Umsatzsteuer Newsletter 28/2021
(Umsatz-)Steuerliche Erleichterungen für von der Flutkatastrophe betroffene Unternehmen und Helfer
Mitte Juli haben schwere Unwetter in weiten Teilen Deutschlands gewütet und enorme Schäden angerichtet. Dies betrifft vor allem Regionen in Rheinland-Pfalz und NRW, aber auch in Bayern und Sachsen. Die Finanzverwaltung hat hierauf mit vielfältigen Billigkeitsmaßnahmen reagiert. Dadurch sollen zumindest die finanziellen Schäden für betroffene Unternehmen abgemildert werden. Außerdem will die Finanzverwaltung die große Hilfsbereitschaft durch private sowie öffentliche Unternehmen fördern, indem sie auf die Besteuerung unentgeltlicher Wertabgaben und Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG für einen begrenzten Zeitraum verzichtet.
1 Flutkatastrophe in Deutschland: Steuerliche Erleichterungen für betroffene Unternehmen 
Die Flutkatastrophe von vor gut drei Wochen hat weite Gebiete Deutschlands verwüstet. Auch zahlreiche Unternehmen sowie Steuerberater sind von den Auswirkungen betroffen. Die Schäden sind vielfältig und reichen vom Ausfall von Mitarbeitern bis zur Zerstörung von Betriebsgebäuden. Dazu leiden Unternehmen in den überschwemmten Gebieten unter der Beschädigung der Infrastruktur und der Unterbrechung von Lieferketten, so dass Umsatzeinbußen und Gewinnausfälle zu erwarten sind. Zugleich ist unmittelbar nach den Unwettern eine große Welle der Hilfsbereitschaft angelaufen. Zahlreiche Unternehmen unterstützen die betroffenen Regionen durch Spendengelder und Hilfslieferungen, aber auch durch den Einsatz von Maschinen und Arbeitskräften. 
 
Einige Bundesländer haben darauf mit Sondererlassen reagiert, u. a. NRW mit einem umfangreichen Katastrophenerlass vom 23.07.2021. Die Sondererlasse der Länder sehen eine ganze Reihe an Billigkeitsregelungen vor. Die Finanzbehörden greifen hier zum Teil auf die schon bekannten Regelungen aus der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zurück. So sind etwa die Herabsetzung von Steuervorauszahlungen, zinslose Stundungen und der Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen vorgesehen. Neben Erleichterungen für Geldspenden gibt es auch spezielle Billigkeitsmaßnahmen für besonders betroffene Land- und Forstwirte. Ebenso werden Möglichkeiten der Sonderabschreibungen und Rücklagenbildung geregelt. Das Bundesfinanzministerium hat ebenfalls reagiert. Das BMF-Schreiben vom 23.07.2021 sieht einige umsatzsteuerliche Sonderregelungen vor, um zum einen die Folgen für geschädigte Unternehmen abzumildern und zum anderen das Engagement privater und öffentlicher Unternehmen zu fördern.
 
2 Fristverlängerung für Umsatzsteuerjahreserklärungen und -voranmeldungen 
Einige Bundesländer gewähren eine Fristverlängerung für alle demnächst fälligen Jahressteuererklärungen bis zum 31.10.2021 bzw. bis zum 02.11.2021. Das gilt insbesondere für die Umsatzsteuerjahreserklärung 2019, deren Frist bereits durch die Sonderregelungen infolge der Corona-Pandemie bis zum 31.08.2021 verlängert wurde. Ebenso können Steueranmeldungen, die am 10.08.2021 sowie am 10.09.2021 fällig wären, bis zum 10.10.2021 abgegeben werden. Hierzu zählen die Umsatzsteuervoranmeldungen für Juli und August 2021 sowie bei Unternehmen mit Dauerfristverlängerung auch die Umsatzsteuervoranmeldung für Juni 2021 bzw. das zweite Quartal 2021. Dies gilt auch für Steuerberater, die aufgrund des Unwetters Erklärungen ihrer Mandanten nicht rechtzeitig abgeben können. Je nach Bundesland ist ein Antrag erforderlich. Die Fristverlängerung gilt laut entsprechender Ländererlasse nach derzeitigem Stand in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Andere Bundesländer haben aber bereits verkündet, die Regelungen entsprechend anzuwenden. Betroffene Unternehmen sollten sich mit ihrem zuständigen Finanzamt in Verbindung setzen. Es ist zu erwarten, dass großzügige Fristverlängerungen gewährt werden.
 
3 Herabsetzung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2021
Für alle von der Flutkatastrophe betroffenen Unternehmen besteht die Möglichkeit, die Sondervorauszahlung für 2021 auf bis zu null herabsetzen zu lassen. Hierfür ist ein Antrag beim zuständigen Finanzamt erforderlich. Die bereits entrichtete Sondervorauszahlung wird sodann erstattet, so dass sich ein Liquiditätsvorteil ergibt. Die Dauerfristverlängerung wird hiervon nicht beeinträchtigt. 
 
4 Keine Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG bei unentgeltlicher Überlassung von Wohnraum an Flutopfer
Infolge der Hochwasserkatastrophe ist eine Vielzahl von Wohnhäusern zerstört oder zumindest vorübergehend unbewohnbar geworden. In kürzester Zeit mussten Notunterkünfte und Ausweichquartiere geschaffen werden. Sowohl Unternehmen der öffentlichen Hand als auch private Unternehmer haben sich solidarisch gezeigt und Betroffenen Wohnraum unentgeltlich zur Verfügung gestellt. So werden u. a. Hotelzimmer, Ferienwohnungen und Arbeitnehmerwohnungen an durch die Flutkatastrophe obdachlos gewordene Menschen sowie an Helfer im Katastrophengebiet kostenlos überlassen. Die Finanzverwaltung möchte das Engagement fördern und sieht daher in diesen Fällen von der Umsatzbesteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG ab. Gleichzeitig entfällt die Pflicht zur Korrektur der Vorsteuer nach § 15a UStG. Trotz der unentgeltlichen Wohnraumüberlassung kann die Vorsteuer aus Nebenleistungen in Zusammenhang mit der Wohnraumüberlassung, zum Beispiel aus dem Bezug von Strom und Wasser, geltend gemacht werden. Diese Regelung gilt vorerst bis zum 31.12.2021. 
 
5 Keine Umsatzbesteuerung bei unentgeltlicher Verwendung von Investitionsgütern oder Personalgestellung, Sachspenden
Sofern dem Unternehmen zugeordnete Gegenstände bei Erwerb zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, unterliegt die unentgeltliche Verwendung der Gegenstände grundsätzlich der Umsatzsteuer gem. § 3 Abs. 9a UStG. Entsprechendes gilt für die unentgeltliche Erbringung sonstiger Leistungen durch Unternehmer. Bis zum 31.10.2021 verzichtet die Finanzverwaltung in diesen Fällen auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe.
 
Ebenso lösen qualifizierte Sachspenden von Gegenständen, die dem Unternehmen zugehören, im Zeitraum 15.07.2021 bis 31.10.2021 keine Umsatzsteuer aus, berechtigen aber zum Vorsteuerabzug, sofern sie Opfern der Flutkatastrophe unmittelbar zugutekommen. Das BMF-Schreiben enthält eine Aufzählung der begünstigten Gegenstände.
 
Ansprechpartner:
 

Eveline Beer
Rechtsanwältin, Steuerberaterin,
Fachanwältin für Steuerrecht

Tel.: +49 211 54095335
eveline.beer@kmlz.de

Stand: 10.08.2021