Umsatzsteuer Newsletter 22/2022
Fristen für Zusammenfassende Meldung irrelevant für Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen
Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen sollte bislang nach Auffassung der Finanzverwaltung davon abhängen, dass die betreffende Zusammenfassende Meldung (ZM) fristgerecht eingereicht bzw. fristgerecht berichtigt wird. Seit Aufnahme dieser Anforderung in den UStAE im Jahr 2020 bestanden Zweifel, ob diese überaus strenge Sichtweise unionsrechtlich zulässig ist. Seit einiger Zeit pfiffen es die Spatzen dann auch schon von den Dächern, dass das BMF hier nachbessern wird. Nun ist es so weit. Mit Schreiben vom 20.05.2022 stellt das BMF klar, dass die Steuerbefreiung nicht allein aufgrund einer ZM-Fristversäumnis versagt werden kann.
1 Hintergrund
Mit Wirkung zum 01.01.2020 wurden die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen verschärft. Seitdem sind die USt-IdNr. des Abnehmers und die zutreffende Deklaration in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) materiell-rechtliche Voraussetzungen der Steuerbefreiung. Das BMF hatte diesbezüglich mit Schreiben vom 09.10.2020 den UStAE angepasst (KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 53 | 2020). Dabei hatte das BMF im Hinblick auf die ZMs eine sehr strenge bzw., wie sich inzwischen herausstellte, zu strenge Position eingenommen. Das BMF entschärft deshalb nun mit BMF-Schreiben vom 20.05.2022 den Abschn. 4.1.2 UStAE.
 
2 Fristgerechte (erstmalige) Abgabe der ZM
Nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG kann eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht steuerfrei sein, wenn der Lieferer hierzu keine ZM abgegeben hat oder wenn er die betreffende Lieferung nicht oder unrichtig in der ZM erklärt hat. Das BMF hatte diesbezüglich in Abschn. 4.1.2 Abs. 2 UStAE festgelegt: „Gibt der Unternehmer die ZM nicht richtig, vollständig oder fristgerecht ab, erfüllt er die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht.“ Mit dem Erfordernis der fristgerechten (erstmaligen) Abgabe der ZM ging die Finanzverwaltung über den Gesetzeswortlaut hinaus, ohne hierzu weitere Ausführungen zu machen. Nach wortgetreuer Auslegung hätte eine Fristversäumnis bei der (erstmaligen) Abgabe der ZM damit stets zur Steuerpflicht geführt, ohne dass eine nachträgliche Korrektur möglich gewesen wäre. 
 
Dieses Problem hat das BMF erkannt und entfernt nun in Absatz 2 des Abschn. 4.1.2 UStAE das Erfordernis der fristgerechten Abgabe der ZM. In Absatz 3 wird außerdem klargestellt, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung (rückwirkend) vorliegen, wenn eine zunächst nicht fristgerecht abgegebene ZM später erstmalig richtig und vollständig abgegeben wird. Sofern also für den betreffenden Meldezeitraum keine ZM abgegeben wurde, könnte das Finanzamt zunächst Umsatzsteuer für die in einer USt-Voranmeldung deklarierten innergemeinschaftlichen Lieferungen festsetzen. Nach Abgabe der (korrekten) ZM wäre die Steuerbefreiung aber rückwirkend zu gewähren (sofern die Steuerfestsetzungen dann noch änderbar sind).
 
3 Fristgerechte Berichtigung der ZM
In § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG befindet sich in Satz 2 folgender Zusatz: „§ 18a Absatz 10 bleibt unberührt“. Dort ist geregelt, dass eine unrichtige oder unvollständige ZM innerhalb eines Monats zu berichtigen ist, nachdem der Unternehmer diesen Fehler erkannt hat. Das BMF hatte dies nicht nur in Abschn. 4.1.2 Abs. 3 UStAE wiederholt. Es hatte im dortigen Beispiel außerdem festgelegt: „Würde U … die ZM … noch innerhalb der Monatsfrist des § 18a Abs. 10 UStG berichtigen, würde die Steuerfreiheit wiederaufleben.“ Diese Formulierung nahm die Finanzverwaltung bislang wörtlich und versagte die Steuerbefreiung endgültig, wenn die ZM nicht innerhalb eines Monats nach Kenntnis des Fehlers berichtigt wurde.
 
Die Regelungen der MwStSystRL, auf denen § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG basiert, enthalten allerdings keine zeitlichen Begrenzungen hinsichtlich der Berichtigung der ZM. Deshalb mehrten sich die Zweifel daran, dass der Verlust der Steuerbefreiung aufgrund verspäteter Berichtigung der ZM unionsrechtlich haltbar sei. Das BMF entfernt daher die Verknüpfung der Steuerbefreiung mit der fristgerechten Berichtigung der ZM aus Abschn. 4.1.2 Abs. 3 UStAE. Die Monatsfrist soll nunmehr ausschließlich für das innergemeinschaftliche Kontrollverfahren und für das Bußgeldverfahren gem. § 26a Abs. 2 Nr. 5 UStG relevant sein.
 
4 Korrekte Meldeperiode
Das BMF korrigiert bei dieser Gelegenheit auch Unschärfen im Hinblick auf die für die ZM maßgebliche Meldeperiode. Abschn. 4.1.2 UStAE sprach bislang vom Meldezeitraum, in dem die innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt wurde. Nach § 18a Abs. 8 UStG, auf den nunmehr ausdrücklich verwiesen wird, sind innergemeinschaftliche Lieferungen jedoch für den Meldezeitraum zu deklarieren, in dem die Rechnung ausgestellt wurde, spätestens aber für den Meldezeitraum, in dem der auf die Ausführung der innergemeinschaftlichen Lieferung folgende Monat endet. Dies muss sowohl für die erstmalige Abgabe einer ZM als auch für die Berichtigung einer ZM beachtet werden. Die Steuerbefreiung ist schließlich nur dann anwendbar, wenn die Deklaration in der richtigen ZM erfolgte.
 
5 Zeitlicher Anwendungsbereich
Die Änderungen sollen auf alle nach dem 31.12.2019 ausgeführten Lieferungen anzuwenden sein. Die Entschärfung erfolgt also erfreulicherweise rückwirkend. Die eine oder andere Auseinandersetzung zwischen Unternehmen und Finanzverwaltung sollte somit beigelegt werden können. 
 
Dem Vernehmen nach wird auch darüber nachgedacht, den Verweis auf § 18a Abs. 10 UStG aus § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG zu entfernen. In den relevanten Regelungen der MwStSystRL ist keine entsprechende zeitliche Begrenzung für die Berichtigung einer ZM vorgesehen. Für die Gesetzesänderung bedarf es allerdings erst eines Gesetzgebungsverfahrens, in welchem die Änderung mitberücksichtigt werden kann.
 
Ansprechpartner:
 
 
Ronny Langer
Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
 
Stand: 23.05.2022