Umsatzsteuer Newsletter 43/2020
Jahressteuergesetz 2020 (Teil 12): Bußgeldvorschriften § 26a und § 26b UStG
Im zwölften Teil unserer Newsletter-Serie zum Jahressteuergesetz 2020 beleuchten wir die Änderungen bei den im Umsatzsteuergesetz normierten und bisher eher unbekannten Bußgeldtatbeständen. Diese Vorschriften dürften nach dem Inkrafttreten der Änderungen verstärkt in den Fokus der Finanzverwaltung rücken. Die Unternehmen sind daher aufgerufen, bereits jetzt ihre Prozesse – insbesondere ihre Zahlungsmodalitäten – zu überprüfen.
1 Hintergrund
Nach dem Gesetzesentwurf sollen die im Umsatzsteuergesetz normierten, bisher aber eher unbekannten Bußgeldtatbestände nachgeschärft werden. Diesen Vorschriften dürfte die Finanzverwaltung künftig verstärkt Beachtung schenken. Die Änderungen sollen zum 1.1.2021 in Kraft treten. Unternehmen sind aber gut beraten, bereits jetzt ihre Prozesse, insbesondere ihre Zahlungsmodalitäten, zu überprüfen. 
 
2 Zweck der Bußgeldvorschriften des Umsatzsteuergesetzes
Im Kern soll das JStG 2020 den § 26b UStG – bisher ein eher „zahnloser Tiger“ – sanktionsfähiger ausgestalten. Die Vorschrift ist erstmals zum 1.1.2002 in das Umsatzsteuergesetz eingefügt worden und von der Steuerhinterziehung nach den §§ 370, 378 AO streng abzugrenzen. Anders als bei der Steuerhinterziehung, bei der die Umsatzsteuer nicht oder nicht in voller Höhe bzw. nicht rechtzeitig festgesetzt wird, sanktioniert der Bußgeldtatbestand des § 26b UStG die nicht oder nicht vollständige Entrichtung der Umsatzsteuer zum Fälligkeitszeitpunkt.
 
Aus der aktuellen Datenanalyse des Instituts für Wirtschaftsforschung vom 7.1.2020 geht hervor, dass die EU mit sich selbst einen Handelsüberschuss i. H. v. EUR 305 Milliarden hat, der bei einer Erfassung aller Im- und Exporte eigentlich „null“ lauten müsste. Da Messfehler allein die systematische Abweichung nicht erklären können, scheint vielmehr ein massiver Umsatzsteuerbetrug – insbesondere in der Form sog. Karussellgeschäfte – die Ursache zu sein. Dieser kostet die EU-Staaten schätzungsweise EUR 30 bis 60 Milliarden pro Jahr.
Die Neufassung der Bußgeldvorschriften soll bessere Sanktionierungsmöglichkeiten bei Nichtentrichtung bzw. nicht vollständiger oder nicht rechtzeitiger Entrichtung der Umsatzsteuer schaffen. Einerseits dienen die Änderungen der Lösung von Vollzugsproblemen, die neben Haushaltsausfällen auch Wettbewerbsverzerrungen nach sich ziehen. Andererseits sollen die Änderungen bestehende Rechtsfragen und daraus resultierende Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung der Norm beseitigen, um effektiver insbesondere sog. Umsatzsteuerkarussellgeschäften entgegenzuwirken.
 
3 Überblick über die Anpassungen
Die Bußgeldvorschrift des § 26b UStG wird aufgehoben und modifiziert in die Bußgeldvorschrift des § 26a UStG eingefügt. Aus dem bisherigen Regelungsgehalt haben sich einige Unschärfen ergeben. Diesen begegnet der Gesetzgeber im Zusammenspiel mit der Einführung der §§ 18, 18i, 18j und 18k UStG-E sowie mit dem Streichen des Tatbestandsmerkmals „in einer Rechnung im Sinne von § 14 ausgewiesene Umsatzsteuer“. Letzteres soll die damit einhergehenden Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung der Norm (z. B. Nachweisprobleme, Rechnungsbegriff, Erfassung der „§-14c-UStG-Steuer“) beseitigen.
 
Bereits die aktuelle Fassung des § 26b UStG zielt darauf ab, dass die Steuerpflichtigen nicht nur den gesetzlichen Formerfordernissen entsprechende und inhaltlich richtige Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen einreichen, sondern auch die angemeldete Steuerschuld entrichten. Jedoch war eine Pflicht zur Zahlung bisher gesetzlich nicht normiert, so dass die Regelung des § 26b UStG teilweise ins Leere lief. Voraussetzung für die Sanktionierung einer Zahlungsverpflichtung ist aber ein verwaltungsrechtliches Gebot. Dem sollen nunmehr §§ 18, 18i, 18j und 18k UStG-E durch ein Gebot zur Entrichtung der fälligen Umsatzsteuer Rechnung tragen.
 
Der bisher in § 26a Abs. 2 und § 26b Abs. 2 geregelte Bußgeldrahmen wird mit Anpassungen in § 26a Abs. 3 UStG-E zusammengefasst. Die vorsätzliche Nichtzahlung bzw. nicht vollständige Zahlung der festgesetzten Umsatzsteuer zum Fälligkeitstag kann mit einem Ordnungsgeld von bis zu EUR 30.000 – vormals EUR 50.000 – geahndet werden.
 
4 Folgen der Anpassung und Handlungsempfehlung
Die Ausweitung der Sanktionierung birgt ein erhebliches finanzielles und organisatorisches Risiko für alle Unternehmer. Allein die vorsätzliche Nichtzahlung bzw. nicht vollständige Zahlung der festgesetzten Umsatzsteuer bis zum Ablauf des Fälligkeitstages soll geahndet werden und dies grundsätzlich bereits ab dem erstmaligen Verstoß. Eine Ahndung setzt der Gesetzesbegründung folgend jedoch vorsätzliches Verhalten voraus (§ 26b UStG i. V. m. § 377 AO, § 10 OwiG). Um einen solchen Vorwurf zu entkräften, sollte der Unternehmer durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass er seiner Zahlungsverpflichtung rechtzeitig nachkommt. Zu beachten ist auch, dass neben einem Ordnungsgeld zusätzlich die Möglichkeit der Festsetzung eines Säumniszuschlags besteht und darüber hinaus ein Organisationsverschulden nach § 130 OWiG mit einer Geldbuße bis zu EUR 1 Million geahndet werden kann.
 
Um Nachteile aus den geplanten Änderungen zu vermeiden, sollten Unternehmer prüfen, ob dem Finanzamt bereits eine Einzugsermächtigung erteilt wurde bzw. ob diese erteilt werden kann. Darüber hinaus sollten interne Prozesse und Arbeitsanweisungen im Rahmen eines steuerlichen IKS (Tax Compliance Management System) angepasst bzw. imple¬mentiert werden, um eine fristgerechte Entrichtung der fälligen Umsatzsteuer zu gewährleisten. Fällen nicht erfüllter Zahlungsverpflichtungen dürfte aufgrund der Gesetzesänderung erhöhte Aufmerksamkeit der Finanzverwaltung gelten, weshalb bereits jetzt die entsprechenden Strukturen überprüft bzw. geschaffen werden sollten.
 
Ansprechpartner:
 

Dr. Jochen Tillmanns
Rechtsanwalt, Dipl.-Finanzwirt (FH)
Tel: +49 211 54 095 381
E-Mail: jochen.tillmanns@kmlz.de
 

Stand: 11.08.2020