Am 30.10.2025 hat der EuGH zwei Entscheidungen zur Bestimmung des maßgeblichen Geschäftes für den Transaktionswert gefällt. Beiden Entscheidungen (Rs. C-500/24 – Massimo Dutti und Rs. C-348/24 – Logista) liegen ähnliche Sachverhalte zugrunde. In beiden Fällen fanden vor der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mehrere Verkäufe statt. Der EuGH kommt jedoch zu Ergebnissen, die sich nicht ohne Weiteres miteinander in Einklang bringen lassen.
1 Hintergrund und Sachverhalte
Beide Verfahren behandeln Sachverhalte im Geltungsbereich des alten Gemeinschaftszollkodex (VO (EWG) Nr. 2913/92 „ZK“) sowie dessen Durchführungsverordnung. Die entscheidende Norm für die Verfahren war jeweils Art. 29 Abs. 1 ZK, der dem heutigen Art. 70 Abs. 1 UZK entspricht. Die Norm bestimmt, dass der Zollwert eingeführter Ware dem Transaktionswert entspricht, also dem Preis bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union. Bei mehreren Verkäufen ist der maßgebliche Verkauf zu ermitteln und dessen Preis zugrunde zu legen.
In der Rs. C-348/24 – Logista verkaufte ein kubanischer Händler Zigarren an den Tabakhändler Altadis (erster Verkauf). Der Verkäufer beförderte die Waren nach Spanien, wo die Klägerin Logista sie in ein Zolllager einlagerte. Die Zigarren sollten teilweise ohne Überführung in ein anderes Zollverfahren in Duty-free-Shops weiterverkauft werden. Teilweise sollten die Zigarren von Altadis an Logista weiterverkauft werden (zweiter Verkauf). Der zweite Verkauf erfolgte erst, nachdem Logista ihrerseits einen Käufer gefunden hatte. Nach dem zweiten Verkauf überführte Logista die Zigarren entweder in den freien Verkehr in der EU oder in das Ausfuhrverfahren zum Versand außerhalb der EU. Logista meldete bei der Überführung in den freien Verkehr als Zollwert den Preis aus dem ersten Verkauf an. Die spanische Finanzverwaltung trat dem entgegen.
In der Rs. C-500/24 – Massimo Dutti verkaufte ein asiatischer Hersteller und Händler Modeartikel an einen in der Schweiz ansässigen Käufer (erster Verkauf). Dieser verkaufte die Artikel seinerseits an den Bekleidungshändler Massimo Dutti (zweiter Verkauf). Im Anschluss gelangten die Artikel aus dem Herstellerland nach Spanien, wobei sie teilweise in den zollrechtlich freien Verkehr und teilweise in ein Zolllagerverfahren überführt wurden. Alle Artikel wurden entweder in der EU vermarktet oder in Drittländer ausgeführt. Das jeweilige Schicksal der Artikel stand zum Zeitpunkt des ersten Verkaufs noch nicht fest. Massimo Dutti meldete bei der Überführung in den freien Verkehr als Zollwert den Preis aus dem ersten Verkauf an. Die spanische Finanzverwaltung trat dem auch in diesem Fall entgegen.
2 Entscheidungen des EuGH
Die Vorlagefrage lautete in beiden Fällen, ob der erste Verkauf als der Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union angesehen werden konnte. Beiden Fällen war gemein, dass zum Zeitpunkt des ersten Verkaufs noch nicht feststand, ob die jeweilige Ware innerhalb der EU vermarktet oder wieder ausgeführt werden sollte.
In der Rs. C-348/24 – Logista entschied der EuGH, dass die Überführung in den freien Verkehr aus dem Zolllager auf der Grundlage des Preises aus dem ersten Verkauf erfolgen konnte. Der EuGH stellte fest, dass die Überführung von Waren in das Zolllagerverfahren es mit sich bringe, dass die Waren verschiedene künftige zollrechtliche Bestimmungen haben können. Das unterschiedliche Schicksal verschiedener Waren desselben Kontingents sei unschädlich für die Feststellung, dass der erste Verkauf schon die Ausfuhr in das Zollgebiet der Union – hier: Zolllagerverfahren – erfahren habe.
In der Rs. C-500/24 – Massimo Dutti entschied der EuGH indes, dass der erste Verkauf nicht als Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union betrachtet werden kann. Zum Zeitpunkt des ersten Verkaufs habe lediglich die Verbringung der Waren in das Zollgebiet der Union festgestanden, nicht aber die dortige Vermarktung der Waren. Es sei der Nachweis erforderlich, dass zum Zeitpunkt des ersten Verkaufs der kommerzielle Bestimmungsort der Ware bereits feststand. Dieser Nachweis könne aber nicht geführt werden, wenn unklar ist, ob die Ware wieder in Drittländer ausgeführt wird.
3 Einordnung
Die beiden Entscheidungen des EuGH vom selben Tag zeigen in unterschiedliche Richtungen. Ein Unterschied besteht insoweit, als in der Rs. C-348/24 – Logista sämtliche Waren zunächst in das Zolllagerverfahren überführt wurden. Eine direkte Überführung in den freien Verkehr fand nicht statt. Dies hilft indes nicht darüber hinweg, dass der EuGH selbst ein anderes Kriterium in den Vordergrund stellt. Seiner Auffassung nach ist nicht das genutzte Zollverfahren maßgeblich, sondern die Frage, ob im Zeitpunkt des ersten Verkaufs der kommerzielle Bestimmungsort der Ware feststand. Dies war in beiden Verfahren nicht der Fall.
Die deutsche Zollverwaltung erkennt an, dass der erste Verkauf grundsätzlich zur Bestimmung des Transaktionswertes herangezogen werden kann (vgl. DV Zollwertrecht, Z 51 01, Abs. 8–10). Unklar bleibt nach den Entscheidungen des EuGH, wie der Nachweis geführt werden soll, dass der Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Union erfolgt ist. Der bloße Nachweis über das physische Verbringen der Ware in das Zollgebiet der Union reicht mitunter nicht aus. Unternehmen sollten prüfen, ob eine umfangreichere Dokumentation ihrer Lieferkette möglich wäre, so dass sie ggf. bessere Nachweise, insb. auch über den wirtschaftlichen Verbleib der Ware, erbringen könnten. Maßgeblich ist die Dokumentation des ersten Verkaufs.
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Stand: 02.12.2025