Umsatzsteuer Newsletter 21/2020
Corona: Senkung Umsatzsteuersätze und Verschiebung Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer (Update)
Die einen freut es, die anderen nicht so sehr. Aber das „Zweite Corona-Steuerhilfegesetz“ inklusive Senkung der Umsatzsteuersätze kommt in ganz großen Schritten. In Rekordzeit ist ein Gesetzentwurf entstanden, der nun durch das Gesetzgebungsverfahren gejagt werden soll. Auch am begleitenden BMF-Schreiben wird schon gearbeitet. Mit der Verschiebung der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer könnte es etwas länger dauern. Mit diesem Newsletter geben wir Ihnen ein Update zu den Entwicklungen.
1 Zeitplan
Das BMF hat bereits am 6. Juni eine Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf an die Bundesministerien versendet und um Stellungnahme bis 8. Juni gebeten. Am 12. Juni wird sich dann das Kabinett mit dem Gesetzentwurf befassen, am 16. Juni diskutiert ihn die Fraktion. Für den 17./18./19. Juni sind die Lesungen im Bundestag geplant und für den 26. Juni die Zustimmung des Bundesrats. Ein begleitendes BMF-Schreiben, das sich am Schreiben vom 11.08.2006 zur letzten Steuersatzänderung (von 16 % auf 19 %) orientieren soll, ist bereits in Vorbereitung.
 
2 Kosten / Nutzen
Der Haushalt soll mit 20 Mrd. EUR aus der Steuersatzsenkung und mit 5 Mrd. EUR aus der EUSt-Fälligkeit belastet sein. Es besteht aber eine Unsicherheit, inwieweit die Preise angepasst werden und die Verbraucher davon profitieren. Die Aussage in der Gesetzesbegründung, dass die befristete Absenkung der Steuersätze zu erheblichem Mehraufwand für die Wirtschaft führt, macht dabei deutlich, warum teils sehr emotional über die Maßnahme diskutiert wird.
 
3 Steuersatzsenkung
Die Absenkung und spätere Erhöhung der Steuersätze soll in § 28 UStG geregelt werden. Dort soll für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 eine zeitlich begrenzte Fassung für § 12 Abs. 1 und 2 UStG aufgenommen werden.
 
Wie bereits im KMLZ-Newsletter 18 I 2020 ausgeführt, wird es für die Anwendung der Steuersätze darauf ankommen, wann die Leistungen erbracht werden. Dienstleistungen gelten als im Zeitpunkt ihrer Vollendung als erbracht, also am letzten Tag (Abschn. 13.1 Abs. 3 UStAE). Werklieferungen gelten dann als erbracht, wenn die Übernahme / Abnahme erfolgt (Abschn. 13.2 Abs. 1 UStAE). Für reine Lieferungen kommt es generell auf die Verschaffung der Verfügungsmacht an. Hierauf ist insbesondere bei Sonderfällen wie z.B. Werkzeugkosten zu achten, die nicht selten deutlich später abgerechnet werden. Bei bewegten Lieferungen i.S.d. § 3 Abs. 6 UStG gilt der Transportbeginn als Lieferzeitpunkt (Abschn. 13.2 Abs. 2 Satz 2 UStAE), unabhängig von Incoterms oder abweichenden HGB- oder IFRS-Regelungen. Wenn dieser Tag in die „Niedrigsteuerphase“ fällt, ist der Umsatz mit dem abgesenkten Steuersatz zu besteuern, danach wieder mit dem höheren Steuersatz. Das gilt auch für Teilleistungen, sofern diese vereinbart wurden (Abschn. 13.4 UStAE). Durch Vereinbarung von Teilleistungen können daher Umsätze teils in die „Niedrigsteuerphase“ verschoben werden. 
 
Da diesbezüglich Fehler vorprogrammiert erscheinen, wird aktuell eine Nichtbeanstandungsregel für den B2B-Bereich diskutiert. So könnte z.B. die Anwendung eines zu hohen Steuersatzes als unbeachtlich eingestuft und der Vorsteuerabzug nicht beanstandet werden, wenn der Leistende die Umsatzsteuer abgeführt hat.
 
Für Anzahlungen wird es wohl wieder eine Vereinfachungsregel geben, sowohl jetzt für die Absenkung als auch später für die Erhöhung. Die Besteuerung von Anzahlungen kann dann in der Schlussrechnung auf den im Zeitpunkt der Leistungserbringung anzuwendenden Steuersatz korrigiert werden. Eine Korrektur der Anzahlungsrechnung wäre dann nicht erforderlich. Wenn bereits vorher klar ist, dass die Leistung zu einem Zeitpunkt erbracht wird, an dem ein anderer Steuersatz gelten wird, kann die Anzahlungsrechnung aber auch schon mit dem anderen Steuersatz ausgestellt werden.
 
Zu Einzweckgutscheinen gab es Äußerungen, wonach solche Gutscheine nicht mehr vorliegen können, weil der Steuersatz nicht mehr feststehen würde. Dem steht der Wortlaut von § 3 Abs. 14 Satz 1 UStG entgegen, wonach die geschuldete Steuer im Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins (Ausstellung = Umsatz) feststehen muss, was weiterhin der Fall wäre. Mit dieser Frage müssen sich betroffene Unternehmen beschäftigen.
 
Vereinfachungsregeln wird es vermutlich wieder für Pfandbeträge, Jahresboni, Telekommunikationsleistungen, Strom-/ Gas-/Wärmelieferungen usw. geben, zumindest wenn sich das BMF an seinem Schreiben vom 11.08.2006 zur letzten Steuersatzerhöhung orientiert.
 
Auch die Sachbezüge und Wertabgaben, wie z.B. die Überlassung von Fahrzeugen an das Personal oder die Mitarbeiterverpflegung etc., sind von der Änderung betroffen und dürfen nicht vergessen werden. Die zuständigen Stellen wie z.B. die Lohnbuchhaltung benötigen entsprechende Informationen. 
 
4 Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer
Nach § 21 Abs. 3 UStG soll ein Absatz 3a eingefügt werden: „Einfuhrumsatzsteuer, für die ein Zahlungsaufschub gem. Art. 110 Buchstabe b oder c […] (Unionszollkodex) bewilligt ist, ist abweichend von den zollrechtlichen Vorschriften am 26. des zweiten auf den betreffenden Monat folgenden Kalendermonats fällig.“ Konkret bedeutet das also eine Verlängerung um ca. 6 Wochen. Nach Art. 110 UZK, auf den über § 21 Abs. 2 UStG verwiesen wird, ist zwar nur ein Zahlungsaufschub mit einer Frist von höchstens 31 Tagen möglich. Art. 211 MwStSystRL gibt den Mitgliedstaaten aber hinsichtlich der EUSt freie Hand. Vor diesem Hintergrund werden die Fälligkeiten für Zölle und EUSt künftig voneinander abweichen. Wann die Regelung in Kraft tritt, ist derzeit allerdings noch nicht absehbar. Da die Zollverwaltung zunächst die IT-technischen Voraussetzungen hierfür schaffen muss, soll der Anwendungszeitpunkt flexibel gestaltet werden. Dazu ist als Ergänzung in § 27 UStG folgender Absatz 31 vorgesehen: „Der Termin, ab dem § 21 Absatz 3a [...] erstmals anzuwenden ist, wird mit einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen bekanntgegeben.“
 
 
Ansprechpartner:
 
 
Ronny Langer
Dipl.-FW (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
 
Stand: 10.06.2020