trotzdem bei unklaren Fällen den Ausschlag geben.
 
Die Entscheidung des EuGH liefert keine neuen konkreten Hinweise darauf, wie andere typische ausgelagerte Tätigkeiten zu beurteilen sind. So wird es bei Leistungen eines Rechenzentrums oder Call-Centers immer darauf ankommen, wie die Beziehungen zwischen den Parteien im Einzelfall ausgestaltet sind. Dem Dienstleister sollte im Sinne der Steuerbefreiung eine gewisse Verantwortung und / oder Entscheidungsbefugnis übertragen werden. So hat der EuGH betont, dass Cardpoint selbst keine Genehmigung der Transaktionen erteilt hat.
 
Ansprechpartner:
 

Dr. Michael Rust
Rechtsanwalt
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Stand: 08.10.2019