1 Hintergrund
Eine einmal abgegebene Zollanmeldung lässt sich nicht ohne Weiteres wieder ändern oder aus der Welt schaffen. Jedenfalls sobald die Zollbehörden die Waren überlassen haben, ist keine einseitige Änderung durch die Beteiligten mehr möglich. Früher war dies in Art. 78 ZK geregelt, heute ist es Art. 173 UZK.
Das Finanzgericht Hamburg hatte am 20.12.2017 (Az.: 4K 240/16) – mit durchaus guten Argumenten und ohne den EuGH zu befragen – entschieden, dass der in Feld 14 einer Zollanmeldung genannte Anmelder nicht abänderbar ist. Die Änderungsmöglichkeiten nach Art. 78 ZK seien begrenzt durch die Definitionen der Zollanmeldung und des Anmelders in Art. 4 Nr. 17, 18 ZK sowie die Regelung über die Stellvertretung in Art. 5 ZK, aber auch durch die Vorschrift des Art. 78 Abs. 1 ZK selbst. Eine Zollanmeldung sei an die Person des Anmelders geknüpft. Da dieser im Verfahren eine Schlüsselrolle einnimmt, würde ein Austausch des Anmelders die von dem ursprünglichen Anmelder abgegebene Anmeldung nicht ändern, sondern ersetzen. Das Ergebnis wäre eine neue Anmeldung mit dem geänderten, d.h. neuen Anmelder. Art. 78 Abs. 1 ZK erlaubt es lediglich dem Anmelder, einen Antrag auf Überprüfung der Zollanmeldung zu stellen. Somit gehöre der Name des Anmelders selbst nicht zu den Angaben der Zollanmeldung, die einer Überprüfung zugänglich sind. Der Anmelder könne nicht über einen Antrag nach Art. 78 Abs. 1 ZK sich selbst aus der Anmeldung eliminieren.
Nach Art. 5 Abs. 4 Unterabsatz 2 ZK gelten außerdem Personen, die ein bestehendes Stellvertretungsverhältnis nicht offenlegen oder keine Vertretungsvollmacht besitzen, als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd. Diese Rechtsfolge des Art. 5 Abs. 4 Unterabsatz 2 ZK könne nicht über einen Antrag nach Art. 78 ZK abgeändert und außer Kraft gesetzt werden. Gleichlautende Urteile gab es bereits aus den Niederlanden.
2 Sachverhalt der EuGH-Entscheidung
Im nun vom EuGH entschiedenen Fall meldete eine Bevollmächtigte Waren zur Überführung in den freien Verkehr an. Sie gab hierbei in Feld 14 nur ihren eigenen Namen an, ohne einen Hinweis auf das Vertretungsverhältnis, fügte der Zollanmeldung jedoch die ihr ausgestellte Vollmacht bei. Sie bezog sich in der Anmeldung auf die der Vollmachtgeberin erteilte Einfuhrlizenz, von der die Zollbehörden dann auch eine Abschreibung vornahmen und daher für die Ware ermäßigte Einfuhrabgaben festsetzten. Nach einer späteren Überprüfung der Einfuhrvorgänge setzten sie die Differenz zum üblichen Zollsatz nachträglich fest. Die Anmelderin habe keine Berechtigung zur Nutzung des ermäßigten Zollsatzes gehabt, da sie nicht Inhaberin der Einfuhrlizenz sei. Eine Änderung der Zollanmeldung dahingehend, das Vertretungsverhältnis in Feld 14 aufzunehmen, so dass die Lizenzinhaberin zur Anmelderin wird, lehnten die Zollbehörden ab. Das FG Düsseldorf legte die Frage nach einer möglichen Änderung des Zollanmelders dem EuGH vor. Es ging vom Vorliegen der in der bisherigen EuGH-Rechtsprechung zur Änderung von Zollanmeldungen definierten Voraussetzungen aus.
3 Entscheidung des EuGH
Nach Auffassung des EuGH im Urteil vom 16.07.2020 ist Art. 78 ZK dahingehend auszulegen, dass eine Änderung des Anmelders möglich ist, wenn nachgewiesen werden kann, dass vor Abgabe der Zollanmeldung eine Vollmacht vorlag. Der EuGH begründet seine Entscheidung damit, dass Art. 78 Abs. 3 ZK einzelne Bestandteile der Zollanmeldung, wie die Person des Anmelders, gerade nicht explizit von einer Änderung ausnimmt. Darüber hinaus räume Art. 78 Abs. 3 ZK den Behörden „schlicht eine Befugnis ein, fehlerhafte Unterlagen zu berichtigen, soweit dies […] angebracht ist“. Die vom EuGH anerkannten Fälle, in denen die Zollbehörden zur Ablehnung eines solchen Überprüfungsantrags befugt waren, seien nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar: In den vergangenen Fällen konnte entweder die Richtigkeit der geänderten Angaben nicht mehr überprüft werden, oder der Ablehnungsgrund ergab sich bereits aus dem Verbot des Rechtsmissbrauchs. Entweder wurden die mit dem Zollrecht verfolgten Ziele beeinträchtigt oder die ursprünglichen Angaben bewusst gemacht. Rechtsmissbrauch liegt aber dann nicht vor, wenn der Name irrtümlich oder aufgrund eines Missverständnisses angegeben worden war. Nach Auffassung des EuGH ist für den Nachweis eines Irrtums die Vorlage einer Vollmacht ausreichend, wenn aus ihr hervorgeht, dass dem Vollmachtgeber bekannt ist, Anmelder im Sinne des Zollkodex zu werden, und er sich dazu verpflichtet, sämtliche Kosten zu übernehmen. Auch eine Betrugsgefahr sei nicht gegeben, da die Mengen der eingeführten Ware auf die Einfuhrlizenzen des Einführers angerechnet wurden. Die Zollbehörden seien durch den Abzug der eingeführten Menge von der Einfuhrlizenz bereits implizit davon ausgegangen, dass die bevollmächtigte Anmelderin in Vertretung handle.
4 Fazit
Die heutige Regelung in Art. 173 Abs. 3 UZK ist enger gefasst. Eine Änderung der Zollanmeldung nach Überlassung der Waren ist nur möglich, damit der Anmelder seine Pflichten aus der Überführung der Waren in das betreffende Zollverfahren erfüllen kann. Insofern sind die Fallkonstellationen, auf die das Urteil anwendbar ist, voraussichtlich nicht häufig.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen scheint mit den vom EuGH angeführten Argumenten aber auch weiterhin eine Änderung des Anmelders möglich. Auch die aktuelle Regelung im UZK schließt diese nicht explizit aus. Entscheidend sind jedoch die Umstände des Einzelfalls. Selten wird so deutlich erkennbar sein, dass es sich lediglich um ein Versehen handelte, das Vertretungsverhältnis nicht anzugeben. Insbesondere Dienstleistern, die gewöhnlich Zollanmeldungen in ihrer Funktion als Bevollmächtigte abgeben, könnte das Urteil jedoch nützen. Die fehlerhafte Angabe bzw. Unterlassung der Angabe des Vertretungsverhältnisses ist nach dem Urteil grundsätzlich korrekturfähig. Wichtig hierfür ist vor allem, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung eine Vollmacht des Vertretenen existiert und kein Rechtsmissbrauch vorliegt.
Ansprechpartner:
Dr. Christian Salder
Rechtsanwalt, Steuerberater,
Fachanwalt für Steuerrecht
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Stand: 24.07.2020