Umsatzsteuer Newsletter 60/2022
Blick ins Ausland
Folgende umsatzsteuerliche Änderungen gibt es in Europa: +++ Luxemburg senkt Steuersätze zum Jahreswechsel für ein Jahr +++ Schweiz erhöht Steuersätze ab 2024 +++ Belgien verlängert Anwendung des temporär gesenkten Steuersatzes auf Energie, verlängert Festsetzungsverjährung und passt Steuerschuldübergang an +++ Polen verlängert Anwendung der temporär gesenkten Steuersätze auf Lebensmittel und beendet Steuersatzsenkung für Kraftstoffe +++ Kroatien führt Euro als Landeswährung ein +++ Finnland senkt temporär Steuersätze für Elektrizität und für Personenbeförderung +++
Überblick 
Auch in diesem Jahr setzte sich der Trend hin zur kurzfristigen und zeitlich begrenzten Änderung der Mehrwertsteuersätze fort. Die Steuersatzänderungen sind teilweise allgemeiner Natur, teilweise beschränken sie sich auf bestimmte Güter oder Dienstleistungen. Dieser Trend macht sich bereits seit Beginn der Corona-Pandemie bemerkbar, wird durch die nach wie vor anhaltende Inflation in Europa (vgl. KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 08│2022) begünstigt und hält auch zum Jahreswechsel weiter an. Auf die damit verbundenen Änderungen müssen Unternehmen teilweise mit wenig Vorlaufzeit reagieren, um z. B. die Rechnungstellung oder die Steuerfindung im ERP-System anzupassen. Daher sollten alle international tätigen Unternehmen auch die aktuellen Entwicklungen im Ausland stets im Auge behalten. 
 
1 Belgien 
Belgien verlängert die Anwendung des temporär gesenkten Steuersatzes für die Lieferung von Energie. Bis zum 31.03.2023 gilt der Steuersatz von 6 % auf die Lieferung von Elektrizität, Erdgas und Fernwärme über Fernwärmenetze. 
 
Belgien verlängert zudem die Festsetzungsverjährung in Steuersachen: Bisher galt ein Zeitraum von 3 Jahren für regulär eingereichte Steuererklärungen. Im Fall von Betrug wurde der Zeitraum bisher auf 7 Jahre ausgeweitet. Diese Zeiträume werden ab dem 01.01.2023 teilweise verlängert. Im Standardfall bleibt es bei 3 Jahren. Für verspätete oder nicht eingereichte Steuererklärungen verlängert sich der Nacherklärungszeitraum auf 4 Jahre, wenn die belgische Finanzverwaltung Informationen zu Sachverhalten in Belgien aus dem Ausland erhalten hat, auf 7 Jahre und bei Betrug auf 10 Jahre. Im gleichen Zug werden die Zinsen auf nachzuzahlende Steuern von 9,6 % p.a. auf 8,0 % p.a. gesenkt. 
 
Darüber hinaus wird es ab 01.01.2023 eine Änderung bezüglich des Steuerschuldübergangs für Bauleistungen geben. Bislang ging die Steuerschuld nur dann auf den Leistungsempfänger über, wenn der Leistende im Inland ansässig war und der Leistungsempfänger ein in Belgien ansässiger, zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichteter Unternehmer oder ein ausländischer, jedoch in Belgien über einen Fiskalvertreter mehrwertsteuerlich registrierter Unternehmer war. Künftig werden in Belgien ansässige Unternehmer Bauleistungen dann auch an einen in Belgien lediglich regulär mehrwertsteuerlich registrierten Unternehmer unter Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens abrechnen können. Die Regelung zum Steuerschuldübergang für im Ausland ansässige Leistende wurde diesbezüglich bislang nicht angepasst.
 
2 Finnland
In Finnland wird vom 01.12.2022 bis zum 30.04.2023 temporär der Steuersatz auf die Lieferung von Elektrizität von 24 % auf 10 % gesenkt. Zudem wird temporär vom 01.01.2023 bis zum 30.04.2023 die Beförderung von Personen von der Mehrwertsteuer befreit.
 
3 Kroatien
Zum 01.01.2023 führt Kroatien den Euro als Landeswährung ein. Bis zum 31.12.2023 sind Unternehmen verpflichtet, die Preise auf den Rechnungen sowohl in der alten Landeswährung Kuna als auch in Euro auszuzeichnen. Für die Umrechnung der Preise ist der vom EU-Rat festgelegte Wechselkurs von 1 Euro = 7,53450 Kuna zu verwenden.
 
4 Luxemburg 
Zum 01.01.2023 senkt Luxemburg seine Steuersätze, befristet für ein Jahr bis zum 31.12.2023. Die Senkung der Steuersätze gilt generell. Der Regelsteuersatz wird von 17 % auf 16 %, der mittlere Steuersatz von 14 % auf 13 % und der ermäßigte Steuersatz von 8 % auf 7 % gesenkt. Der stark ermäßigte Steuersatz bleibt bei den bisherigen 3 %. Unternehmen mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen in Luxemburg müssen zum Jahreswechsel die Rechnungstellung anpassen. Die luxemburgische Finanzverwaltung hat zu Anwendungs- und Praxisfragen rund um die Steuersatzänderung bereits ein Schreiben herausgegeben. Die Erfahrung aus der Steuersatzsenkung 2020 in Deutschland hat gezeigt, dass bei zeitweise reduzierten Steuersätzen besonders Dauerleistungen fehleranfällig sind.
 
5 Polen 
Polen hat die Anwendung des temporär auf 0 % gesenkten Steuersatzes für Lebensmittel und Getränke auf unbestimmte Zeit verlängert (vgl. KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 08│2022). Die Anwendung des temporär auf 8 % gesenkten Steuersatzes auf Energie und den Verkauf von Kraftstoffen hingegen läuft zum Jahreswechsel aus, sodass ab 01.01.2023 hier wieder der Regelsteuersatz von 23 % zur Anwendung kommt. Zudem wird zum Jahreswechsel der Steuersatz auf landwirtschaftliche Düngemittel auf 8 % erhöht und ist dann bis zum 31.12.2024 anwendbar. Auf Düngemittel wird derzeit und noch bis zum Jahreswechsel der im Zuge der Maßnahme zur Unterstützung der Corona-Pandemie eingeführte Steuersatz von 0 % angewandt. 
 
6 Schweiz 
Der Regelsteuersatz wird von 7,7 % auf 8,1 % erhöht, der reduzierte Steuersatz von 2,5 % auf 2,6 % und der Sondersatz für Beherbergung von 3,7 % auf 3,8 %. Diese Erhöhung wird zum 01.01.2024 in Kraft treten und ist auf Dauer geplant. Unternehmen mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen in der Schweiz haben also noch etwas Zeit, ihre Prozesse an die Änderung der Steuersätze anzupassen. Das Informationsschreiben zu dieser Steuersatzänderung befindet sich bereits in der öffentlichen Beratung. Die finale Version des Schreibens wird für Anfang Februar 2023 erwartet.
 
Ansprechpartner:
 
 
Ronny Langer
Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
 
Stand: 23.12.2022