Umsatzsteuer Newsletter 17/2021
Kapitalanlagegesellschaften: Kein Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen für Rechnung der Anleger
Der BFH hat entschieden, dass eine Kapitalanlagegesellschaft (KAG) im Jahr 2006 aus bestimmten Eingangsleistungen, welche sie für ihre Tätigkeit als Verwalterin eines Immobilien-Sondervermögens bezogen hat, keinen Vorsteuerabzug geltend machen konnte. Konkret geht es um Eingangsleistungen, deren Kosten die KAG dem Sondervermögen ohne Gewinnaufschlag belastete. Es ist anzunehmen, dass die Finanzverwaltung aufgrund dieses Urteils einer Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) in ähnlichen Konstellationen auch aktuell keinen Vorsteuerabzug zubilligen wird.
1 Sachverhalt
Die Klägerin (Kl.) ist eine Kapitalanlagegesellschaft (KAG) im Sinne des (2006 geltenden) Investmentgesetzes (InvG) und verwaltete als solche von ihr aufgelegte Immobilien-Sondervermögen. Die Kl. sammelte dazu Geld von Anlegern ein, kaufte hiervon Immobilien und vermietete diese Immobilien teilweise steuerfrei und teilweise steuerpflichtig. Die Immobilien standen im Eigentum der Kl., waren aber jeweils Teil eines von ihr gebildeten Immobilien-Sondervermögens. Die Kl. erwarb und verwaltete dadurch die Immobilien für Rechnung der Anleger. Für ihre gegenüber den Anlegern erbrachte Verwaltungstätigkeit erhielt die Kl. ein umsatzsteuerfreies Entgelt, welches sie dem Sondervermögen belastete. 
 
Für das Sondervermögen bezog die Kl. jeweils umsatzsteuerpflichtig Verwaltungsleistungen von Subunternehmern sowie die Depotverwaltung durch ein als Depotbank bestelltes Kreditinstitut. Die Kl. belastete die Aufwendungen hierfür ohne Umsatzsteuerausweis dem Sondervermögen weiter. Sie machte aber aufgrund der teilweise steuerpflichtigen Vermietung einen anteiligen Vorsteuerabzug aus diesen Aufwendungen geltend. Dem widersprach das Finanzamt.
 
 
2 Entscheidung des BFH
Ebenso wie zuvor das FG München versagte der BFH der Kl. mit Entscheidung vom 16.12.2020 den Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen der Subunternehmer und der Depotbank (AZ. XI R 13/19). Zwar geht der BFH davon aus, dass die Kl. die Eingangsleistungen als Unternehmerin bezieht. Denn obwohl die Immobilien Teil eines Sondervermögens sind, tritt die Kl. nach außen als Vermieterin auf. Ob sie für eigene oder für fremde Rechnung handelt, ist nicht entscheidend. Insoweit erfüllt die Kl. daher die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs. 
 
Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug aber, weil die Eingangsleistungen nach Auffassung des BFH allein Kostenelement steuerfreier Ausgangsleistungen sind. Die Kl. erbringt nämlich an die Anleger eine (einheitliche) steuerfreie Leistung in Form der Verwaltung von Sondervermögen gem. § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG (in der Fassung des Jahres 2006). Der BFH sieht den Aufwendungsersatz, den die Kl. neben der eigentlichen Vergütung für die Zahlungen an Depotbank und Subunternehmer aus dem Sondervermögen erhält, ebenfalls als steuerfreies Entgelt der Kl. für die Verwaltung an. Die Eingangsleistungen, aus denen die Kl. den Vorsteuerabzug begehrte, seien daher allein Kostenelement dieser steuerfreien Verwaltungsleistung.
 
3 Praxisfolgen
Die Entscheidung des BFH ist zwar zu der heute so nicht mehr geltenden Rechtslage des Jahres 2006 ergangen. Allerdings bleibt zu befürchten, dass die Finanzverwaltung sie auf die aktuelle Rechtslage überträgt. Aktuell erbringen Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) steuerfreie Verwaltungsleistungen an die Anleger von bestimmten alternativen Investmentfonds (AIF). Der UStAE äußert sich in diesem Zusammenhang nicht zum Vorsteuerabzug. Es ist aber bekannt, dass Finanzämter den Vorsteuerabzug auf entsprechende Eingangsleistungen bei verschiedenen KVG bereits versagen.
 
Dabei wäre auch eine andere rechtliche Auffassung gut vertretbar. Eine Eingangsleistung muss Kostenelement einer Ausgangsleistung sein, damit zwischen beiden ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Der BFH betont, dass Kl. und Sondervermögen ein Unternehmer sind. Dieser Unternehmer erbringt neben den steuerfreien Verwaltungsleistungen an die Anleger auch (zum Teil steuerpflichtige) Vermietungsleistungen als Ausgangsleistungen. Durch die Mieteinnahmen muss die Kl. die Kosten der Depotverwaltung und der Subunternehmer erwirtschaften. Die Eingangsleistungen sind daher auch Kostenelement der Vermietungsleistungen der Kl. Sie sind dort eingepreist. Mit diesem Aspekt setzt der BFH sich in seiner Argumentation nicht auseinander. Sofern die Eingangsleistung zumindest auch ein Kostenelement steuerpflichtiger Ausgangsleistungen in Form der Vermietung darstellt, sollte jedenfalls ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich sein. Das BFH-Urteil äußert sich nicht zu Eingangsleistungen der KAG / KVG, die sie nicht im Wege des Aufwendungsersatzes dem Sondervermögen weiterbelastet. Hier sollte ebenfalls ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich sein.
 
Nach dem Wortlaut der aktuellen Fassung von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG ist zu überlegen, welche Voraussetzungen ein AIF erfüllen muss, damit die KVG steuerfreie Verwaltungsleistungen an die Anleger erbringen kann. Dies ist vor allem wichtig, soweit es sich bei den Anlegern um Banken, Versicherungen oder andere Unternehmer handelt, denen der Vorsteuerabzug nicht vollständig möglich ist. Insbesondere stellt sich die Frage, ob ein Spezial-AIF, der nur professionellen oder semi-professionellen Anlegern offensteht, steuerfrei verwaltet werden kann. Der BFH hat im vorliegenden Urteil angenommen, dass im Jahr 2006 die Verwaltung eines Spezial-Sondervermögens steuerfrei sein konnte. Ein Spezial-Sondervermögen hatte nur einen eingeschränkten Anlegerkreis. Zwar haben sich der Wortlaut des UStG und die kapitalmarktrechtliche Lage verändert. Dennoch wäre zu überlegen, ob die vorliegende Entscheidung des BFH in dieser Hinsicht fruchtbar gemacht werden kann. Zumindest der europarechtliche Hintergrund sowie der Sinn und Zweck der Steuerbefreiung sind identisch. 
 

Ansprechpartner:

Dr. Michael Rust
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Stand: 17.05.2021