Umsatzsteuer Newsletter 25/2020
Finanzgericht Hamburg: Umsatzsteuerliche Behandlung von sog. In-App-Käufen
Bei vielen Spiele-Apps hat der Nutzer die Möglichkeit, sich in Form von sog. In-App-Käufen weitere Vorteile über den App-Store auf dem Smartphone zu sichern. Das Finanzgericht Hamburg setzt sich in einem aktuellen Urteil mit der umsatzsteuerlichen Behandlung dieser In-App-Käufe auseinander. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wer umsatzsteuerrechtlich an den Nutzer leistet, der App-Entwickler oder der App-Store.
1 Sachverhalt
Das Finanzgericht Hamburg hatte in seinem Urteil vom 25.02.2020 (Az. 6 K 111/18) darüber zu entscheiden, wer bei In-App-Käufen in den Streitjahren 2012 bis 2014 der umsatzsteuerrechtliche Leistungserbringer gegenüber dem Endkunden ist, der App-Entwickler oder der App-Store-Betreiber. Die Endkunden konnten die Spiele-App kostenfrei über einen App-Store auf ihr Endgerät herunterladen. Der Betreiber des App-Stores zeigte die vom App-Entwickler hochgeladene App im Namen des App-Entwicklers an. Teilweise waren im App-Store der volle Name und die Rechtsform des App-Entwicklers, teilweise aber auch nur Bezeichnungen ohne Rechtsform angegeben. 
 
 
Innerhalb der Spiele-App hatte der Endkunde dann die Möglichkeit, kostenpflichtige In-App-Käufe zu tätigen. In der Spiele-App öffnete sich ein Pop-up-Fenster. Dieses war mit dem Logo des App-Stores versehen, ohne dass der App-Entwickler erwähnt wurde. Die Kaufabwicklung erfolgte über den App-Store unter Nutzung der dort hinterlegten Zah-lungsmethode. Der Betreiber des App-Stores war autorisiert, das jeweilige Entgelt für die In-App-Käufe beim Endkunden einzuziehen. Im Anschluss leitete der Betreiber des App-Stores das vereinnahmte Entgelt abzüglich einer Provision in Höhe von 30% weiter an den App-Entwickler. 
 
2 Entscheidung des Gerichts
Das Finanzgericht bejaht für die Streitjahre 2012 bis 2014 eine Dienstleistungskommission nach § 3 Abs. 11 UStG und rechnet den Endkundenumsatz dem Betreiber des App-Stores zu. Zur Begründung verweist es auf die sog. Ladenrecht-sprechung. Das Finanzgericht argumentiert, dass vertragliche Beziehungen zwischen dem Betreiber des App-Stores und dem Endkunden bestehen. Hierfür spricht auch, dass der Betreiber des App-Stores die Entgelte für die App-Entwickler einzieht. Das Finanzgericht führt aus, dass der Betreiber des App-Stores den Endkunden im Fall eines In-App-Kaufs nicht ausdrücklich darauf hinweist, dass die Leistung vom App-Entwickler oder in dessen Namen erbracht wird. Tatsächlich wurde der App-Entwickler im Rahmen der In-App-Käufe nicht erwähnt. Infolgedessen kommt das Finanzgericht Hamburg zu dem Ergebnis, dass der Betreiber des App-Stores bei den streitgegenständlichen In-App-Käufen in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet war (§ 3 Abs. 11 UStG) und dabei im eigenen Namen handelte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Hierzu ist die Revision beim BFH unter Az.: XI R10/20 anhängig.
 
3 Kritik
Für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von In-App-Käufen über App-Stores kommt es entscheidend darauf an, wer Leistender in Bezug auf den Endkundenumsatz ist. Dies kann grundsätzlich der App-Entwickler oder der Betreiber des App-Stores sein. Dabei ist zunächst die in den Streitjahren bestehende Rechtslage (bis 31.12.2014) zu beachten. Das Finanzgericht argumentiert mit Verweis auf die Ladenrechtsprechung, dass der Endkundenumsatz dem Betreiber des App-Stores zuzurechnen ist. Man könnte jedoch auch gegen die Anwendung der Ladenrechtsprechung und für die Zurechnung des Endkundenumsatzes zum App-Entwickler argumentieren. Denn ein App-Store ist grundsätzlich nicht mit einem Ladengeschäft vergleichbar. Vielmehr ähnelt ein App-Store einem Online-Marktplatz, auf welchem Produkte sowohl des Marktplatzbetreibers als auch von Drittanbietern angeboten werden. Es ist dem durchschnittlichen Endkunden auch bewusst, dass die jeweiligen Apps grundsätzlich nicht von dem App-Store selbst, sondern von einem Drittanbieter entwickelt und von diesem in dem jeweiligen App-Store angeboten werden. 
 
Im Gegensatz zur Rechtslage in den Streitjahren ist die heutige Rechtslage weitaus klarer. Mit Wirkung zum 01.01.2015 führte der nationale Gesetzgeber eine neue Regelung in § 3 Abs. 11a UStG ein, wonach grundsätzlich für alle Endkun-denumsätze über Plattformen wie App-Stores eine Dienstleistungskommission fingiert wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn der eingeschaltete Unternehmer die Abrechnung gegenüber dem Endkunden autorisiert (§ 3 Abs. 11a S. 4 Nr. 1 UStG). Dann ist der Endkundenumsatz dem Betreiber des App-Stores zuzurechnen, ohne dass es auf weitere Voraussetzungen wie z. B. die vertraglichen Vereinbarungen oder das Handeln im eigenen Namen ankäme.
 
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Dr. Matthias Oldiges
Rechtsanwalt
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Stand: 29.06.2020