Umsatzsteuer Newsletter 47/2022
Plastic Packaging Tax – aktueller Überblick
Es besteht Einigkeit darüber, dass unnötiger Plastikmüll dringend vermieden werden muss und dass dort, wo Kunststoff unvermeidbar bleibt, davon so viel wie möglich wiederverwertet werden sollte. Um die Wirtschaft dazu zu bewegen, diese Ziele umzusetzen, werden Kunststoffverpackungen zunehmend mit Steuern und Abgaben belegt. Auch deutsche Unternehmer sind in vielen EU-Mitgliedstaaten oder Drittländern unter unterschiedlichsten Voraussetzungen abgabepflichtig. Unser Newsletter soll einen aktuellen Überblick über Plastic Packaging Taxes und Abgaben mit ähnlich gelagerten Zielsetzungen geben.
1 Hintergrund
Mit zunehmender Spürbarkeit der Klimakrise gewinnen die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit stetig an Bedeutung. Ein gewichtiger Aspekt ist dabei die Eindämmung umweltbelastenden Kunststoffabfalls. Unterstrichen wird dies auf supranationaler Ebene durch Beschlüsse von UN und EU. So erhebt die EU seit dem 01.01.2021 von ihren Mitgliedstaaten eine Abgabe auf nicht recycelten Kunststoffverpackungsabfall. Hierfür sind pro Kilogramm EUR 0,80 zu zahlen. Insbesondere diese EU-Abgabe hat einige Mitgliedstaaten dazu bewegt, bereits bestehende nationale Regelungen auszuweiten oder neue Regelungen zu etablieren. Die Mitgliedstaaten genießen dabei Entscheidungsfreiheit, ob und wie sie die Abgabe durch nationale Regelungen an die Unternehmen weitergeben. Eine Harmonisierung der Abgaben in der EU ist nicht vorgesehen. Die Abgaben können sich vom Steuergegenstand und Steuerpflichtigen, aber auch von der Art der Erhebung und Ausgestaltung der Steuer/Abgabe wesentlich unterscheiden. Die Abgabenpflicht trifft in der Regel auch nichtansässige Unternehmen. Die daraus resultierende Komplexität erfordert es daher, die Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedstaaten genau im Auge zu behalten. Aber auch außerhalb der EU etablieren sich nach und nach fiskalische Instrumente, um insbesondere den Abfall an Kunststoffverpackungen zu reduzieren.
 
2 Aktueller Länderüberblick zur Besteuerung von Kunststoffverpackungen 
Zwar nicht mehr als Mitglied der EU, aber als einer der aktuellen Akteure hat Großbritannien bereits zum 01.04.2022 eine Steuer auf in Großbritannien hergestellte oder eingeführte Kunststoffverpackungen mit einem Recyclinganteil von weniger als 30% eingeführt. Die Besteuerung erfolgt grundsätzlich pauschal mit GBP 200 pro Tonne. Ausnahmen gelten nur für eine Geringfügigkeitsschwelle oder z.B. für Kunststoffverpackungen von humanmedizinischen Produkten. Auch ausländische Unternehmer, die mit ihren Waren Kunststoffverpackungen nach Großbritannien einführen, müssen sich ab Überschreiten der Schwelle von 10 Tonnen Verpackungsmüll seit 01.04.2022 für die Plastic Packaging Tax beim britischen Fiskus registrieren lassen und quartalsweise Erklärungen abgeben und Steuern abführen.
 
Ab dem 01.01.2023 erhebt auch Spanien eine Steuer auf nicht wiederverwendbare Kunststoffverpackungen. Steuergegenstand sind Halbfabrikate zur Gewinnung entsprechender Verpackungen sowie Kunststoffprodukte für den Verschluss, die Vermarktung und die Aufmachung dieser Verpackungen. Die Steuer zielt auf den Endverbrauch in Spanien ab. Daher knüpft der Steuertatbestand an die Herstellung, den innergemeinschaftlichen Erwerb oder die Einfuhr in Spanien an. Entsprechend existieren Befreiungen bei Ausfuhr, innergemeinschaftlicher Lieferung oder Zerstörung der Verpackungen. Der Steuersatz in Spanien beträgt EUR 0,45 pro Kilogramm nicht recycelten Kunststoffs in o.g. Verpackungen. Auch in Spanien sind eine Registrierung und quartalsweise Meldung und Entrichtung Pflicht.
 
Nach bereits mehrfachen Verschiebungen sollte ursprünglich auch in Italien ab dem 01.01.2023 eine Steuer auf Einweg-Kunststoffverpackungen erhoben werden. Laut Pressemitteilung der italienischen Regierung vom 22.11.2022 wird die Einführung dieser Steuer jedoch erneut über das gesamte Jahr 2023 hinaus verschoben.
 
3 Überblick über Länder ohne / mit bestehenden oder anderweitigen Abgaben auf Kunststoffverpackungen
In Ländern wie Bulgarien, Dänemark, Estland, Lettland, Litauen, den Niederlanden, Rumänien, Slowenien und Ungarn existieren bereits seit längerer Zeit auf unterschiedlichste Weise ausgestaltete (Umwelt-)Abgaben auf (Kunststoff-)Verpackungen. Diese Abgaben wurden in der Vergangenheit z.T. bereits mehrfach erweitert oder angepasst. Erneute Erweiterungen oder Anpassungen sind insbesondere vor dem Hintergrund der EU-Abgabe denkbar. 
 
Portugal hat zum 01.07.2022 eine Abgabe in Höhe von EUR 0,30 auf Kunststoff-Einwegverpackungen von verzehrfertigen Mahlzeiten eingeführt. Ab 01.01.2023 wird die Abgabe auch auf entsprechende Verpackungen aus Aluminium erhoben.
 
Länder wie Belgien, Frankreich, Luxemburg, Österreich, Schweden und Tschechien hegen derzeit keine konkreten Pläne, die EU-Abgabe in Form von nationalen Steuern oder Abgaben auf Kunststoffverpackungen weiterzugeben. In Deutschland plant die Bundesregierung die EU-Abgabe zwar u.a. auf Hersteller entsprechender Verpackungen umzulegen. Konkrete Pläne zur praktischen Ausgestaltung existieren hierzulande jedoch bislang ebenfalls nicht. 
 
4 Herausforderungen und Handlungsempfehlungen
Insbesondere die Vielfalt und die Komplexität bestehender und neuer nationaler Regelungen stellen Unternehmen vor Herausforderungen. Werden die Vorgaben nicht, zu spät oder unzutreffend beachtet, drohen ggf. Vollstreckung oder Geldstrafen. Die zusätzliche finanzielle Belastung durch diese Abgaben beeinflusst die Preisgestaltung im operativen Geschäft. Interne Prozesse sind z.B. durch neue Dokumentationspflichten oder ergänzende Rechnungsanforderungen anzupassen. Dies erfordert wiederum einen frühzeitigen Einbezug von Steuer- und Rechtsabteilung.
 
Unternehmen, die Kunststoffverpackungen auf verschiedenen Stufen der Handelskette verwenden, sollten sich daher mit den jeweiligen nationalen Regelungen vertraut machen. So erfordern z.B. individuelle Definitionen von Kunststoff als Steuergegenstand oder umfangreiche Ausnahmeregelungen eine detaillierte Prüfung. Hierbei ist zu beachten, dass stellenweise zwar bereits Gesetze, aber noch keine dazugehörigen Durchführungsanweisungen existieren. 
 
Ansprechpartner:
 
 
Fresa Amthor
Rechtsanwältin, Steuerberaterin
Tel.: +49 (0) 89 217 50 1245
 
Stand: 29.11.2022