Umsatzsteuer Newsletter 15/2021
Haftung von Online-Marktplätzen: BMF nimmt Anpassungen im UStAE vor
Mit Schreiben vom 20.04.2021 passt das BMF den Umsatzsteuer-Anwendungserlass in Bezug auf die Regelungen zur Marktplatzhaftung an, welche bereits zum 01.01.2019 in Kraft getreten sind. Bei dieser Gelegenheit nimmt es auch Stellung zu den mit Wirkung zum 01.07.2021 vorgenommenen Anpassungen der §§ 22f, 25e UStG. Für die Aufzeichnungspflichten der Online-Marktplätze ist insbesondere relevant, dass die USt-ID des Onlinehändlers die vielfach kritisierte Erfassungsbescheinigung ersetzt.
1 Hintergrund
Der Gesetzgeber hat zum 01.01.2019 zwei neue Paragraphen in das Umsatzsteuergesetz eingefügt, den § 22f UStG zu den Aufzeichnungspflichten für Online-Marktplätze und den § 25e UStG zur Haftung des Online-Marktplatzes. Mit Schreiben vom 20.04.2021 passt das BMF den Umsatzsteuer-Anwendungserlass nun entsprechend an. Bei dieser Gelegenheit nimmt es auch Stellung zu den im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 mit Wirkung zum 01.07.2021 vorgenommenen Anpassungen der §§ 22f, 25e UStG, welche wir im Folgenden zusammenfassen.
 
2 Aufzeichnungspflichten des Online-Marktplatzes ab 01.07.2021
Zum Nachweis über die steuerliche Erfassung des Onlinehändlers muss der Online-Marktplatz ab dem 01.07.2021 nicht mehr die Erfassungsbescheinigung des Onlinehändlers vorhalten, sondern grundsätzlich die dem Onlinehändler vom BZSt erteilte USt-ID aufzeichnen. Davon gibt es die folgenden Ausnahmen:
  • Sofern der Onlinehändler im Inland nicht steuerbare Fernverkäufe ausführt (Umsatzschwelle nicht überschritten) und deshalb über keine deutsche USt-ID verfügt, kann der Online-Marktplatz die dem Onlinehändler von einem anderen Mitgliedstaat erteilte USt-ID aufzeichnen.
  • Sofern der Onlinehändler am OSS-Verfahren teilnimmt, kann der Online-Marktplatz die USt-ID des Mitgliedstaates aufzeichnen, in dem der Onlinehändler die Teilnahme am OSS-Verfahren angezeigt hat.
  • Sofern der Onlinehändler Waren mit einem Sachwert von mehr als EUR 150 aus dem Drittland liefert und keine Pflicht zur steuerlichen Erfassung im Inland besteht, muss der Online-Marktplatz einen geeigneten Nachweis vorhalten (z.B. Abgabe einer entsprechenden Erklärung des Onlinehändlers).
Zudem muss der Online-Marktplatz ab dem 01.07.2021 neben den bisher in § 22f Abs. 1 Satz 1 UStG vorgesehenen Angaben zusätzlich die elektronische Adresse oder Website des liefernden Unternehmers, die Bankverbindung oder die Nummer des virtuellen Kontos des Lieferers – soweit diese bekannt ist -, eine Beschreibung des gelieferten Gegenstandes und die Bestellnummer oder die eindeutige Transaktionsnummer – soweit bekannt – aufzeichnen.
 
3 Nichtbeanstandungsregelung für Erfassungsbescheinigung bis 15.08.2021
Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn der Online-Marktplatz bis zum 15.08.2021 anstelle der USt-ID, die dem Onlinehändler vom BZSt erteilt wurde, die Erfassungsbescheinigung des Onlinehändlers vorhält.
 
4 Haftung des Online-Marktplatzes ab 01.07.2021
Trotz Einhaltens der Aufzeichnungspflichten haftet der Online-Marktplatz, wenn er Kenntnis davon hatte oder mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte wissen müssen, dass der Onlinehändler seinen umsatzsteuerlichen Pflichten nicht oder nicht im vollen Umfang nachkommt. Unabhängig von einer Kenntnis haftet der Online-Marktplatz immer dann, wenn der Onlinehändler im Zeitpunkt der Lieferung nicht über eine vom BZSt erteilte, gültige USt-ID verfügt oder der Online-Marktplatz in den Ausnahmefällen (vgl. oben Abschn. 2) über keinen Alternativnachweis verfügt.
 
5 Qualifizierte Bestätigungsanfrage beim BZSt
Online-Marktplätze haben gemäß § 18e Nr. 3 UStG die Möglichkeit, die ihnen vom Onlinehändler mitgeteilte deutsche USt-ID sowie Namen und Anschrift qualifiziert vom BZSt bestätigen zu lassen. Voraussetzung ist, dass der Online-Marktplatz im Inland steuerlich erfasst ist, über eine deutsche USt-ID verfügt und erfolgreich einen Antrag auf Zulassung gestellt hat. Die Zulassung kann ab dem 01.05.2021 beantragt werden. Der Antrag muss bestimmte Angaben zum Online-Marktplatz enthalten und ein „Unterstützen“ durch den Online-Marktplatz iSd. § 25e Abs. 6 UStG glaubhaft machen.
 
6 Auswirkungen auf die Praxis
Zum 01.07.2021 (bzw. spätestens zum 16.08.2021) ersetzt die USt-ID des Onlinehändlers die vielfach kritisierte Erfassungsbescheinigung, die nach Auffassung der EU-Kommission gegen das Unionsrecht verstößt (KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 42 | 2019). Eine Exkulpation von der Haftung ist für den Online-Marktplatz nur dann möglich, wenn der Onlinehändler im Zeitpunkt der Lieferung über eine gültige deutsche USt-ID verfügt (abgesehen von den oben in Abschn. 2 genannten Ausnahmefällen). 
 
Entsprechend ist der Online-Marktplatz aufgerufen, von den relevanten Onlinehändlern auf seinem Marktplatz die deutsche USt-ID anzufordern und aufzuzeichnen. Eine Haftung des Online-Marktplatzes scheidet jedoch nur dann aus, wenn er die deutsche USt-ID erfolgreich auf ihre Gültigkeit überprüft. Zu diesem Zweck besteht ab dem 01.07.2021 die Möglichkeit einer qualifizierten Abfrage beim BZSt. In der Praxis stellt sich jedoch das Problem, dass das BZSt im Rahmen einer qualifizierten Abfrage lediglich bestätigt, dass die USt-ID gültig / ungültig ist und die Angaben zu Namen und Adresse übereinstimmen / nicht übereinstimmen. Bei Nichtübereinstimmung erteilt das BZSt keine weiteren Auskünfte. In vielen Fällen dürften die Stammdaten der Online-Marktplätze tatsächlich nicht exakt mit den beim BZSt hinterlegten Daten übereinstimmen, so dass die qualifizierte Abfrage erfolglos bleibt und ein Abgleich der Angaben zu Namen und Adresse mit den Stammdaten des Online-Marktplatzes nicht möglich ist. Vor diesem Hintergrund ist Online-Marktplätzen zu raten, zur Überprüfung der USt-ID und für den Abgleich der Angaben zu Namen und Adresse mit ihren Stammdaten auch auf andere IT-Tools zurückzugreifen.
 

Ansprechpartner:

Dr. Matthias Oldiges
Rechtsanwalt
Tel.: +49 211 54 095 366
matthias.oldiges@kmlz.de

Stand: 22.04.2021