Umsatzsteuer Newsletter 06/2017
BFH erleichtert Berichtigung gem. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG teilweise
Eine kürzlich veröffentlichte Entscheidung des BFH zur Beseitigung der Steuerschuld gem. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG (Urt. v. 12.10.2016 – XI R 43/14) dürfte einigen Unternehmern Erleichterung bringen. Anstelle einer Rechnungsberichtigung genügt eine Abtretungserklärung gegenüber dem Finanzamt. Ob die Beseitigung der Steuerschuld ferner voraussetzt, dass der Leistende den vereinnahmten Steuerbetrag an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat, ließ der BFH offen. Er hält auch nach der Entscheidung des EuGH in der Rs. Senatex – C 518/14 daran fest, dass die Berichtigung gem. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG nicht zurückwirkt.

1.    Sachverhalt
Die Klägerin (im Folgenden: Kl.) mit Sitz in Großbritannien vermietete im Inland Standflächen auf Messen. Diese Leistungen rechnete die Kl. mit deutscher Umsatzsteuer ab. Der Leistungsempfänger X nahm den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen vor. Tatsächlich schuldete jedoch X als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer gem. § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG (a. F.). Das Finanzamt qualifizierte die Steuerschuld der Kl. als eine gem. § 14c Abs. 1 S. 1 UStG um.

In ihrer nächsten Steuererklärung machte die Kl. einen Erstattungsanspruch geltend, weil sie die Rechnungen gem. § 14c Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 17 UStG berichtigt habe. Die Kl. ließ dem Finanzamt dazu auch eine Auflistung und Kopien der berichtigten Rechnungen zukommen. Das Finanzamt verlangte daraufhin von der Kl., nachzuweisen, dass die berichtigten Rechnungen X zugegangen waren und die Kl. den Steuerbetrag an X zurückgezahlt hatte.

Die Kl. legte dem Finanzamt E-Mail-Korrespondenz mit X vor. Aus dieser ergab sich jedoch, dass X keine berichtigten Rechnungen erhalten hatte. Allerdings forderte X darin die Umsatzsteuer von der Kl. zurück, und die Parteien einigten sich auf eine Abtretungslösung. Zudem legte die Kl. dem Finanzamt eine Abtretungserklärung vor, die auch von X unterzeichnet war. Darin trat die Kl. ihren Erstattungsanspruch Umsatzsteuer 2012 an X ab. Als Abtretungsgrund war „Forderung X Vorsteuerrückzahlung“ angegeben.

2.    Rechtliche Würdigung des BFH
Der BFH geht davon aus, dass die Kl. den Steuerausweis in den Rechnungen berichtigt hat. Eine Berichtigung i. S. d. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG müsse sich in Form und Inhalt an § 31 Abs. 5 S. 2 und S. 3 UStDV orientieren. Es müsse ein Dokument übermittelt werden, das spezifisch und eindeutig auf die zu berichtigenden Rechnungen Bezug nimmt. Daraus habe, ggf. im Wege der Auslegung, hervorzugehen, dass der Leistende nunmehr ohne (statt wie bisher mit) Umsatzsteuer abrechnen wolle. Die Bedürfnisse des Geschäftsverkehrs seien dabei zu berücksichtigen. Aus Sicht des BFH stellt spätestens die dem Finanzamt zugegangene Abtretungsanzeige eine wirksame Berichtigung dar. Sowohl die Kl. als auch X hatten diese unterzeichnet. Damit stehe fest, dass die Erklärung von der Kl. stamme und X auch zugegangen sei. Daraus ergebe sich hinreichend deutlich, dass die Kl. nunmehr ohne Umsatzsteuer abrechnen wolle und welche Rechnungen davon betroffen seien.

Die Frage, ob eine Berichtigung gem. § 14c Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 17 UStG voraussetzt, dass der Leistende den Steuerbetrag an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat, ließ der BFH offen. Diese Frage war im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Das Finanzgericht hatte gerade festgestellt, dass der Steuerbetrag im Wege der Abtretung und Verrechnung im Streitjahr zurückgewährt worden sei. Eine Abtretung stelle eine Form der Rückzahlung dar. Diese werde gem. § 46 Abs. 2 AO mit Zugang wirksam.

Zuletzt sprach der BFH der Rechnungsberichtigung i. S. d. § 14c Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 17 UStG lediglich Ex-nunc-Wirkung zu. Die Entscheidung des EuGH in der Rs. Senatex (C 518/14), nach der eine Rechnungsberichtigung für Zwecke des Vorsteuerabzugs zurückwirkt (vgl. KMLZ Newsletter 27/2016), führt nach Auffassung des BFH bei § 14c Abs. 1 S. 2 UStG zu keinem anderen Ergebnis. Jede andere Auslegung sei mit dem Normzweck, eine Gefährdung des Steueraufkommens zu vermeiden, nicht vereinbar.

3.    Fazit
Der BFH stellt maßgeblich auf den Zugang der Berichtigungserklärung beim Leistungsempfänger ab. Unternehmer, die Rechnungen gem. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG berichtigen, sollten darauf achten, den Zugang nachweisen zu können.

Eine Abtretungserklärung wie im vorliegenden Fall als Berichtigungserklärung anzuerkennen, dürfte es Unternehmen teilweise erleichtern, eine Berichtigung zu erklären. Das gilt besonders für solche Fälle, in denen die Zahl der Personen, die Rechnungen gem. § 14c UStG erhalten hatten, gering ist. Gleiches gilt bei konzerninternen Sachverhalten. Richten sich die §-14c-UStG-Rechnungen hingegen an eine Vielzahl von Personen, dürfte die Abtretungsmöglichkeit nur wenig bis keine Erleichterung bringen. Dies trifft beispielsweise auf Fälle zu, in denen der Unternehmer verkannt hat, dass die Versandhandelsregelung zur Anwendung kommt, und deutsche Umsatzsteuer ausweist. In diesen Fällen, in denen Rechnungsempfänger i. d. R. Privatpersonen sind, stellt sich ohnehin die viel grundsätzlichere Frage, ob es auf eine Berichtigungserklärung überhaupt ankommen kann.

Die Finanzverwaltung verlangt für Berichtigungen i. S. d. § 14c Abs. 1 S. 2 UStG teilweise, dass der Leistende dem Leistungsempfänger den Steuerbetrag zurückgezahlt hat, vgl. Abschn. 14c.1 Abs. 5 S. 4 UStAE. Die Frage, ob dies rechtens ist, hat der BFH leider offengelassen. Er wird jedoch bald wieder Gelegenheit haben, sich dazu zu äußern. Das FG Münster (5 K 412/13 U) hat sich in einer aktuellen Entscheidung gegen dieses Erfordernis ausgesprochen. Gegen das Urteil ist ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig (XI R 28/16).

Ob der Normzweck des § 14c UStG eine Rückwirkung verbietet, erscheint fraglich. Der Neutralitätsgrundsatz könnte genau das Gegenteil fordern: Dem Leistungsempfänger steht bereits anfänglich kein Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen zu, und es drohen ihm Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO. Wenn der Vorsteuerabzug aber bereits anfänglich rechtswidrig ist, erscheint es systematisch überzeugender, die Berichtigung zurückwirken zu lassen. Diese Frage wird aber wohl eines Tages der EuGH klären müssen.

Ansprechpartner:

Thomas Streit, LL.M. Eur.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Stand: 28.02.2017