Umsatzsteuer Newsletter 17/2019
Frankreich macht Ernst mit nationaler Digitalsteuer
Auf EU-Ebene ist das Projekt einer europaweiten Digitalsteuer jüngst gescheitert. Frankreich hat daher nun als erstes europäisches Land einen Gesetzesentwurf für eine nationale Digitalsteuer erarbeitet. Von dieser Steuer, deren Einführung rückwirkend für den 01.01.2019 geplant ist, können auch deutsche Unternehmen betroffen sein. Andere EU-Mitgliedstaaten könnten sich nun veranlasst sehen, ebenfalls eine nationale Digitalsteuer einzuführen. Zudem dürfte der französische Gesetzesentwurf die Diskussion um eine globale Digitalsteuer auf Ebene der G7, G20 und OECD beeinflussen.
1 Hintergrund
Am 21.03.2018 unterbreitete die EU-Kommission im Rahmen ihrer „Digital Single Market Strategy“ einen Richtlinien-Vorschlag für die Einführung einer europaweiten „Digitalsteuer“ (vgl. KMLZ-Newsletter 17 I 2018). Nachdem sich abzeichnete, dass die Einführung einer Digitalsteuer auf EU-Ebene schwer durchsetzbar sein würde, kündigte Frankreich im Dezember 2018 an, eine Digitalsteuer auf nationaler Ebene realisieren zu wollen. Die wesentlichen Inhalte des Gesetzesentwurfs für diese Steuer hat das französische Finanzministerium nun der Öffentlichkeit vorgestellt (Projet de loi relatif à la taxation des grandes entreprises du numérique v. 06.03.2019).
 
2 Inhalt des Gesetzesentwurfs
Der französische Gesetzesentwurf hat vor allem die Besteuerung großer Internetunternehmen zum Ziel. Diese Unternehmen, so das Finanzministerium, hätten bislang keinen angemessenen Beitrag zum Steueraufkommen geleistet. Dies liege hauptsächlich daran, dass im digitalen Zeitalter die Wertschöpfung in großen Teilen durch das Online-Verhalten des Internetnutzers erfolge und das aktuelle (Mehrwert-)Steuerrecht dies nicht ausreichend berücksichtige.
 
2.1 Betroffene Unternehmen
Die Steuer soll alle Unternehmen treffen, die mindestens EUR 25 Mio. digitalen Umsatz in Frankreich und EUR 750 Mio. weltweiten digitalen Umsatz erzielen. Es spielt dabei keine Rolle, ob das Unternehmen seinen Sitz in Frankreich hat. Damit können auch deutsche Unternehmen von der Steuer betroffen sein.
 
2.2 Betroffene Leistungen
Folgende Leistungen sollen von der französischen Digitalsteuer erfasst sein:
 
  • Platzierung von Online-Werbung, die auf Nutzerdaten basiert;
  • Verkauf von online erhobenen Daten für Werbezwecke (z. B. durch Suchmaschinenbetreiber, Preisvergleichsplattformen);
  • Bereitstellung von Online-Plattformen, über die Internetnutzer miteinander in Kontakt treten können (z. B. Online-Marktplätze, Partnervermittlungsbörsen, App Stores).
 
Nicht erfasst sein sollen ausdrücklich folgende Leistungen: Direktverkauf von Waren und Dienstleistungen, einschließlich digitaler Inhalte (E-Commerce, Video- und Music-on-demand); Nachrichten- und Zahlungsdienste; Werbeleistungen, bei denen die Werbebotschaften ausschließlich auf Grundlage des Inhalts der Website ermittelt werden und für alle Internetnutzer identisch sind; Verkauf von Daten, die nicht über das Internet oder für andere Zwecke als Werbung erhoben werden; regulierte Finanzdienstleistungen.
 
2.3 Bemessungsgrundlage
Die Steuer beträgt 3 % der Einnahmen aus den oben genannten Leistungen, soweit eine Verbindung mit dem französischen Staatsgebiet besteht. Der Anteil der Einnahmen, die sich auf das Staatsgebiet beziehen, wird aus den globalen Einnahmen berechnet, auf die ein Koeffizient der digitalen Präsenz in Frankreich angewendet wird. Der Koeffizient wird anteilig zur Anzahl der französischen Nutzer ermittelt, die den Dienst in Anspruch nehmen.
 
2.4 Inkrafttreten und praktische Abwicklung
Die Steuer soll rückwirkend zum 01.01.2019 in Kraft treten. Sie soll so lange Gültigkeit besitzen, bis eine gleichwertige Steuer auf Ebene der OECD beschlossen ist. Die Steuer soll grundsätzlich nach dem gleichen Verfahren wie die Mehrwertsteuer deklariert und bezahlt werden. Die Steuererklärung wird jährlich (Ende April) erstellt. Die Steuer ist in zwei Raten fällig, die jeweils mindestens die Hälfte des für das Vorjahr geschuldeten Steuerbetrags ausmachen. Die Raten sind Ende April und Ende Oktober zu leisten. Die Steuerpflichtigen können ihre Vorauszahlungen unter bestimmten Bedingungen verringern, wenn sie den Betrag der endgültig fälligen Steuer übersteigen würden. Für das Jahr 2019 ist nur Ende Oktober eine Rate zu zahlen. Diese Rate bemisst sich nach den Einnahmen des Jahres 2018. Die Steuer soll von der französischen Körperschaftsteuer abzugsfähig sein.
 
3 Ausblick
Eine EU-weite Digitalsteuer ist auf dem Treffen der EU-Finanzminister vom 12.03.2019 inzwischen (vorerst) endgültig gescheitert. Nunmehr wollen die übrigen europäischen Finanzminister auf Ebene der G7, G20 und der OECD bis Sommer 2020 die Einführung einer globalen Digitalsteuer erreichen. Gleichzeitig planen neben Frankreich auch Spanien und Österreich eine nationale Digitalsteuer einzuführen. Allerdings sind die Pläne hierfür in keinem Land so weit fortgeschritten wie in Frankreich. Auch scheint kein anderes Land bei der Einführung der Digitalsteuer so entschlossen zu sein wie Frankreich. Ob die Digitalsteuer in Frankreich tatsächlich eingeführt wird, werden die anstehenden Gesetzesberatungen zeigen. Unternehmen sollten sich aber darauf einstellen, dass nach aktuellem Stand Frankreich das erste Land sein wird, das eine Digitalsteuer einführt – und dann möglicherweise rückwirkend zum 01.01.2019.
 

Ansprechpartner:

Dr. Sandro Nücken, LL.B.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Tel.: +49 89 217501243
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Stand: 22.03.2019