1 Überblick
Mit dem sog. Tabaksteuermodernisierungsgesetz (TabStMoG) beschloss der Bundestag in einer nächtlichen Sitzung am 11.06.2021 weitreichende Änderungen des Tabaksteuergesetzes. Die Bundesregierung hatte am 19.04.2021 einen entsprechenden Gesetzentwurf inkl. Gesetzesbegründung vorgelegt. Der Finanzausschuss hatte die mit dem Regierungsentwurf geplanten Änderungen nochmals verschärft. Ziel der Reform ist die Erhöhung der Tabaksteuer für herkömmliche Zigaretten, Zigarren, Zigarillos und Feinschnitt sowie eine signifikant höhere Besteuerung von erhitztem Tabak und Wasserpfeifentabak. Substanzen für E-Zigaretten sind in Zukunft als neuer Steuergegenstand ebenfalls steuerpflichtig, auch wenn sie kein Nikotin enthalten. Die Entscheidung des Bundesrats ist für den 25.06.2021 geplant. Dessen Zustimmung gilt allerdings als so gut wie sicher.
2 Erhöhung der Tabaksteuer für Zigaretten und Feinschnitt
Raucher müssen ab 2022 tiefer in die Tasche greifen. Das neue Gesetz sieht über einen Zeitraum von fünf Jahren, beginnend im Jahr 2022, Tabaksteuererhöhungen für Zigaretten und Feinschnitt in vier Stufen vor. Die Tabaksteuer für eine Packung mit zwanzig Zigaretten steigt im nächsten Jahr um durchschnittlich 10 Cent. Ab 2023 werden weitere 10 Cent aufgeschlagen, in den Jahren 2025 und 2026 sogar nochmals jeweils 15 Cent pro Packung. Flankiert werden diese Maßnahmen durch die Anpassung der bestehenden Mindeststeuer für Zigarren und Zigarillos sowie für Pfeifentabak zum 01.01.2022 und zum 01.01.2023. Die Erhöhung soll insbesondere der Steuergerechtigkeit und dem Gesundheitsschutz der Verbraucher dienen. Die Bundesregierung verspricht sich aber auch beträchtliche Steuermehreinnahmen.
3 Erhöhung der Tabaksteuer für erhitzten Tabak und Wasserpfeifentabak
Besonders stark betrifft die Steuererhöhung erhitzten Tabak (sog. Heat-not-Burn-Produkte) und Wasserpfeifentabak. Im Gesetz ist erhitzter Tabak definiert als „stückweise und einzeln portionierter Rauchtabak, der dazu geeignet ist, durch Inhalation eines in einer Vorrichtung erzeugten Aerosols oder Rauches konsumiert zu werden“. Für erhitzten Tabak wird ab 2022 eine zusätzliche Tabaksteuer eingeführt, so dass er künftig wie Zigaretten besteuert wird. Nach Auffassung des Gesetzgebers ersetzen Heat-not-Burn-Produkte die klassische Zigarette und führen genauso zu einer gesundheitsschädlichen Nikotinabhängigkeit. Bislang findet auf diese Produkte der signifikant niedrigere Steuertarif für Rauchtabak der Kategorie Pfeifentabak Anwendung. Im Jahr 2022 erhöht sich die Tabaksteuer für ein Produkt für 6 € mit einem Packungsinhalt von 20 Stück (6 Gramm) von 88 Cent auf 1,86 €. Im Jahr 2026 beträgt die Steuer schon 2,27 €.
Für Wasserpfeifentabak führt das Gesetz ebenfalls eine zusätzliche Tabaksteuer ein. Die zusätzliche Besteuerung dient dem Jugend- und Gesundheitsschutz. Neben dem klassischen Wasserpfeifentabak fallen auch Erzeugnisse für Wasserpfeifen, die keinen Tabak enthalten, unter die Besteuerung. Bislang wird Wasserpfeifentabak ebenfalls als Pfeifentabak erheblich niedriger besteuert. Die Höhe der Zusatzsteuer beträgt im Jahr 2022 zunächst 15 € je Kilogramm und steigt bis 2026 auf 23 € je Kilogramm.
4 Steuerpflicht auch für Substanzen in E-Zigaretten
Signifikante Änderungen gibt es auch bei den Substanzen zur Verwendung in E-Zigaretten (sog. Substitute für Tabakwaren). Ab dem 01.07.2022 sind sie ein neuer Steuergegenstand und unterliegen der Tabaksteuer. In E-Zigaretten wird eine Substanz (z. B. Liquid) erhitzt und der so erzeugte Nassdampf vom Konsumenten inhaliert. Der Konsum dieser als ebenso gesundheitsschädlich eingestuften Produkte soll mit der Besteuerung verringert werden. Vor dem Hintergrund des bestehenden Gefährdungspotenzials werden sowohl nikotinhaltige als auch nikotinfreie Substanzen besteuert. Die Besteuerung erfolgt durch einen rein spezifischen Steuersatz auf Grundlage des Volumens (Milliliter der Substanz). Der Steuertarif wird in den Jahren 2022 (ab 07/2022) und 2023 zunächst 16 Cent je Milliliter betragen und dann stufenweise bis 32 Cent je Milliliter ab dem Jahr 2026 erhöht.
5 Auswirkungen
Die Neuregelungen haben erhebliche finanzielle Auswirkungen für Wirtschaft und Verbraucher und wurden bereits vielfach kritisiert. Im Rahmen des Besteuerungsverfahrens ergeben sich für die Unternehmen Mitwirkungspflichten, durch deren Erfüllung den Unternehmen ein erheblicher bürokratischer Aufwand entstehen wird, denn im Gegensatz zu den übrigen Verbrauchsteuerarten ist die Tabaksteuer durch Verwendung von Steuerzeichen zu entrichten. Insbesondere Hersteller von Substanzen für E-Zigaretten sollten sich rechtzeitig mit ihren kommenden tabaksteuerlichen Pflichten auseinandersetzen und neue Prozesse aufstellen. Die Tabakindustrie verweist weiterhin auch darauf, dass E-Zigaretten und Heat-not-Burn-Produkte deutlich weniger Schadstoffe enthalten als klassische Zigaretten, weil eine Verbrennung nicht stattfindet. Noch kritischer in diesem Zusammenhang ist die Besteuerung von Waren ohne Nikotin. Es ist daher fraglich, inwieweit das Ziel der Gesundheitsprävention durch die Steuererhöhung erreicht werden kann. Zudem kann die ungleiche Besteuerung der neuartigen Produkte in der EU ein Anreiz sein, vermehrt auf nicht in Deutschland versteuerte, günstigere Produkte aus dem EU-Ausland zurückzugreifen. Die schon lange angekündigte Novelle der Richtlinie (EU) 2011/64 des Rates v. 21.06.2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren (TabakStRL), die europaweit eine einheitliche Besteuerung sicherstellen soll, lässt auf sich warten. Bis dahin erlässt jeder Mitgliedstaat eigene Regelungen für neuartige Produkte, die gerade nicht zu einer Harmonisierung innerhalb der EU beitragen.
Ansprechpartner:

Dobrinka Atanasova
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht
+49 (0) 89 217 50 1255
Stand: 23.06.2021