Umsatzsteuer Newsletter 32/2013
Beratungsleistungen für Kapitalanlagegesellschaften sind steuerfrei
Das BMF schließt sich in seinem Schreiben vom 28.10.2013 zur Umsatzsteuerbefreiung für Beratungsleistungen an Kapitalanlagegesellschaften der Entscheidung des EuGH i. S. GfBK (Urt. v. 07.03.2013 – C-275/11) und der Nachfolgeentscheidung des BFH (Urt. v. 11.04.2013 – V R 51/10) an. Das BMF-Schreiben wird in der Praxis die Anwendung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG erheblich vereinfachen, weil es den Steuerpflichtigen klare Kriterien an die Hand gibt.


1. Hintergrund

Mit Urteil vom 07.03.2013 hatte der EuGH entschieden, dass von einem Dritten gegenüber einer Kapitalanlage-gesellschaft (KAG) als Verwalterin eines Sondervermögens erbrachte Beratungsdienstleistungen für Wertpapieranlagen umsatzsteuerfrei sind (Az. C-275/11). Der BFH ist dem EuGH in seiner Entscheidung vom 11.04.2013 (Az. V R 51/10) gefolgt und hat entschieden, dass die Beratungs-leistungen der klagenden Gesellschaft für Börsenkommunikation (GfBK), die sie für die KAG erbracht hat, umsatzsteuerfrei sind. Die GfBk hatte eine KAG-Empfehlung zum An- und Verkauf von Wertpapieren per Telefon, Telefax oder Web-Server übermittelt, ohne dabei umfangreiche Expertisen zu erstellen. Die Anlageempfehlungen der GfBk setzte die KAG – oft innerhalb weniger Minuten – um, soweit kein Verstoß gegen bestehende Anlagegrenzen vorlag.

Der EuGH hatte in seiner Entscheidung ausgeführt, dass Beratungsleistungen gegenüber einer KAG umsatzsteuerfrei sind, wenn sie eine enge Verbindung zu der spezifischen Tätigkeit einer KAG aufweisen. Nach Ansicht des EuGH ist diese enge Verbindung auch bei Beratungsleistungen gegeben, die in der Abgabe von konkreten Empfehlungen zum An- und Verkauf von Vermögenswerten bestehen.

2. Entscheidungen des EuGH und BFH im Widerspruch zur Sichtweise des BMF

Die Entscheidungen des EuGH und des BFH standen in Widerspruch zu der Sichtweise der deutschen Finanzverwaltung. Denn nach Abschn. 4.8 Abs. 18 Nr. 3 UStAE waren Beratungsleistungen„mit und ohne konkrete Kauf- oder Verkaufsempfehlungen“ nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG steuerfrei. Da EuGH und BFH entschieden hatten, dass Beratungsleistungen mit konkreten Kauf- oder Verkaufsempfehlungen steuerfrei sind, war eine Änderung des Anwendungserlasses bereits erwartet worden.

Mit Schreiben vom 28.10.2013 gibt das BMF seine bisherige Sichtweise auf. Das BMF konkretisiert in seinem Schreiben darüber hinaus die Anforderungen an die für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG erforderliche enge Verbindung der Beratungsleistungen zu der spezifischen Tätigkeit der KAG – Anlage der beschafften Gelder für gemeinsame Rechnung in Wertpapiere. Die erforderliche enge Verbindung ist bei Beratungsleistungen nach Ansicht des BMF dann gegeben, wenn

  • die Empfehlung für den Kauf oder Verkauf von Vermögenswerten konkret an den rechtlichen und tatsächlichen Erfordernissen der jeweiligen Wertpapieranlage ausgerichtet ist,
  • diese Empfehlung aufgrund ständiger Beobachtung des Fondsvermögens erteilt wird und
  • sie auf einem stets aktuellen Kenntnisstand über die Zusammenstellung des Vermögens beruht.

Diese Grundsätze werden nach dem BMF-Schreiben in Abschn. 4.8.13 Abs. 14 UStAE übernommen. Weiterhin wird in Abschn. 4.8.13 Abs. 17 UStAE klargestellt, dass auch Beratungsleistungen steuerfrei sein können. Schließlich wird Abschn. 4.8 Abs. 18 Nr. 3 UStAE dahingehend geändert, dass Beratungsleistungen mit konkreten Kauf- oder Verkaufsempfehlungen nicht mehr von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind. Dagegen sind Beratungsleistungen ohne konkrete Kauf- oder Verkaufsempfehlungen weiterhin nicht steuerfrei (vgl. Abschn. 4.8.13 Abs. 18 Nr. 3 UStAE).

3. Fazit

Das BMF schließt sich mit seinem Schreiben der Rechtsprechung des EuGH und des BFH an. Es ist sehr erfreulich, dass das BMF darüber hinaus die Voraussetzungen für die Anwendung der Steuerbefreiung auf Beratungsleistungen weiter konkretisiert. Dies dürfte die Beurteilung, ob Beratungsleistungen steuerfrei sind, deutlich erleichtern.

Offen ist nach dem BMF-Schreiben noch, wie konkret die Kauf- oder Verkaufsempfehlungen sein müssen, damit sie nach dem BMF noch unter die Steuerbefreiung fallen. Ohne Weiteres sind Beratungsleistungen wie die in dem vom EuGH und vom BFH entschiedenen Fall der GfBK, d. h. konkrete Kaufempfehlungen, die innerhalb weniger Minuten umzusetzen sind, steuerfrei. Unseres Erachtens dürften aber auch solche Beratungsleistungen steuerfrei sein, die in allgemeinen Kauf- oder Verkaufsempfehlungen für Fonds bestehen, insbesondere Beratungsleistungen, die in Empfehlungen zur Zusammensetzung eines bestimmten Fonds bestehen. Denn auch derartige Beratungsleistungen erfüllen die drei dargestellten Kriterien des neuen BMF-Schreibens.

Das BMF-Schreiben enthält unseres Erachtens eine redaktionelle Ungenauigkeit. Es stellt für die Steuerbefreiung darauf ab, dass die Empfehlung für den Kauf oder Verkauf von Vermögenswerten konkret an den rechtlichen und tatsächlichen Erfordernissen der jeweiligen Wertpapieranlage ausgerichtet sein müsse. Richtigerweise müsste es „Vermögensanlage“ heißen, da sich die Beratungsleistungen auf sämtliche Anlagenformen beziehen können. Daher müssten beispielsweise auch Beratungsleistungen an offene Immobilienfonds umsatzsteuerfrei sein.

Soweit nach dem BMF-Schreiben die Steuerbefreiung anzuwenden ist, muss beachtet werden, dass der Vorsteuerabzug für die in Zusammenhang mit den Beratungsleistungen stehenden Eingangsleistungen ausgeschlossen ist (§ 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG). Dies muss bei der Kalkulation der Preise der Beratungsleistungen berücksichtigt werden.

Die weiteren Auswirkungen, die sich aus den Urteilen des EuGH und des BFH ergeben können, sind in unserem Newsletter 20/2013 dargestellt.

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Stand: 29.11.2013