Umsatzsteuer Newsletter 16/2016
Kein Vorsteuerabzug bei Kapitalbeschaffung für Holding mangels Nachweis der Verwendung
In der Rs. Larentia + Minerva hatte der BFH versucht, den Vorsteuerabzug für Funktionsholdings zu beschränken, indem er einen nichtwirtschaftlichen Bereich annahm. Dem hatte der EuGH eine Absage erteilt. Der BFH unternimmt nun erneut den Versuch, einer Funktionsholding einen nichtwirtschaftlichen Bereich zuzuschreiben. Für den dem Urteil zugrunde liegenden Einzelsachverhalt ist der BFH wohl zum richtigen Ergebnis gekommen. Der BFH konnte aber nur deshalb von einem nichtwirtschaftlichen Bereich ausgehen, weil der Sachverhalt dürftig und die Argumentation der Klägerin unglücklich war. Die Feststellungen des BFH sind daher mit Vorsicht zu betrachten und dürfen nicht verallgemeinert werden. Betroffene Unternehmen sollten jedoch entsprechend vorsorgen und ausreichend Dokumentation schaffen.

1. Hintergrund
Der Vorsteuerabzug für Holdings ist ein dauerhaft streitanfälliges Thema. Besonders dann, wenn es um Eingangsleistungen geht, die zur Kapitalbeschaffung verwendet werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH hängen Maßnahmen zur Stärkung des Kapitals zugunsten der wirtschaftlichen Tätigkeit im Allgemeinen direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmens zusammen. Die dabei entstandenen Kosten sind Teil seiner allgemeinen Kosten und gehören laut EuGH damit kategorisch zu den Preiselementen seiner Produkte. Die Praxis in den Finanzämtern ist in der Regel aber restriktiver und nicht immer von der EuGH-Rechtsprechung gedeckt. So müssen Holdings z. B. meist nachweisen, wie die Kosten in die Preiskalkulation eingeflossen sind.

Der BFH hatte zuletzt mit der EuGH-Vorlage in der Rs. Larentia + Minerva versucht, den Vorsteuerabzug für Holdings einzuschränken, indem er einen nichtwirtschaftlichen Bereich unterstellte. Der EuGH ist diesem Ansatz jedoch nicht gefolgt. Mit seinem Urteil vom 06.04.2016 (V R 6/14) bringt der BFH dieses Thema nun erneut auf den Tisch. Er definiert im Urteil weitere Nachweisanforderungen für den Vorsteuerabzug bei Kapitalbeschaffung.
 
2. Sachverhalt
Die Klägerin ist eine KG und Gesellschafterin zweier Tochterunternehmen, die die Aufforstung, Pflege und Ernte von Wald betrieben. Die KG führte auf der Grundlage von Beraterverträgen kaufmännische Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften aus. Für diese Leistungen war jeweils ein pauschales Honorar von 10.000 USD jährlich vereinbart. Die KG war deshalb Unternehmerin i.S.d. § 15 Abs. 1 UStG und grundsätzlich zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt.

Mit einer GmbH schloss die Klägerin einen Projektentwicklungsvertrag. Die GmbH übernahm darin die Prüfung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Konzepts und weitere damit zusammenhängende administrative Tätigkeiten sowie die Beratung und Unterstützung beim Kauf geeigneter Grundstücke für die Tochtergesellschaften. Mit dieser GmbH schloss die KG zudem eine Vertriebsvereinbarung über die Vermittlung von Kommanditanteilen und Marketingmaßnahmen. Dadurch wurde das Kommanditkapital durch Aufnahme weiterer Gesellschafter von 862.500 EUR auf 7.800.000 EUR erhöht.

Steuerpflichtigen Umsätzen von 11.246 EUR standen Vorsteuern von 90.798 EUR gegenüber, davon 43.181 EUR für die Einwerbung des Kapitals und 27.973 EUR für Projektentwicklungsleistungen.

3. BFH erkennt keine unternehmerische Verwendung
Nach Ansicht des BFH stehen die Kosten für die Einwerbung von Kapital in der vorliegenden Größenordnung nicht im Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligungen an den Tochtergesellschaften, weil es des eingeworbenen Kapitals in dieser Größenordnung nicht bedurft hätte. Dem Einwand der Klägerin hiergegen, dass für die Verhältnisse im Gründungsjahr Besonderheiten gälten, folgte der BFH nicht. Es sei nicht erkennbar, dass sich der Umfang der von der Klägerin an ihre Tochtergesellschaften erbrachten Beratungsleistungen in den Folgejahren verändert haben könnte.

Außerdem hätten die Beteiligungen an den Tochtergesellschaften, an die die Holding Leistungen erbracht hatte, schon bestanden.
Der BFH argumentiert also, dass das eingeworbene Kapital offensichtlich nicht für die wirtschaftliche Tätigkeit der Holding erforderlich ist und demzufolge nicht dafür verwendet werden sollte. Die Holding müsse deshalb einen nichtwirtschaftlichen Bereich haben, dem der Kapitalzufluss und die Eingangsleistungen zuzuordnen seien. Dies schließt der BFH zum einen daraus, dass die Holding ca. 7 Mio. EUR neues Kapital eingeworben hat, dieses aber offenbar weder zum Erwerb der Beteiligungen noch für Kapitalmaßnahmen zugunsten der Tochtergesellschaften verwendet wurde. Zum anderen sieht der BFH ein krasses Missverhältnis zwischen den Umsätzen und den mehr als 40-fach höheren vorsteuerbelasteten Aufwendungen.

4. Konsequenzen für die Praxis
Die Klägerin hatte nicht ausreichend dargelegt, dass bzw. welche der von ihr bezogenen Leistungen ausschließlich ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen sind. Der BFH ging deshalb davon aus, dass die Klägerin die Leistungen für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit verwendet haben musste. Das heißt aber nicht, dass jede Holding einen nichtwirtschaftlichen Bereich hat. Es bleibt dabei, dass eine Funktionsholding, die an alle ihre Beteiligungen entgeltliche Leistungen erbringt, zu 100 % wirtschaftlich tätig ist. Die Holding muss lediglich glaubhaft darlegen, dass die Eingangsleistungen und das eingeworbene Kapital für die wirtschaftliche Tätigkeit verwendet werden (sollen). Andernfalls könnte das Finanzamt nach Ansicht des BFH unterstellen, dass ein nichtwirtschaftlicher Bereich existiert. Holdings sollten daher zur Absicherung die Verwendungsabsicht schlüssig darlegen und dokumentieren.

Ansprechpartner:

Ronny Langer
Dipl.-FW (FH), Steuerberater
Tel.: 089 / 217 50 12 - 50
ronny.langer@kmlz.de

Stand: 08.07.2016