Zum Jahreswechsel 2021/22 gab es wie so häufig auch einige neue zollrechtliche Regelungen. Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen:
1 Änderungen der Kombinierten Nomenklatur
Die Kombinierte Nomenklatur (KN) stellt das wichtigste Instrument dar, um die geltenden Bestimmungen für die Ein- und Ausfuhr der jeweiligen Waren zu ermitteln. Die KN ist in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 festgelegt. Dieser Anhang wird aufgrund geänderter Anforderungen regelmäßig angepasst. Solche Anpassungen sind immer wieder erforderlich, z. B. wegen geänderter Handelsvolumina bestimmter Produktgruppen, der Einführung neuer Produkte oder auch wegen neuer Zollaussetzungen (s. unten 2.). So erhielten Mund-Nasen-Schutzmasken infolge der Corona-Pandemie bereits zum 01.01.2021 zahlreiche eigene Unterpositionen. Zuvor stellten sie schlicht „andere konfektionierte Spinnstoffwaren“ dar. Zum 01.01.2022 trat hier eine neue Version in Kraft (s. Verordnung (EU) 2021/1832). Die neue Version beruht insbesondere auf Änderungen des Harmonisierten Systems (HS), das seinerzeit von der Weltzollorganisation festgelegt wurde. Das HS bildet die ersten sechs Ziffern der in der KN definierten Warennummern und gilt somit als Grundlage der KN. Änderungen des HS, auch historische, sind unter diesem Link verzeichnet.
Von den Änderungen betroffen sind u. a. Tabakerzeugnisse und pharmazeutische Stoffe. So wurde für Tabakprodukte und andere nikotinhaltige Produkte, die ohne Verbrennungsprozess konsumiert werden, die neue HS-Position 2404 eingeführt. Zudem werden Unterpositionen für überwachungspflichtige Waren geschaffen, z. B. die Unterpositionen 284441 bis 2844 44 HS zur leichteren Überwachung von Dual-Use-Waren, die radioaktive Elemente und Isotope enthalten.
2 Autonome Zollaussetzungen und Kontingente
Für bestimmte Güter, die in der EU nicht ausreichend produziert oder gewonnen werden, gelten autonome Zollaussetzungen. Diese werden alle sechs Monate veröffentlicht, jeweils zum 1. Januar und zum 1. Juli eines Jahres. Die Verordnung (EU) 2021/2278 vom 20.12.2021 enthält die ab 01.01.2022 geltenden autonomen Zollaussetzungen. Neu ist beispielsweise die Zollaussetzung für Teleskopwellen für Kraftfahrzeuge (ex 8708 94 20).
3 Einfuhren in das UK
Aufgrund des Brexits sind bei Warentransporten in das UK grundsätzlich bereits seit dem 01.01.2021 Zollanmeldungen abzugeben. Bislang war es im Rahmen einer Übergangsregelung möglich, die Waren im Zeitpunkt der Einfuhr vorerst nur in die Bücher aufzunehmen. Eine vollständige Zollanmeldung konnte bis zu sechs Monate später erfolgen. Diese Übergangsregelung ist nach mehrmaligen Verlängerungen nun ausgelaufen. Seit dem 01.01.2022 sind Zollanmeldungen bereits im Zeitpunkt der Einfuhr zwingend. Zusätzliche Erklärungen für besonders risikoreiche Produktgruppen und Kontrollen für Pflanzen und Lebensmittel werden erst zu verschiedenen Zeitpunkten im Laufe des Jahres erforderlich.
4 Anpassungen des IT-Systems ATLAS
Anhang I Teil C Tabelle 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1197 hat einen neuen Inhalt. Diese Tabelle enthält die bei Zollanmeldungen anzugebende „Art des Geschäfts“. Dabei stand z. B. der bislang wohl meistverwendete Code „11“ für einen endgültigen Kauf. Hinsichtlich dieser Geschäftsart ist durch die neue Regelung eine Aufteilung erfolgt. Es ist nun zwischen dem Handel durch oder mit privaten Verbrauchern und anderen Kaufgeschäften zu unterscheiden. Einen Überblick und eine Hilfestellung zu den neuen Arten des Geschäfts bietet der Leitfaden des Statistischen Bundesamts.
Im IT-System ATLAS wird diese Änderung erst zum 15.01.2022 umgesetzt. Zollanmeldungen, die auf Grundlage der alten Codeliste erstellt sind und die die Zollbehörden nicht bis zum 14.01.2022 23:59 Uhr angenommen haben, werden zurückgewiesen (s. ATLAS – Info 0232/21). Diese Zollanmeldungen müssen neu erstellt werden. Um Mehraufwand zu vermeiden, sollte eine Verwendung der alten Codes daher nur so lange erfolgen, wie erfahrungsgemäß noch mit einer rechtzeitigen Annahme der Zollanmeldung durch die Zollbehörden zu rechnen ist.
5 Neuerungen bei den Schweizer Zollbehörden
Die Schweizer Zollbehörden trugen bislang den Namen „Eidgenössische Zollverwaltung“ (EZV). Seit dem 01.01.2022 heißen sie nun „Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit“ (BAZG). Daher ist konsequenterweise auch der Internetauftritt der Schweizer Zollbehörden jetzt unter www.bazg.admin.ch zu erreichen. Die Namensänderung erfolgt im Rahmen einer geplanten umfassenden Modernisierung, die zu Vereinfachungen im Warenverkehr führen soll.
6 Neues Einfuhrverfahren für Bioerzeugnisse
Künftig werden biologische Erzeugnisse durch die Bio-Fachbehörden der Länder kontrolliert, nicht mehr durch die Zollbehörden. Bereits vor der Einfuhr ist daher bei der zuständigen Behörde durch Vorlage der entsprechenden Begleitdokumente eine Bio-Kontrollbescheinigung (COI) zu beantragen. Diese ist den Zollbehörden durch das IT-System TRACES zur Verfügung zu stellen. Andernfalls nehmen die Zollbehörden Zollanmeldungen für Bio-Erzeugnisse nicht an.
Ansprechpartner:
Dr. Christian Salder
Rechtsanwalt, Steuerberater,
Fachanwalt für Steuerrecht
Tel.: +49 89 217501285
christian.salder@kmlz.de
Stand: 11.01.2022