Umsatzsteuer Newsletter 46/2023
Zukunftsfinanzierungsgesetz: Fondsverwaltung für alle Alternativen Investmentfonds steuerfrei
Mit dem nun beschlossenen Zukunftsfinanzierungsgesetz weitet der Gesetzgeber die Umsatzsteuerbefreiung für die Fondsverwaltung auf alle Alternativen Investmentfonds aus. Die Gesetzesänderung greift schon zum 01.01.2024. Alle Beteiligten müssen daher schnell handeln. Wir geben einen Überblick über die neue Rechtslage und ihre wesentlichen Auswirkungen, insbesondere für Kapitalverwaltungsgesellschaften.
1 Hintergrund
§ 4 Nr. 8 Buchst. h UStG befreit die Verwaltung bestimmter Investmentvermögen von der Umsatzsteuer. Bis 30.06.2021 erstreckte sich die Regelung auf Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW, § 1 Abs. 2 KAGB) sowie auf mit diesen vergleichbare Alternative Investmentfonds (AIF, § 1 Abs. 3 KAGB). Bezüglich der Vergleichbarkeit hat der EuGH verschiedene Merkmale definiert und fordert im Wesentlichen, dass die AIF mit OGAW im Wettbewerb stehen. Insbesondere geschlossene Spezial-AIF blieben daher bislang bei der Umsatzsteuerbefreiung unberücksichtigt. Zum 01.07.2021 nahm der Gesetzgeber Wagniskapitalfonds in den Katalog der begünstigten Investmentvermögen auf. Dadurch konnten zusätzlich bestimmte in Wachstumsunternehmen investierende AIF (insb. EuVECA-Funds) unter die Steuerbefreiung fallen, ohne alle Anforderungen an die Vergleichbarkeit zu erfüllen. Eine Ausweitung der Steuerbefreiung auf alle Investmentvermögen lehnte der Gesetzgeber aufgrund unionsrechtlicher Bedenken des BMF damals noch ab. Die deutsche Steuerbefreiung blieb daher bislang hinter Ländern wie Luxemburg, Frankreich und Großbritannien zurück.
 
2 Rechtslage ab dem 01.01.2024
Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz weitet der Gesetzgeber die Steuerbefreiung begrüßenswerterweise nun doch auf alle Investmentvermögen i. S. d. KAGB aus, um eine Angleichung an die Rechtslage in anderen EU-Mitgliedstaaten zu erreichen. Neben OGAW fallen ab dem 01.01.2024 alle AIF unter die Steuerbefreiung. Eine Vergleichbarkeit mit OGAW ist nicht mehr notwendig. Auch auf die Qualifizierung als Wagniskapitalfonds kommt es nicht mehr an, weshalb diese aus dem Katalog der begünstigten Sondervermögen gestrichen werden. Die Umsatzsteuerfreiheit gilt künftig für die Verwaltung aller AIF, einschl. Private-Equity-, Venture-Capital-, Immobilien-, Infrastruktur- und Kryptofonds. Weiterhin umsatzsteuerpflichtig bleibt nur die Verwaltung von Investments, die nicht als AIF qualifizieren (insb. Investmentclubs und Ein-Anleger-Fonds). Hinsichtlich etwaiger unionsrechtlicher Bedenken fordert die Regierung das BMF auf, diese mit der EU-Kommission zu erörtern und auf eine einheitliche Handhabung innerhalb der EU hinzuwirken.
 
