Umsatzsteuer Newsletter 31/2016
EU-Kommission schlägt neue Vorschriften für grenzüber-schreitenden E-Commerce vor
Die EU-Kommission hält die aktuell geltenden Regelungen für den E-Commerce für zu kompliziert und will diese vereinfachen. Die Kommission schlägt vor, die Schwellenwerte für den Versandhandel abzuschaffen und gleichzeitig den Anwendungsbereich für den Mini-One-Stop-Shop auf den Versandhandel auszudehnen. Flankierend soll es Änderungen für den Versandhandel aus Drittländern in die EU geben, u.a. eine Steuerbefreiung für Einfuhren bis zu einem Wert von EUR 150. Dafür soll die Steuerbefreiung für Einfuhren von geringem Wert (bis zu EUR 22) abgeschafft werden. Außerdem sind Vereinfachungen sowohl für Versandhändler als auch für elektronisch erbrachte Dienstleistungen geplant, insbesondere eine Geringfügigkeitsschwelle. Last but not least soll der ermäßigte Steuersatz für E-Books zugelassen werden.

Das gegenwärtige Umsatzsteuersystem ist für den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr zu kompliziert und mit hohen Kosten für alle Beteiligten verbunden. Die EU-Kommission hat im Rahmen ihrer Strategie für einen digitalen Binnenmarkt am 01.12.2016 einen Plan vorgelegt, der das Regelwerk für den grenzüberschreitenden E-Commerce insbesondere durch Anpassung der MwStSystRL (2006/112/EU) und der MwStDVO (282/2011) in den nächsten Jahren modernisieren und vereinfachen soll. Mit dem eingereichten Vorschlag befindet sich das Verfahren allerdings erst am Anfang und bedarf noch der Zustimmung aller 28 EU-Mitgliedstaaten. Es ist also alles andere als sicher, dass der Plan Realität wird.

1. Schwellenwerte für elektronische Dienstleistungen
Der Vorschlag sieht ab 2018 zwei neue Schwellenwerte für in der EU ansässige Unternehmer vor, die elektronische Dienstleistungen an in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Nichtsteuerpflichtige erbringen:

Geringfügigkeitsschwelle: Die Dienstleistungen gelten grundsätzlich als dort erbracht, wo die Endkunden ansässig sind. Für grenzüberschreitende elektronische Dienstleistungen bis zu EUR 10.000 p.a. soll dies nicht gelten und der Leistungsort im Mitgliedstaat der Ansässigkeit des Leistenden liegen. Für Umsätze bis zu dieser Schwelle, muss sich der Leistende deshalb nicht mit ausländischem Umsatzsteuerrecht beschäftigen.

Nachweisschwelle: Zur Bestimmung, wo der Kunde ansässig ist, können mehrere Beweismittel erforderlich sein. Für grenzüberschreitende elektronische Dienstleistungen bis zu EUR 100.000 p.a. ist zur Vereinfachung vorgesehen, dass zur Ansässigkeitsermittlung nur noch ein Beweismittel vorliegen muss.

2. Schwellenwerte für Versandhandel
Die bislang für den Versandhandel i.S.d. Art. 33 MwStSystRL geltenden Schwellenwerte sollen ab 2021 abgeschafft werden, indem Art. 34 MwStSystRL wegfällt. Dafür soll eine Geringfügigkeitsschwelle von EUR 10.000 p.a. eingeführt werden. Danach würde sich der Lieferort für Versandhandelslieferungen bis zu dieser Schwelle nicht ins Bestimmungsland verlagern.

3. Ausweitung MOSS auf Versandhandel
Nach den zum jetzigen Zeitpunkt geltenden Regelungen sind Versandhändler ab Überschreiten der Schwellenwerte gezwungen, sich in anderen EU-Mitgliedstaaten zu registrieren und Steuererklärungen abzugeben. Ab 2021 soll das MOSS-Verfahren, welches bereits für elektronische Dienstleistungen gilt, auf den Versandhandel ausgeweitet werden. Somit würde die Registrierungspflicht im jeweiligen Land entfallen. Sämtliche innerhalb der EU getätigten Umsätze könnten im Rahmen einer vierteljährlichen Umsatzsteuererklärung deklariert werden. Dabei ist für die Umsätze allerdings weiterhin der Steuersatz des Bestimmungslandes anzuwenden.

4. Versandhandel aus Drittländern
Für Versandhändler aus dem Drittland, die ihre Ware in einen EU-Mitgliedstaat einführen und an einen Kunden in diesem Mitgliedstaat liefern, ist ab 2021 eine optionale Vereinfachungsregelung vorgesehen. Die Einfuhr von Gegenständen, deren Wert EUR 150 nicht übersteigt, soll von der Einfuhrumsatzsteuer befreit sein. Der auf die Einfuhr folgende Umsatz ist dann in diesem Mitgliedstaat steuerpflichtig und der Drittländer hat die dafür geschuldete Umsatzsteuer dort abzuführen. Um die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer anwenden zu können, muss der Drittländer allerdings entweder ein anerkannter Steuerpflichtiger sein oder einen in der EU ansässigen Fiskalvertreter benennen, der Steuerschuldner wird.

5. Steuerbefreiung für Einfuhren von geringem Wert
Bislang ist die Einfuhr von Gegenständen mit einem Wert bis zu EUR 22 (Kleinsendungen) für im Drittland ansässige Unternehmer von der Umsatzsteuer befreit. Dies führt einerseits nach Ansicht der Kommission zu einem hohen Betrugspotenzial, da deutlich höherwertige Waren als Kleinsendung angemeldet werden, andererseits ist eine gravierende Ungleichbehandlung von innerhalb der Gemeinschaft ansässigen Unternehmen vorzufinden, denn diese müssen die Umsatzsteuer bereits ab dem ersten Cent Umsatz abführen. Aus diesen Gründen hat die Kommission vorgeschlagen, ab 2021 die Befreiung für Kleinsendungen abzuschaffen. Art. 23 und 24 der Richtlinie 2009/132/EG sollen dazu wegfallen.

6. E-Books
Trotz der seit Jahren herrschenden Diskussion, ist es zurzeit den Mitgliedstaaten untersagt, den auf elektronischem Weg erfolgten Verkauf von Büchern und Zeitungen dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Der EuGH hat dies bekräftigt und die in Frankreich und Luxemburg geltenden Regelungen als gemeinschaftsrechtswidrig verurteilt (C-479/13 und C-502/13). Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist die Reduzierung des Steuersatzes auf E-Books festgeschrieben. So kommt es vielleicht nicht ganz überraschend, dass die MwStSystRL dahingehend geändert werden soll. Bereits ab 2017 ist eine Ermächtigung für die Mitgliedstaaten vorgesehen, eine gesetzliche Regelung zu treffen, die solche Umsätze dem ermäßigten Steuersatz unterwirft.

Ansprechpartner:

Ronny Langer
Dipl.-FW (FH), Steuerberater
Tel.: 089 / 217 50 12 - 50
ronny.langer@kmlz.de

Stand: 09.12.2016