Umsatzsteuer Newsletter 27/2023
Umwelt- und Verpackungssteuerpflichten in Ungarn und Polen ab Juli 2023
Auch unsere östlichen Nachbarn Ungarn und Polen ziehen die Zügel in Sachen Umweltauflagen und Vermeidung von Einwegkunststoffen straffer. Bereits ab Juli 2023 greifen hier erweiterte Herstellerhaftung, Green Taxes und Pflichten aus der Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie. Diese Verpflichtungen gelten auch für ausländische Unternehmer und Webshops, die in Ungarn oder Polen Verpackungen oder bestimmte als umweltschädlich qualifizierte Produkte auf den Markt bringen.
1 Umweltgesetze und Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie in Osteuropa
Unternehmen, die in Ungarn und Polen tätig sind, müssen im Bereich Umwelt- und Verpackungsabgaben ihre Pflichten klären und umsetzen. Schon ab 01.07.2023 erweitert Ungarn seine Hersteller-(und Inverkehrbringer-)Haftung und dehnt den Anwendungsbereich seiner Green Tax auf ausländische Webshop-Betreiber aus. 
 
Polen verlangt bis 24.08.2023 ebenfalls eine Registrierung betroffener ausländischer Unternehmen im Abfallregister und legt für den Zeitraum ab 01.01.2024 sukzessive verschiedene Abgabe- und weitere Handlungsverpflichtungen fest.
 
2 Ungarn
In Ungarn kommen gleich mehrere Verpflichtungen auf Unternehmen zu, die teilweise gleichzeitig greifen: Zum 01.07.2023 führt Ungarn eine Erweiterung der Herstellerhaftung als Umweltsteuer ein (Extended Producer Responsibility Scheme, kurz EPR). Erfasst sind davon bestimmte Produkte, die als umweltschädlich eingestuft wurden (bspw. Verpackungen, verschiedene elektronische Geräte, Reifen, Batterien, Schmiermittel, Motorfahrzeuge, diverse Papier- und Textilprodukte etc.). Abgabepflichtig sind nicht nur die Hersteller der Produkte, sondern auch diejenigen Unternehmen, die die Produkte selbst verwenden oder erstmals auf den ungarischen Markt bringen. Es ist zu erwarten, dass eine Vielzahl von Unternehmern, die auf dem ungarischen Markt aktiv sind, von der neuen Umweltsteuer betroffen sein werden. Es gibt keine Mindestschwelle für die EPR-Pflicht. Zur Erfüllung ihrer EPR-Verpflichtungen müssen ausländische Unternehmen einen ungarischen Fiskalvertreter beauftragen. Wo noch nicht erfolgt, ist eine Registrierung umgehend nachzuholen. Ferner verlangt die EPR-Pflicht neben der Entrichtung einer erweiterten Herstellerhaftungsgebühr das Führen bestimmter Aufzeichnungen und die Ergänzung bestimmter Angaben auf den Rechnungen.
 
Daneben dehnt der ungarische Fiskus die Abgabepflicht für die bereits einige Zeit existierende Green Tax auf nicht in Ungarn ansässige Webshop-Betreiber aus, die bestimmte Produkte (bspw. elektronische Geräte, Schönheitspflegeprodukte, Batterien, Schmiermittel etc.) an ungarische Endverbraucher verkaufen. Zu den meldepflichtigen Produkten gehören auch Verpackungen für alle Arten von Waren. Unternehmen, die ab 01.07.2023 solche Produkte verkaufen, müssen sich dazu spätestens bis zum 15.07.2023 bei den ungarischen Behörden für die Green Tax registrieren. Auch hier ist für die Steuerpflicht keine Mindestschwelle an verwendeten Verpackungen vorgesehen. Bei geringen Mengen können aber Vereinfachungsregelungen wie jährliche Pauschalen greifen.
 
3 Polen
Auch Polen hat nun die EU-Einwegkunststoffrichtlinie 2019/904 mit Gesetz vom 24.03.2023 umgesetzt. Handlungsbedarf entsteht zu den einzelnen Regelungen schrittweise zwischen Mitte 2023 und 2025. 
 
Betroffen sind Unternehmen, die entsprechende Produkte einführen, innergemeinschaftliche Erwerbe solcher Produkte tätigen oder solche Produkte herstellen lassen und anschließend in den Verkehr bringen. Ausländische Unternehmen müssen bis zum 24.08.2023 die Registrierung in der polnischen Abfalldatenbank (BDO-Register) beantragen. Hierzu können sie einen polnischen Fiskalvertreter bestellen und mit den Verpflichtungen betrauen. Welche Produkte erfasst sind, orientiert sich an der EU-Richtlinie. Dazu gehören, neben Lebensmittelbehältern und Verpackungen, die Lebensmittel zum sofortigen Verzehr enthalten, auch Getränkebehälter mit einem Fassungsvermögen von bis zu 3 Litern, Getränkebecher, leichte Plastiktragetaschen (mit einer Dicke von weniger als 50 Mikrometern), kunststoffhaltige Filter für Tabakerzeugnisse, Feuchttücher und Luftballons. 
 
Die Regelungen über neue Abgaben greifen vorwiegend ab 01.01.2024: Für das Inverkehrbringen bestimmter Einwegkunststoffe ist dann eine jährliche Gebühr pro Kilogramm oder Stück zu entrichten. Einzelhandel und Essensdienstleister müssen zudem für Einwegkunststoffverpackung eine Gebühr je Stück an die Endverbraucher weitergeben. An der Finanzierung von Aufklärungskampagnen müssen sich Unternehmen ebenfalls mittels einer Abgabe beteiligen, sofern sie bestimmte Produkte wie kunststoffhaltige Tabakfilter, Feuchttücher, Luftballons, Menstruationshygieneartikel oder feine Kunststofftüten auf den Markt bringen. Daneben sind auch Handlungsverpflichtungen zur Steigerung der Wiederverwertung vorgesehen: Getränkeflaschen müssen einen bestimmten Prozentsatz an recyceltem Kunststoff aufweisen, und für ihre in Verkehr gebrachten Verpackungen haben die Unternehmen feste Recyclingquoten zu gewährleisten.
 
Ab 01.07.2024 wird der Handel mit bestimmten Einwegkunststoffprodukten (Wattestäbchen, Besteck, Teller, Strohhalme, Rührstäbchen, Luftballonstäbe sowie Lebensmittel- oder Getränkebehälter und Getränkebecher inklusive ihrer Deckel aus expandiertem Polystyrol) ganz untersagt und unter Strafe gestellt. Gleichzeitig müssen Groß- und Einzelhändler oder Essensdienstleister sicherstellen, dass den Kunden alternative Verpackungen, die nicht aus Kunststoffen hergestellt sind, oder wiederverwendbare Verpackungen zur Verfügung stehen. Deckel von Einweggetränkebehältern bis 3 Liter Fassungsvermögen müssen dauerhaft an den Behältern befestigt sein. 
 
Ansprechpartner:
 
 
Fresa Amthor
Rechtsanwältin, Steuerberaterin
Tel.: +49 (0) 89 217 50 1245
 
Stand: 26.06.2023