Umsatzsteuer Newsletter 35/2021
Umsatzsteuerliche Beurteilung des Verlegeranteils – BMF-Schreiben vom 14.10.2021
Lange Zeit war unklar, wie die Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften an die Verlage (sog. Verlegeranteil) umsatzsteuerlich zu behandeln ist. Das neue BMF-Schreiben vom 14.10.2021 bringt nun Klarheit. Zwischen Verwertungsgesellschaften und Verlegern kann unter bestimmten Voraussetzungen ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch vorliegen.
1 BMF-Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Verlegeranteils
Als „Verlegeranteil“ werden Ausschüttungen bezeichnet, die Verwertungsgesellschaften an Verlage vornehmen. Die Verwertungsgesellschaften erzielen zum einen Einnahmen aus der Verwertung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten. Grundsätzlich bringen die Urheber diese Rechte zur treuhänderischen Verwertung in die Verwertungsgesellschaften ein. Zum anderen ergeben sich die Einnahmen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen nach § 27 sowie §§ 54, 54a und 54c Urheberrechtsgesetz (UrhG). Gesetzliche Vergütungsansprüche sind Zahlungsansprüche, die eine Kompensation für die erlaubte Nutzung urheberrechtlicher Schutzrechte darstellen. Hierunter fallen zum Beispiel die Abgaben, die Hersteller von Kopiergeräten an die Verwertungsgesellschaften entrichten müssen. 
 
Die erzielten Einnahmen schütten die Verwertungsgesellschaften nach Maßgabe ihres Verteilungsplans an ihre Mitglieder aus. Mitglieder sind sowohl Urheber als auch, unter bestimmten Voraussetzungen, die Verlage. Die Ausschüttungen an die Urheber unterliegen dem ermäßigten Steuersatz, da sie das Entgelt für die Rechteübertragung durch die Urheber darstellen. Unklar war jedoch bislang, wie der Verlegeranteil umsatzsteuerlich zu behandeln ist. Vor allem war fraglich, ob ein Leistungsaustausch zwischen Verlegern und Verwertungsgesellschaft vorliegt. Die Frage stellte sich insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Verlage in der Regel keine Rechte in die Verwertungsgesellschaft einbringen. Nun haben sich der Bund und die Länder auf eine einheitliche Rechtsauffassung verständigt. Nach dem vorliegenden BMF-Schreiben ist zwischen der Beteiligung an Einnahmen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen und der Beteiligung an Einnahmen aus urheberrechtlichen Nutzungsrechten zu unterschieden.
 
2 Verlegeranteil an Einnahmen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen
Bereits im Jahr 2017 hatte der EuGH im Verfahren SAWP (C-37/16) geurteilt, dass Urheber keine Leistungen an Hersteller und Importeure von Geräten und Speichermedien erbringen. Die Zahlung der gesetzlichen Vergütung habe vielmehr Entschädigungscharakter und sei damit nicht steuerbar. Das BMF stellt nun klar: Auch die Ausschüttung des Verlegeranteils aus Einnahmen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen unterliegt nicht der Umsatzsteuer. In Bezug auf gesetzliche Vergütungsansprüche liegt somit zwischen Verleger und Verwertungsgesellschaft kein Leistungsaustausch vor. Diese Klarstellung ist zu begrüßen.
 
Allerdings erbringt die Verwertungsgesellschaft Inkassoleistungen an die Verleger sowie Urheber, indem sie Gelder von den Zahlungsverpflichteten vereinnahmt und an Verleger sowie Urheber auskehrt. Diese Inkassoleistungen sind mit dem Regelsteuersatz zu versteuern. 
 
Die Gerätehersteller berechnen die Urheberrechtsabgaben, die sie an die Verwertungsgesellschaft entrichten, in der Regel bei Veräußerung des Gerätes an die Kunden weiter. Das BMF-Schreiben regelt, dass die in Rechnung gestellten Urheberrechtsabgaben die Bemessungsgrundlage für die Lieferung des Gerätes erhöhen. Im Ergebnis fällt somit Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz auf die Urheberrechtsabgabe an. 
 
3 Verlegeranteil an Einnahmen aus urheberrechtlichen Nutzungsrechten
Werden die Verlage an den Einnahmen aus urheberrechtlichen Nutzungsrechten beteiligt, kann zwischen Verwertungsgesellschaft und Verlag grundsätzlich ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch vorliegen. In diesem Fall ist die Ausschüttung des Verlegeranteils als Entgeltzahlung für eine Leistung des Verlegers an die Verwertungsgesellschaft anzusehen. Elementare Voraussetzung ist, dass der Verleger qualifizierte verlegerische Leistungen an die Verwertungsgesellschaft erbringt. Ein Katalog derartiger Leistungen ist im BMF-Schreiben aufgeführt. Hierzu zählen neben dem klassischen Verlegen des Werkes auch Service- und Administrations- sowie Vermittlungsleistungen. Erbringt der Verleger zumindest eine der Katalogleistungen, fällt Umsatzsteuer in Höhe von 19 % auf den Verlegeranteil an. Hieraus kann die Verwertungsgesellschaft grundsätzlich den Vorsteuerabzug geltend machen.
 
Erbringt der Verleger hingegen keine der im BMF-Schreiben aufgezählten Leistungen, liegt kein Leistungsaustausch zwischen Verleger und Verwertungsgesellschaft vor. Es soll dann auf die jeweiligen Regelungen im Verteilungsplan der Verwertungsgesellschaft und im Verlagsvertrag abgestellt werden. Je nach Fallgestaltung kann der Verlegeranteil als Entgelt von dritter Seite für eine Leistung des Verlegers an den Urheber zu betrachten sein. Oder der Verlegeranteil kann als Zahlung des Urhebers an den Verleger im abgekürzten Zahlungsweg für eine Leistung des Verlegers an den Urheber gelten. In beiden Varianten müsste das in der Praxis etablierte Abrechnungssystem der Verwertungsgesellschaften geändert werden. Die Verwertungsgesellschaften hätten keinen Vorsteuerabzug mehr aus der Ausschüttung des Verlegeranteils. Da viele Urheber Kleinunternehmer sind, könnten sie mit nicht abzugsfähiger Vorsteuer belastet werden. 
 
4 Handlungsempfehlung
Das BMF-Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Für sämtliche bis Ende 2021 entstandenen Vergütungsansprüche gilt eine Nichtbeanstandungsregelung. Spätestens dann müssen die Verwertungsgesellschaften ihre Abrechnungspraxis nach den Grundsätzen im BMF-Schreiben ausrichten. Verwaltungsgesellschaften, Urheber und Verleger sind daher gut beraten, ihre Leistungsbeziehungen zu überprüfen und ggf. anzupassen. Gerade im Bereich der urheberrechtlichen Nutzungsrechte gibt es einigen Gestaltungsspielraum. 
 
Ansprechpartner:
 

Eveline Beer
Rechtsanwältin, Steuerberaterin,
Fachanwältin für Steuerrecht

Tel.: +49 211 54095335
eveline.beer@kmlz.de

Stand: 28.10.2021