Umsatzsteuer Newsletter 42/2021
Steuerbefreiung für Beförderungsleistungen bei Ausfuhren ab dem 01.01.2022
Die Beförderung von Gegenständen der Ausfuhr ist unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG). Zum 01.01.2022 jedoch schränkt das BMF den bisherigen Anwendungsbereich der Steuerbefreiung erheblich ein. Waren bisher sämtliche Beförderungsleistungen im Zusammenhang mit der Ausfuhr steuerfrei, so gilt dies nunmehr ausschließlich für die Leistungen, die direkt an den Lieferer oder den Abnehmer der Ware erbracht werden.
Die Beförderung von Gegenständen der Ausfuhr ist unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG). Zum 01.01.2022 jedoch schränkt das Bundesfinanzministerium (BMF) den bisherigen Anwendungsbereich der Steuerbefreiung erheblich ein. Waren bisher sämtliche Beförderungsleistungen im Zusammenhang mit der Ausfuhr steuerfrei, so gilt dies nunmehr ausschließlich für die Leistungen, die direkt an den Versender (Lieferer) oder den Empfänger (Abnehmer) der Ware erbracht werden. Mit Schreiben vom 27.09.2021 klärt das BMF von den Unternehmen aufgeworfene Zweifelsfragen. Gleichzeitig ändert sich die Verwaltungspraxis nach zweimaliger Verlängerung der Übergangsfrist für Umsätze, die nach dem 31.12.2021 ausgeführt werden. 
 
1 Grundlage für Verschärfungen in der Rechtsprechung 
Grundlage dieser Einschränkung ist die Entscheidung des EuGH vom 29.06.2017 in der Rs. L.Ĉ. (C-288/16). Hierin hatte sich der EuGH mit der Reichweite der Steuerbefreiung für Beförderungsleistungen im Zusammenhang mit Ausfuhren beschäftigt. Im vorgelegten Sachverhalt war ein Logistikdienstleister mit dem Transport von Fahrzeugen von Lettland nach Belarus durch den Fahrzeuglieferanten beauftragt worden. Zur tatsächlichen Durchführung des Transports bediente sich der Logistiker eines Subunternehmers. Unter Verweis auf die enge Auslegung der Steuerbefreiungstatbestände entschied der EuGH, dass nur die unmittelbar an den Versender oder Empfänger der Gegenstände erbrachten Beförderungsleistungen von der Steuerbefreiung erfasst werden. Daher sei die vom Subunternehmer an den Logistiker ausgeführte Leistung als steuerpflichtig zu qualifizieren.
 
Das BMF hat die Grundsätze dieses Urteils bereits im Schreiben vom 06.02.2020 umgesetzt. Die Anwendung der Regelung wurde jedoch mit einer Übergangsfrist versehen, welche nunmehr zum 31.12.2021 ausläuft. 
 
2 Wegfall der Übergangsregelung für nach dem 31.12.2021 ausgeführte Leistungen
Die enge Auslegung der Steuerbefreiung für derartige Beförderungsleistungen, wie der EuGH sie vorgenommen hatte, war von der deutschen Finanzverwaltung bisher nicht angewendet worden. Mit dem neuen BMF-Schreiben wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (Abschn. 4.3.2 Abs. 3 und 4 UStAE) mit Wirkung zum 01.01.2022 angepasst. Demnach kommt in Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung die Steuerbefreiung nur für die Beförderungsleistung des Hauptfrachtführers, nicht aber des Unterfrachtführers in Betracht. Das BMF definiert als Hauptfrachtführer denjenigen Unternehmer, der die Beförderungsleistungen für den liefernden Versender oder Empfänger der Gegenstände ausführt. Unterfrachtführer sind Beförderungsdienstleister, die Leistungen an einen Unternehmer ausführen, der nicht Versender oder Empfänger in diesem Sinne ist. 
Für den Fall, dass der Beförderungsdienstleister für einen Auftraggeber sowohl als Haupt- wie auch Unterfrachtführer tätig wird, sieht das BMF-Schreiben eine Vereinfachungsregelung vor. Nach Abschn. 4.3.4 Abs. 3 Satz 6 UStAE beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn die Leistung insgesamt der Steuerpflicht unterworfen wird. Korrespondierend hierzu beanstandet die Finanzverwaltung auch den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nicht. 
Zum Nachweis der Befreiungsvoraussetzungen ist der Beförderungsdienstleister dazu verpflichtet, entsprechende Belege vorzuhalten. Das BMF-Schreiben sieht hierfür eine schriftliche Erklärung des Auftraggebers über die Versender- bzw. Empfängereigenschaft vor. 
 
