1 Hintergrund
Unternehmen, die eine zollrechtliche Bewilligung erhalten wollen, müssen eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen. Hierzu zählt die Zuverlässigkeit des Antragstellers. Der Antragsteller darf keine schwerwiegenden oder wiederholten Verstöße gegen Zoll- oder Steuervorschriften oder eine schwere Straftat im Rahmen seiner Wirtschaftstätigkeit begangen haben (Art. 39 lit. a UZK). Bei juristischen Personen ist auch die Zuverlässigkeit der im Unternehmen verantwortlichen natürlichen Personen entscheidend. Für die seit Inkrafttreten des Unionszollkodex erforderliche Neubewertung bestehender Bewilligungen wollte die deutsche Zollverwaltung zur Überprüfung der Zuverlässigkeit Auskunftsersuchen an die für diese Personen zuständigen Finanzämter richten. Die bei der Beantragung oder Neubewertung einer zollrechtlichen Bewilligung auszufüllenden Fragebögen zur Selbstbewertung erforderten daher die Angabe der Steuer-ID und des zuständigen Finanzamts aller geschäftsführenden Personen. Darüber hinaus waren diese Daten auch für die für Zollangelegenheiten verantwortlichen Personen oder die Personen, die Zollangelegenheiten bearbeiten, anzugeben. Darunter fallen z. B. auch Zollsachbearbeiter (siehe KMLZ Newsletter 31/2017). Viele Unternehmen wollten diese Informationen gegenüber den Zollbehörden nicht preisgeben. Das FG Düsseldorf hatte in einem Verfahren nach der Zulässigkeit der Abfrage der Steuer-ID und des zuständigen Finanzamts im Rahmen der Neubewertung zollrechtlicher Bewilligungen zu entscheiden und legte dem EuGH vor.
2 Urteil des EuGH
In seinem Urteil vom 16.01.2019 (Rs. C-496/17) erachtet der EuGH die Fragen nach Steuer-ID und zuständigem Finanzamt durch die Zollbehörden für grundsätzlich zulässig. Dennoch kann die deutsche Zollverwaltung ihre bisherige Praxis nicht uneingeschränkt fortführen. Der EuGH hält eine Einschränkung beim betroffenen Personenkreis für geboten. Nach Art. 24 Abs. 1 UA 2 UZK-IA ist für die Zuverlässigkeit des Unternehmens nur auf die Person abzustellen, die für das Unternehmen verantwortlich ist oder die Kontrolle über dessen Leitung ausübt. Weiterhin ist die für die Zollangelegenheiten zuständige Person maßgeblich. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist diese Aufzählung abschließend. Entgegen dem Wortlaut der Regelung ist es in der Praxis aber auch möglich, dass die Datenerhebung nicht nur eine einzige Person betrifft. Abhängig von der Organisationsstruktur des Unternehmens können mehrere natürliche Personen gemeinsam für das Unternehmen verantwortlich oder für seine Zollangelegenheiten zuständig sein. Nicht von der Regelung umfasst sind dagegen die Mitglieder von Beiräten und Aufsichtsräten, Abteilungsleiter anderer Ressorts als der Zollabteilung, Leiter der Buchhaltung und Zollsachbearbeiter.
Die Verarbeitung der abgefragten Steuerdaten durch die Zollbehörden verstößt nach Ansicht des EuGH nicht gegen die unionsrechtlichen Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten. Danach muss deren Erhebung insbesondere für einen festgelegten, eindeutigen und legitimen Zweck erfolgen (Art. 5 Abs. 1 lit. b und c Datenschutz-Grundverordnung). Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO gestattet die Verwendung personenbezogener Daten, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des Verantwortlichen erforderlich ist. Die Zollbehörden unterliegen der Verpflichtung, das Vorliegen der Voraussetzungen einer zollrechtlichen Bewilligung zu überprüfen. Dazu benötigen sie die geforderten Daten. Laut EuGH handelt es sich hier um einen eindeutigen Zweck. Die Erhebung der Daten ist eine angemessene Maßnahme, um die Prüfung der Zuverlässigkeit der betroffenen Personen zu ermöglichen. Die Erhebung beschränkt sich auch auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß. Sie hat einen begrenzten Umfang und bezieht sich nicht auf sensible Informationen über die persönliche Situation.
Ob die Verstöße durch die Person im Rahmen der Wirtschaftstätigkeit des Unternehmens erfolgten, ist nicht entscheidend. Auch private Verstöße sind relevant. Der EuGH betont außerdem, dass nach dem in Art. 5 DSGVO festgelegten Grundsatz von Treu und Glauben die betroffenen Personen über die Erhebung ihrer Daten zu informieren sind.
3 Fazit und Praxishinweis
Seit Einführung des UZK ist bei sämtlichen Unternehmen eine Neubewertung der zollrechtlichen Bewilligungen bis zum 01.05.2019 erforderlich. Die Entscheidung des EuGH betrifft daher alle Unternehmen mit zollrechtlichen Bewilligungen. Nicht nur Unternehmen, die eine neue Bewilligung beantragen, sondern jedes Unternehmen, das zollrechtliche Bewilligungen besitzt, war in den letzten Monaten aufgefordert, die Fragebögen auszufüllen. Die Abfrage der Steuer-ID ist durch die Zollverwaltung bis auf Weiteres ausgesetzt (siehe auch KMLZ Newsletter 31/2017). Die Folgeentscheidung des FG Düsseldorf steht noch aus. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Zollverwaltung zeitnah auf das EuGH-Urteil reagiert. Sie wird ihre Anforderungen anpassen müssen. Die Steuer-ID wird wieder zu benennen sein, jedoch lediglich für den vom EuGH genannten Personenkreis. Betroffene Unternehmen sollten die Personen, deren Daten sie den Zollbehörden mitgeteilt haben, hierüber informieren. Personen, die nicht von Art. 24 Abs. 1 UA 2 UZK-IA erfasst sind, sollten die Löschung ihrer Daten verlangen. Für die Unternehmen ist es empfehlenswert, in Zukunft genau zu prüfen, welche personenbezogenen Daten sie den Zollbehörden zur Verfügung stellen. Es muss gewährleistet sein, dass nur die Daten der Unternehmensverantwortlichen und derjenigen Personen, die für Zollangelegenheiten als Letztverantwortliche zuständig sind, angegeben werden. Dieser Personenkreis kann grundsätzlich durch eine Geschäftsführungsordnung oder auch eine entsprechende Zuweisung der Verantwortung im Rahmen der Organisation beschränkt werden.
Ansprechpartner

Dobrinka Atanasova
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht
+49 (0) 89 217 50 1255
Stand: 07.03.2019