Unverändert beschränkt sich die Umsatzsteuerbefreiung auf die „Verwaltung“ des Fonds. Dabei bleibt es bei den durch die Rechtsprechung und Finanzverwaltung definierten Grundsätzen – und den damit verbundenen Abgrenzungsschwierigkeiten. Für verschiedene administrative Leistungen stellt sich häufig die Frage, ob diese eine steuerfreie Verwaltungsleistung darstellen oder zumindest als Nebenleistung zu den erbrachten Verwaltungstätigkeiten unter die Steuerbefreiung fallen. Auch ist der Begriff der Verwaltungsleistung in der Praxis vor allem immer dann strittig, wenn nur Einzelaufgaben der Verwaltung wahrgenommen werden. Die Steuerbefreiung kommt zwar grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn eine KVG einzelne Verwaltungstätigkeiten auf einen Dritten auslagert. Die ausgelagerten Aufgaben müssen jedoch ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung von Investmentvermögen spezifisch und wesentlich sein. Dies ist stets für den konkreten Einzelfall zu prüfen.
 
3 Wesentliche Folgen der Umsatzsteuerbefreiung
Der geänderte § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG tritt am 01.01.2024 in Kraft. Für die nach dem 31.12.2023 erbrachte Fondsverwaltung ist die Steuerbefreiung zwingend. Eine Übergangsregelung für bereits laufende Fonds ist nicht vorgesehen. Auch kann nach § 9 UStG nicht auf die Steuerfreiheit verzichtet werden. Die KVG hat daher schnellstmöglich zu überprüfen, inwieweit ihre Tätigkeit nach den schon bestehenden Grundsätzen als „Verwaltung“ anzusehen ist. Über ihre Verwaltungsleistung – und das hierfür erhobene Entgelt wie z. B. die Management Fee – hat sie sodann ohne Umsatzsteuer abzurechnen und auf die Steuerbefreiung hinzuweisen. Weist sie in der Rechnung dennoch Umsatzsteuer aus, führt dies grundsätzlich zu einer Steuerschuld nach § 14c UStG. Der Leistungsempfänger ist hieraus nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
 
Insoweit die KVG durch die Fondsverwaltung künftig steuerfreie Ausgangsumsätze erbringt, entfällt ihr Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen. Dies betrifft zum einen direkt der Fondsverwaltung zurechenbare Leistungen wie z. B. Beratungsleistungen. Lagert die KVG (einzelne) Tätigkeiten der Verwaltung aus, sollte neben dem Leistenden auch sie selbst prüfen, ob diese Tätigkeiten weiterhin der Umsatzsteuer unterliegen – und damit zu einer finalen Belastung führen – oder ob die Tätigkeiten nach den Grundsätzen für die Auslagerung künftig ebenfalls steuerfrei sind und entsprechend abgerechnet werden. Zum anderen wirken sich die steuerfreien Umsätze auf den Vorsteuerabzug aus Allgemeinkosten aus. Auch insoweit wird der Vorsteuerabzug – mangels weiterer steuerpflichtiger Umsätze – oftmals vollständig ausgeschlossen sein. Für in der Vergangenheit gezogene Vorsteuern ist zudem zu prüfen, inwieweit die geänderte Qualifizierung der Ausgangsumsätze eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG notwendig macht. 
 
Hat die KVG Räumlichkeiten angemietet, sollte sie die abgeschlossenen Mietverträge umgehend auf Informationspflichten, Schadensersatzpflichten oder Mieterhöhungen überprüfen. Diese sind denkbar, wenn der Vermieter der KVG für die Miete zur Umsatzsteuerpflicht optiert und die KVG sich verpflichtet hat, die Räumlichkeiten nur für zum Vorsteuerabzug berechtigende (steuerpflichtige) Umsätze zu verwenden. Durch die nun steuerfreien Umsätze der KVG verliert der Vermieter seine Optionsmöglichkeit und damit seine Vorsteuerabzugsberechtigung. Je nach Vereinbarung kann die KVG dem Vermieter dann zum Ersatz seines Vorsteuerschadens verpflichtet sein oder es greift eine Mieterhöhung zur Abgeltung des Schadens. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.


Ansprechpartnerin:
 
 
Laura Klein
Steuerberaterin, Master of Science (M.Sc.)
(Rechts- und Wirtschaftswissenschaften)
Telefon: +49 89 217501296
 
Stand: 27.11.2023