3 Folgen für die Praxis
In den vergangenen Wochen haben viele Beförderungsdienstleister ihre Kunden bereits dazu aufgefordert, Erklärungen abzugeben, in welcher Rolle sie die Beförderungsleistung in Anspruch nehmen. Theoretisch müsste der Auftraggeber die Entscheidung, ob er den Dienstleister als Hauptfrachtführer oder Unterfrachtführer beauftragt, in jedem Einzelfall treffen und mitteilen. In der Praxis ist dies jedoch aufgrund des hohen Aufwands und der administrativen Herausforderungen kaum zu leisten. Viele Beförderungsdienstleister verlangen von ihren Kunden daher generelle Aussagen. Das birgt für die Unternehmen aber erhebliche steuerliche Risiken.
Erklärt der Auftraggeber, den Dienstleister als Unterfrachtführer zu beauftragen, kommt eine Steuerbefreiung nicht in Betracht. Der Dienstleister rechnet die Leistung dann als steuerpflichtig ab. Stellt sich das als falsch heraus, schuldet der Dienstleister die Steuer nach § 14c UStG. Der Leistungsempfänger kann keinen Vorsteuerabzug geltend machen. 
Gibt der Auftraggeber dagegen an, stets als Versender oder Empfänger zu handeln, ist die Beförderungsleistung steuerfrei. Dies kann bei Reihengeschäften und den hierbei geschlossenen Transportvereinbarungen problematisch sein. Soweit in einem Konzern Beförderungsleistungen zentral eingekauft und an die Töchter abgegeben werden, ist der eigentliche Beförderungsdienstleister bereits Unterfrachtführer. Gleiches gilt für den Warenversand von Marktplatzbetreibern. Anbieter von Fulfillment-Dienstleistungen wären als Hauptfrachtführer zu betrachten, Transportdienstleister als Unterfrachtführer. Eine Steuerbefreiung ist in diesen Fällen ausgeschlossen.
Nach dem Wortlaut des Abschn. 4.3.4 Abs. 3 S. 2 UStAE dürfte die Steuerbefreiung übrigens nicht für die Beförderung von Beistell- oder Reparaturwaren oder beim sonstigen (unternehmensinternen) Verbringen der Ware ins Drittland gelten. Ein liefernder Unternehmer als Versender fehlt in diesen Fällen nämlich. 
 
Unternehmer müssen aufgrund der Rechtsänderung dringend ihre Versandprozesse überprüfen. Insbesondere ist zu klären, ob eine pauschale Aussage gegenüber dem Beförderungsdienstleister möglich ist. Erklärungen gegenüber Beförderungsdienstleistern müssen unter Beachtung der bestehenden Versandstrukturen abgegeben werden. Das setzt in der Praxis auch voraus, dass die bestehenden Prozesse spontane Abweichungen nicht zulassen und die Verwendung einzelner Kundennummern gegenüber Transportdienstleistern zielsicher und kontrolliert funktioniert. 
 

Ansprechpartner:

Dr. Christian Salder
Rechtsanwalt, Steuerberater,
Fachanwalt für Steuerrecht
Tel.: +49 89 217501285
christian.salder@kmlz.de

Stand: 15.12.2021