1 Versorgerstatus von Großanlagen-Betreibern
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in seinem Beschluss vom 19.12.2024 (Az. VII B 27/24) zur Anwendung der Regelung des § 1a Abs. 7 StromStV geäußert. Damit stellt der BFH die bisherige Praxis der Zollverwaltung bei Betreibern von Anlagen aus erneuerbaren Energien mit einer elektrischen Nennleistung über 2 MW möglicherweise in Frage.
Nach § 1a Abs. 7 StromStV gilt für Strom, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als 2 MW aus Windkraft, Biomasse oder Sonnenenergie erzeugt wird, § 1a Abs. 6 StromStV mit der Maßgabe entsprechend, dass derjenige, der den Strom erzeugt, auch für den erzeugten und zum Selbstverbrauch entnommenen Strom als Versorger gilt. Für fremdbezogenen versteuerten Strom dagegen gilt er als Letztverbraucher. Der BFH hat klargestellt, dass § 1a Abs. 7 StromStV eine Rechtsgrundverweisung auf § 1a Abs. 6 StromStV enthält. Daher sind die Tatbestandsmerkmale des § 1a Abs. 6 StromStV auch bei der Einschränkung des Versorgerstatus für Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als 2 MW, in denen Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, zu beachten. Das betrifft insbesondere das Leisten von Strom an Letztverbraucher innerhalb einer Kundenanlage. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, haben auch Betreiber von Großanlagen den sog. „eingeschränkten“ Versorgerstatus mit entsprechend geringeren Pflichten im Vergleich zu einem „großen“ Versorger.
In der Praxis bekommen bislang auch Betreiber von Großanlagen den eingeschränkten Versorgerstatus, wenn sie den erzeugten Strom nicht an Letztverbraucher innerhalb der Kundenanlage leisten, sondern vollständig in das Netz der öffentlichen Versorgung einspeisen. Es stellt sich daher die Frage, ob diese Praxis beibehalten werden darf oder ob in solchen Fällen der Betreiber eine Erlaubnis als großer Versorger mit entsprechend umfangreicheren Pflichten benötigt. Es bleibt abzuwarten, ob die Zollverwaltung ihre Praxis ändert. Betroffene Unternehmen sollten die künftige Entwicklung beobachten und ggfls. ihren stromsteuerlichen Status überprüfen.
2 Versorgerstatus in Mietverhältnissen
Das FG Mecklenburg-Vorpommern befasste sich ebenfalls mit dem Versorgerbegriff im Stromsteuerrecht, diesmal jedoch im Rahmen von Mietverhältnissen (Az. 3 K 164/22). Grundsätzlich ist derjenige, der Strom leistet, Versorger (§ 2 Nr. 1 StromStG). Wer jedoch ausschließlich nach § 3 StromStG zu versteuernden Strom bezieht und diesen ausschließlich an seine Mieter, Pächter oder vergleichbare Vertragsparteien als Letztverbraucher leistet, gilt nicht als Versorger. Er ist nicht Steuerschuldner, wenn ausschließlich von einem im Steuergebiet ansässigen Versorger bezogener Strom geleistet wird (§ 1a Abs. 2 Satz 1 StromStV). Das gilt nach Auffassung des FG auch dann, wenn der fremdbezogene Strom steuerfrei ist (im konkreten Fall nach § 9 Abs. 1 Nr. 3b StromStG). Der Bezug von steuerbefreitem Strom stehe der Ausnahme vom Versorgerstatus in § 1a Abs. 2 Satz 1 StromStV nicht entgegen. Es reiche aus, dass der steuerbefreite Strom im Grundsatz dem Regeltarif des § 3 StromStG unterliegt. Die Systematik des Gesetzes spreche dafür, dass die Einordnung als Versorger oder als Letztverbraucher nur von der Frage abhängt, welchem Tarif der Strom unterfällt, nicht aber von der weiteren Frage, ob eine Steuerbefreiung vorliegt. Das FG widerspricht somit ausdrücklich abweichenden Auffassungen im Schrifttum. Vermieter, die Strom an ihre Mieter leisten, können vorerst weiterhin steuerbefreiten Strom von Dritten beziehen (z. B. aus PV-Anlagen), ohne dadurch selbst zum Versorger zu werden. Gegen das Urteil ist die Revision anhängig (VII R 2/25).
3 Energiesteuer: Steuerschuldnerschaft des zugelassenen Einlagerers
Der zugelassene Einlagerer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EnergieStG) wird Steuerschuldner für die von ihm oder auf seine Veranlassung aus dem Steuerlager entfernten Energieerzeugnisse (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EnergieStG). Nach Auffassung des FG Hamburg (Az. 4 K 9/23) wird der Einlagerer auch dann zum alleinigen Steuerschuldner, wenn der Steuerlagerinhaber auf Grund eines mit dem Einlagerer geschlossenen Vertrages Energieerzeugnisse für den Einlagerer aus dem Steuerlager entfernt. Der Steuerlagerinhaber wird dann als Erfüllungsgehilfe des zugelassenen Einlagerers tätig, so dass die Energieerzeugnisse vom Einlagerer bzw. auf dessen Veranlassung hin aus dem Steuerlager entfernt werden. Im Streitfall verkaufte der Einlagerer Gasöl als Heizöl aus dem Steuerlager. Bei der Abholung des Gasöls manipulierten Mitarbeiter des Kunden zusammen mit dem Leiter des Steuerlagers die Gasöl-Kennzeichnungsanlage und konnten so ungekennzeichnetes Gasöl aus dem Steuerlager entnehmen. Das Hauptzollamt setzte gegenüber dem Einlagerer Energiesteuer in Höhe der Differenz zwischen dem Steuersatz für Dieselkraftstoff und dem Steuersatz für Heizöl fest. Die Klage des Einlagerers wurde vom FG Hamburg abgewiesen. Die Entnahme des Gasöls aus dem Steuerlager sei auf Veranlassung des Einlagerers erfolgt. Dieser habe den Anlass für die zur Entnahme führende Handlung gesetzt, z. B. durch Anweisungen oder Aufträge. Auf das Wissen des Einlagerers um die manipulierte Kennzeichnungsanlage komme es nicht an. Diese weite Auslegung der „Veranlassung“ erhöht das steuerliche Risiko für Einlagerer, da ihnen das (betrügerische) Handeln ihrer Beauftragten umfassend zugerechnet wird. Anders als ein Steuerlagerinhaber hat der Einlagerer auf Grund der fehlenden unmittelbaren Sachherrschaft im Steuerlager nicht dieselben Kontroll- und Zugriffsmöglichkeiten. Er kann die Mitarbeiter des Steuerlagerinhabers weder auswählen noch kontrollieren. Betroffene Unternehmen sollten diesen Umstand bei den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Steuerlagerinhaber berücksichtigen und ggfls. entsprechende Schadenersatzklauseln aufnehmen.
Wenn Sie Ihre Kenntnisse auf dem Gebiet des Energie- und Stromsteuerrechts oder zu verbrauchsteuerrechtlichen Themen auffrischen oder vertiefen möchten, ist die Seminar-Reihe "Die Grundlagen der Besteuerung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren" der KMLZ Akademie genau das Richtige für Sie.
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Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht
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Stand: 29.04.2025