Umsatzsteuer Newsletter 29/2023
EuGH: Weiterverkauf von Hotelkontingenten unterfällt der Sonderregelung für Reiseleistungen
Auch beim Weiterverkauf von Hotelkontingenten findet die Margenbesteuerung Anwendung. Was bereits nach dem EuGH-Urteil in der Rs. Alpenchalets Resorts auf der Hand lag, bestätigte der EuGH in seinem Urteil vom 29.06.2023 nun ausdrücklich. Einziger Ausweg für Unternehmen, die Hotelzimmer ein- und verkaufen, um die Margenbesteuerung zu vermeiden, ist die Umstellung auf ein Vermittlungsmodell.
1 Hintergrund
Für Reiseleistungen gibt es in der EU umsatzsteuerliche Sonderregelungen. Diese finden sich in Deutschland in § 25 UStG, der seit dem Jahressteuergesetz 2019 auch B2B-Leistungen mit umfasst. Danach gelten die Reiseleistungen als dort erbracht, wo der Leistende ansässig ist. Die Differenzbesteuerung ist anzuwenden und der Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen ausgeschlossen. Der EuGH entschied in seinem Urteil vom 29.06.2023 (Rs. C-108/22) über die Frage, ob diese Sonderregelung für Reiseleistungen auch für den bloßen Weiterverkauf von Hotelkontingenten an Unternehmen ohne zusätzliche Leistungen Anwendung findet. 
 
2 Sachverhalt
Die Klägerin ist ein sog. Konsolidierer von Hoteldienstleistungen. Sie kauft in eigenem Namen und auf eigene Rechnung Beherbergungsleistungen in Hotels und anderen Einrichtungen mit ähnlicher Funktion ein und verkauft diese Leistungen dann weiter an ihre Kunden. Die Kunden sind ausschließlich Unternehmer. Je nach den Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden berät die Klägerin auch bei der Wahl der Unterkunft und ist bei der Reiseplanung behilflich. In den meisten Fällen bietet sie dem Kunden jedoch keine Zusatzleistungen in Form von Reiseinformationsdiensten oder Reiseberatung an. Der Preis für die weiterverkaufte Beherbergungsleistung umfasst die Kosten für den Erwerb der Beherbergungsleistung zuzüglich einer Transaktionsgebühr.
 
3 Entscheidung des EuGH
Wie der EuGH feststellt, setzt die Sonderregelung für Reiseleistungen voraus, dass die Reisebüros gegenüber dem Reisenden im eigenen Namen auftreten und für die Durchführung der Reise Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Diese Voraussetzungen waren im Vorlageverfahren erfüllt. Damit lagen bei der Klägerin die materiellen Voraussetzungen zur Anwendung der Sonderregelung vor. Nach Auffassung des EuGH waren die Tätigkeiten der Klägerin mit denen eines Reisebüros oder eines Reiseveranstalters identisch oder zumindest vergleichbar.
 
Die entscheidende Frage war jedoch, ob die Anwendung der Sonderregelung voraussetzt, dass die Klägerin neben dem Weiterverkauf der Hotelkontingente zusätzliche Leistungen erbringt. Dies verneint der EuGH unter Verweis auf seine Entscheidung in der Rs. Alpenchalets Resorts (EuGH, Urt. v. 19.12.2018, Rs. C-552/17). Danach genügt die bloße Bereitstellung einer Ferienunterkunft durch Reisebüros für die Anwendung der Sonderregelung, selbst wenn diese Leistung nur die Unterbringung umfasst. Der EuGH stellt klar, dass diese Rechtsprechung zwar im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Ferienwohnungen erging, aber auch auf den vorliegenden Fall des Weiterverkaufs von Hotelkontingenten Anwendung findet.
 
4 Praxisfolgen
Der EuGH benötigte lediglich 31 Randzeichen, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass die Sonderregelung für Reiseleistungen auch beim Weiterverkauf von Hotelkontingenten Anwendung findet. Das Ergebnis überrascht nicht. Denn dies ließ sich bereits aus der EuGH-Entscheidung in der Rs. Alpenchalets Resorts folgern. Einziger Unterschied ist, dass es in der Rs. Alpenchalets Resorts um die Bereitstellung von Ferienwohnungen ging und im vorliegenden Fall um den Weiterverkauf von Hotelkontingenten. Dass dieser geringfügige Unterschied im Ergebnis nicht zu einer abweichenden umsatzsteuerrechtlichen Behandlung führen kann, leuchtet ein. Daher muss sich das polnische Gericht die Frage gefallen lassen, mit welcher Begründung es den EuGH um Entscheidung bat, wenn doch die durch die Rechtsprechung geklärte Rechtslage keinen vernünftigen Zweifel offenlässt („acte éclairé“). 
 
Die Sonderregelung für Reiseleistungen ist als Vereinfachungsregelung konzipiert und soll verhindern, dass Reisebüros ihren umsatzsteuerlichen Pflichten in unterschiedlichen Mitgliedstaaten nachkommen müssen. In der Praxis wird der § 25 UStG dem Vereinfachungszweck jedoch nicht immer gerecht. Denn die Regelung betrifft nicht nur klassische Reiseveranstalter, sondern z. B. auch konzerninterne Leistungsverrechnungen. Insbesondere stellen die zutreffende Berechnung der Marge sowie die Fälle mit Drittlandsbeteiligung die betroffenen Unternehmen regelmäßig vor große Herausforderungen. 
 
Einziger Ausweg ist die Umstellung auf ein Vermittlungsmodell. Denn soweit die betroffenen Unternehmen die Hotelkontingente lediglich im Namen und für Rechnung des Kunden einkaufen, findet die Sonderregelung für Reiseleistungen keine Anwendung. Da es sich bei dem Vermittler von Hotelkontingenten regelmäßig um eine digitale Plattform handelt, ist seit dem 01.01.2023 der Anwendungsbereich des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes (PStTG) eröffnet. Denn bei der Bereitstellung von Hotelkontingenten handelt es sich um eine meldepflichtige Tätigkeit des Anbieters (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PStTG). Dann muss der Vermittler seinen Meldepflichten nach dem PStTG gegenüber dem BZSt nachkommen (vgl. KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 08 | 2023).
 

Ansprechpartner:

 

Dr. Matthias Oldiges
Rechtsanwalt
Tel.: +49 211 54 095 366
 
Stand: 04.07.2023