Umsatzsteuer Newsletter 42/2020
Jahressteuergesetz 2020 (Teil 11): Grenzüberschreitende Preisnachlässe in der Leistungskette
Im elften Teil der KMLZ Newsletter-Serie erläutern wir die im Rahmen des JStG 2020 geplante Änderung bei grenzüberschreitenden Preisnachlässen in einer Leistungskette an einen in dieser Leistungskette nicht unmittelbar nachfolgenden Abnehmer. Mit Einführung des § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG-E soll eine Gesetzeslücke geschlossen werden. Mit Inkrafttreten des JStG 2020 wird es nicht mehr möglich sein, die Umsatzsteuer zu mindern, wenn Preisnachlässe in der Lieferkette an einen nicht unmittelbar nachfolgenden Abnehmer gewährt werden und dieser begünstigte Abnehmer steuerfrei erwirbt.
1 Hintergrund
Gewährt der leistende Unternehmer seinem Abnehmer nachträglich einen Preisnachlass, verringert sich gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG die Bemessungsgrundlage für seine Lieferung. Folglich kann der preisnachlassgewährende Unternehmer die Umsatzsteuer mindern. Der Leistungsempfänger hat entsprechend die Vorsteuern zu kürzen. Komplizierter wird es, wenn in Lieferketten der Preisnachlass nicht dem unmittelbaren Abnehmer, sondern einem in der Kette nachfolgenden Abnehmer gewährt wird. Bereits im Jahr 2002 hat der EuGH im Fall Elida Gibbs entschieden, dass in mehrstufigen Vertriebsketten nur derjenige Abnehmer seine Vorsteuer berichtigen muss, der wirtschaftlich von dem Rabatt begünstigt wird (EuGH C-317/94). Es brauchte noch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik, damit diese Regelung in § 17 Abs. 1 Sätze 4 – 5 UStG eingefügt wurde (EuGH C-428/98). In jüngster Zeit hatte sich der BFH erneut mit Preisnachlässen in Leistungsketten befasst, die zudem über die Grenze gewährt wurden (Az. XI R 25/12; V R 6/13). Hier sind zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden.
 
1.1 Preisnachlässe aus dem Ausland 
 
 
In dieser Fallkonstellation hat der BFH entschieden, dass der begünstigte Unternehmer (Abnehmer 2) seine Vorsteuer nur dann zu mindern hat, wenn der Umsatz des Rabattgebers im Inland steuerpflichtig ist. Sofern der Rabattgeber eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ausführt, braucht der begünstigte Abnehmer 2 seinen Vorsteuerabzug mangels steuerpflichtigen Inlandsumsatzes des Rabattgebers nicht zu mindern. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Voraussetzung für eine Vorsteuerkorrektur, dass sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert hat. In der Praxis dürfte es für die Abnehmer 2 schwer zu erkennen sein, ob der Umsatz des Rabattgebers im Inland zu einer Umsatzsteuerpflicht führt.
 
1.2 Preisnachlässe ins Ausland 
 
 
Den umgekehrten Fall – die Lieferung des Rabattgebers ist im Inland steuerpflichtig, während die Leistung an den begünstigten Abnehmer 2 steuerfrei ist – hat der BFH bislang nicht entschieden. In Abschnitt 17.2 UStAE wurden ergänzende Regelungen aufgenommen. Diese finden bislang aber keinen Niederschlag im Gesetz und sind daher für Steuerpflichtige nicht bindend. Somit können Rabattgeber, die im Inland eine steuerpflichtige Leistung ausgeführt haben, ihre Umsatzsteuer mindern, auch wenn es zu keiner korrespondierenden Vorsteuerkorrektur beim begünstigten Abnehmer 2 kommt. 
 
2 Geplante Änderung in § 17 UStG
Diese Gesetzeslücke soll nun mit Einführung des § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG-E geschlossen werden. Demnach soll bei Preisnachlässen und Preiserstattungen in einer Leistungskette an einen nicht unmittelbar nachfolgenden Abnehmer eine Minderung der Bemessungsgrundlage nur dann vorliegen, wenn der Leistungsbezug dieses Abnehmers im Inland steuerpflichtig ist. Sofern ein Unternehmer Preisnachlässe an einen nachfolgenden Abnehmer gewährt und die Lieferung an diesen begünstigten Abnehmer als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei ist, darf der Rabattgeber die Umsatzsteuer nicht mindern. Laut Gesetzesbegründung soll so die Neutralität der Umsatzsteuer gewahrt werden. Der unmittelbare Abnehmer kann den Vorsteuerabzug in voller Höhe geltend machen, da er vom Preisnachlass nicht profitiert (§ 17 Abs. 1 Satz 3 UStG). Daher sei es nicht gerechtfertigt, die Umsatzsteuer beim Rabattgeber zu mindern. Die Neuregelung soll bereits mit Inkrafttreten des JStG 2020 gelten, also ab dem Tag nach Verkündung. 
 
3 Hinweise für die Praxis
Bislang können sich Unternehmen auf den Wortlaut in § 17 Abs. 1 UStG berufen und eine Minderung der Umsatzsteuer geltend machen, auch wenn sie Preisnachlässe in einer Lieferkette nicht an den unmittelbar nachfolgenden Abnehmer gewähren und dieser begünstigte Abnehmer steuerfrei erwirbt. Mit Inkrafttreten des JStG 2020 wird diese Möglichkeit ausgeschlossen sein. Rabattgewährende Unternehmen sollten prüfen, welche Fallkonstellationen vorliegen und ob sie ihre Umsatzsteuer noch mindern können. 
 
Für Unternehmer, die Preisnachlässe an nicht unmittelbare Abnehmer einräumen, ist Vorsicht geboten. Sie müssen prüfen, ob die Leistung an den begünstigten Abnehmer im Inland der Umsatzsteuer unterliegt. Falls nicht, dürfen sie auch ihre Umsatzsteuer nicht mindern. 
 
Ansprechpartner:
 

Eveline Beer
Rechtsanwältin, Steuerberaterin,
Fachanwältin für Steuerrecht

Tel.: +49 211 54095335
eveline.beer@kmlz.de

Stand: 10.08.2020