Umsatzsteuer Newsletter 28/2023
BMF-Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Weiterbelastung von Marktgebühren und Vorkosten
Das BMF ergänzt den Umsatzsteueranwendungserlass bezüglich der umsatzsteuerlichen Behandlung der Kostenweiterbelastung. Das BMF regelt dadurch typische Anwendungsfälle. Darüber hinaus liefert das BMF-Schreiben wertvolle Hinweise für die umsatzsteuerliche Einordnung der Weiterbelastung von Kosten allgemein. Damit übernimmt das BMF die Rechtsgrundsätze des BFH, die das Gericht im letzten Jahr aufgestellt hatte. Demnach kommt es entscheidend darauf an, im Interesse welcher Partei die Kosten anfallen.
1 Einleitung
Mit Schreiben v. 20.06.2023 hat das BMF zur umsatzsteuerlichen Behandlung sog. Vermarktungsgebühren von Erzeugergemeinschaften im Bereich Obst und Gemüse sowie sog. Vorkosten im Zusammenhang mit der Lieferung von Vieh an Schlachtbetriebe Stellung genommen. Derartige Kosten fallen in der Regel bei Erzeugergemeinschaften bzw. Schlachthöfen an und werden von den Unternehmern an die Mitglieder bzw. Zulieferer weitergegeben. Das BMF-Schreiben hat daher grundlegende Bedeutung für alle Fälle der Kostenweiterbelastung.
 
2 Hintergrund
Hintergrund des BMF-Schreibens sind zwei Beschlüsse des BFH, in denen dieser die Annahme eines Entgelts für eine eigenständige sonstige Leistung jeweils ablehnte und stattdessen eine Minderung der Bemessungsgrundlage annahm.
 
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Vermarktungsgebühren entschied der BFH mit Beschluss v. 13.09.2022 (XI R 8/20). Danach stellt die Erhebung von Marktgebühren für die Vermarktung von Lebensmitteln durch eine Erzeugergemeinschaft ihren Mitgliedern gegenüber kein Entgelt für eine Vermarktungsleistung der Erzeugergemeinschaft an die Mitglieder dar. Die Vermarktung führe vielmehr dazu, dass die Erzeugergemeinschaft höhere Verkaufspreise für die Lebensmittel bei ihren Kunden erzielen könne, und erfolge damit im eigenen Interesse der Erzeugergemeinschaft. Die Vermarktungsgebühr sei daher kein Entgelt für eine eigenständige Leistung. Stattdessen handele es sich um eine Minderung der Bemessungsgrundlage für die Lieferungen der Mitglieder an die Erzeugergemeinschaft.
 
Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Vorkosten, die bei einem Schlachthof angefallen waren, musste der BFH mit Beschluss v. 11.10.2022 (XI R 12/20) entscheiden. Danach begründen Kosten, die im Rahmen der Schlachtung von Vieh entstehen und die der Schlachthof den Lieferanten der Tiere vom Kaufpreis für die Tiere abzieht, keine sonstige Leistung des Schlachthofes an die Lieferanten des Schlachtviehs. Die sog. Vorkosten erfolgten im eigenen Interesse des Schlachthofes. Die Weitergabe der Kosten begründe daher keinen eigenständigen Leistungsaustausch. Auch in diesem Fall handele es sich um eine Minderung der Bemessungsgrundlage des Entgelts für die Lieferung der Tiere.
 
3 BMF-Schreiben vom 20.06.2023
Beide Beschlüsse des BFH waren bislang nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Das BMF schließt sich nun der Auffassung des BFH an und verpflichtet die Finanzämter, die Urteilsgründe in allen offenen Fällen anzuwenden. 
 
Das BMF bleibt durch die Übernahme der beiden o. g. BFH-Beschlüsse seiner Linie treu. Zur Abgrenzung stellte das BMF bereits in Bezug auf die umsatzsteuerliche Behandlung eines Werbekostenzuschusses auf die Frage ab, in wessen Interesse die (Werbe-)Leistung erfolgt. Dies wird durch die Ergänzung des UStAE bestätigt. Sofern der Unternehmer ein eigenes Interesse an den Vorgängen hat, die bei ihm zu Kosten geführt haben, begründet allein die Weitergabe dieser Kosten laut BMF keinen Leistungsaustausch. Die Weitergabe der Kosten ist in diesen Fällen vielmehr als Minderung der Bemessungsgrundlage für die zugrunde liegende Leistung zwischen Unternehmern und Lieferant anzusehen (vgl. dazu fortan Abschn. 1.1 Abs. 26 Satz 2 UStAE).
 
4 Folgen für die Praxis
In Fällen der Kostenweiterbelastung ist die Abgrenzung zwischen einem eigenständigen Leistungsaustauschverhältnis und einer Entgeltminderung elementar. Unternehmen können sich dafür an den vom BMF aufgestellten Kriterien orientieren. Anknüpfungspunkt ist dabei u. a. das Kriterium der eigenständigen Leistung. Fallen weitergegebene Kosten im eigenen Interesse des Unternehmers an, stellen diese den Lieferanten des Unternehmers gegenüber grundsätzlich kein Entgelt für eine sonstige Leistung dar. Stattdessen liegt eine Minderung der Bemessungsgrundlage für die zugrunde liegende Lieferung vor (§ 17 UStG). Besteht hingegen eine vertragliche Verpflichtung des Unternehmers zur Erbringung der abgerechneten Leistung, spricht dies für die Annahme eines eigenständigen Leistungsaustauschverhältnisses. Stellt der Unternehmer dem Lieferanten jedoch eigene Kosten in Rechnung, durch die der Lieferant keinen erkennbaren Mehrwert erhält, ist dies ein Indiz für eine Entgeltminderung.
 

Ansprechpartner:
 
 
Bettina Finken
Rechtsanwältin, Dipl.-Finanzwirtin (FH)
Tel.: +49 211 54095346
 
Stand: 30.06.2023