Umsatzsteuer Newsletter 18/2020
Corona: Senkung Umsatzsteuersätze und Verschiebung Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer
Die Große Koalition hat sich auf ein Konjunkturpaket geeinigt, das die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abfedern soll. Im Rahmen dessen sollen die Umsatzsteuersätze ab 1. Juli für sechs Monate von 19 % auf 16 % sowie von 7 % auf 5 % gesenkt werden. Zudem soll die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer um 10 Tage verlängert werden. Die Steuersatzsenkung ist vielleicht primär nur ein Konjunkturprogramm für Steuerberater. Es mag nun zwar eine Kaufprämie für alle möglichen Waren geben und nicht nur für Autos. Der Verwaltungsaufwand, insbesondere die erforderlichen Änderungen in den IT-Systemen für diesen kurzen Zeitraum, wird aber bei den meisten Unternehmen beachtlich sein. In Anbetracht von Kurzarbeit und Urlaubssaison wird die Umsetzung sicher zur Herausforderung. Es wird auch interessant zu beobachten sein, ob sich das Gesetzgebungsverfahren, ein (zu erhoffendes) BMF-Schreiben und die Änderung der Vordrucke und Systeme auf Seiten der Verwaltung in der Kürze der Zeit überhaupt realisieren lassen.
1 Hintergrund
Die Große Koalition hat sich am 03.06.2020 auf ein Konjunkturpaket in Höhe von 130 Mrd. EUR geeinigt, das die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abfedern soll. In einem Eckpunktepapier sind zwei Punkte enthalten, die den Bereich der Umsatzsteuer betreffen. Hierzu wollen wir einen kurzen ersten Überblick geben. Über den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens halten wir Sie auf dem Laufenden. 
 
2 Steuersatzsenkung
Laut Eckpunktepapier sollen zur Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland befristet vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 die Steuersätze von 19 % auf 16 % und von 7 % auf 5 % gesenkt werden. Nicht erwähnt wurden dagegen die in § 24 UStG geregelten Durchschnittssätze für die Land- und Forstwirtschaft. Auch zu den Versicherungssteuersätzen gemäß § 6 VersStG, die in der Regel parallel zu den Umsatzsteuersätzen geändert werden, wurde nichts gesagt. Diese sollen vermutlich unverändert bleiben.
 
Es ist zwar noch nicht einmal ein Gesetzentwurf am Horizont erkennbar. Da jedoch weniger als vier Wochen Zeit zur Vorbereitung verbleiben, sollten sich die Unternehmen sofort mit den notwendigen Anpassungen auseinandersetzen. Es sind u.a. folgende Punkte zu bedenken:
 
  • Die neuen Steuersätze sollen für im Zeitraum zwischen 01.07.2020 bis 31.12.2020 erbrachte Umsätze anwendbar sein. Es wird darauf ankommen, wann die Leistungen erbracht werden. So bestimmt es § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG. Damit ist weder der Tag der Rechnungstellung noch der Tag der Zahlung maßgeblich. Entsprechendes gilt für Teilleistungen. 
 
  • Wenn Entgelte für ab dem 01.07.2020 ausgeführte Umsätze vor diesem Stichtag vereinnahmt werden, wie z.B. bei Anzahlungen, wäre auf diese grundsätzlich zunächst der bisherige Steuersatz anzuwenden. Später müsste bei Leistungserbringung oder ggf. Schlussrechnung auf den abgesenkten Steuersatz korrigiert werden, wenn die Leistung innerhalb der sechs Monate ab Stichtag erbracht wird.
 
  • Sofern nachträglich eine Änderung der Bemessungsgrundlage eintritt, kommt es für den anzuwendenden Steuersatz darauf an, wann die zugrunde liegende Leistung ausgeführt wurde (und nicht darauf, wann die Änderung eingetreten ist). Jahresboni wären deshalb zum Beispiel aufzuteilen.
 
  • Bei Gutscheinen muss darauf geachtet werden, ob es sich um Einzweck- oder Mehrzweckgutscheine handelt. Bei Einzweckgutscheinen ist der Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins für den Steuersatz maßgeblich. Bei Mehrzweckgutscheinen kommt es darauf an, wann die Leistung ausgeführt wird, für die der Gutschein eingelöst wird.
 
  • Ob die Senkung der Steuersätze die Höhe der Preise beeinflusst, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Das sollte im Einzelfall geprüft werden. Hierbei ist z.B. zu berücksichtigen, ob Netto- oder Bruttopreisvereinbarungen getroffen wurden, ob konkrete Steuersätze oder Steuerbeträge vereinbart sind usw. Bei langfristigen Verträgen ist § 29 UStG zu beachten, der einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch normiert.
 
  • Bei Eingangsrechnungen ist zu beachten, dass für zwischen dem 01.07.2020 und dem 31.12.2020 ausgeführte Umsätze nicht der alte Steuersatz in Rechnung gestellt wird. In Höhe der Differenz würde ein zu hoher Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG vorliegen und wäre der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.
 
  • Verträge, die als Rechnung dienen und in denen deshalb ein konkreter Steuersatz und Steuerbetrag ausgewiesen sind, müssen geändert werden. Andernfalls entsteht für den Leistenden in Höhe der Steuersatzdifferenz eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG und ist der Leistungsempfänger insofern nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Hier wäre eine Berichtigung nach § 31 Abs. 5 UStDV möglich. 
 
  • ERP-Systeme und Kassensysteme sind auf die Änderungen vorzubereiten. Unternehmen, die beispielsweise mit der automatischen SAP-Steuerfindung arbeiten, müssen neue Steuerkennzeichen und neue Konditionssätze anlegen, Letztere mit einer entsprechenden Beschränkung der Gültigkeitsdauer. In anderen Systemen wären ggf. neue Umsatzkonten mit Steuerautomatik einzurichten. 
 
3 Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer
Laut Eckpunktepapier soll die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer vom 16. auf den 26. Tag des Folgemonats verschoben werden. Wie dies konkret umgesetzt werden kann, ist noch nicht klar. Positiv ist allerdings, dass die Regelung nicht zeitlich eingeschränkt sein soll.
 
Ansprechpartner:
 
 
Ronny Langer
Dipl.-FW (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
 
Stand: 04.06.2020