Umsatzsteuer Newsletter 11/2020
(Umsatz-)Steuerliche Maßnahmen in Europa gegen die Auswirkungen des Coronavirus – Update –
Das Coronavirus SARS-CoV-2 hat die Welt weiterhin fest im Griff. Fast täglich verfügen die Regierungen neue Einschränkungen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Zunehmend werden auch Maßnahmen erlassen, um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern. In Europa hat inzwischen jedes Land ein Notfallpaket geschnürt. Darin sind meist auch Maßnahmen im Bereich der Umsatzsteuer enthalten, die den Unternehmen Liquidität verschaffen sollen. Mit diesem Newsletter wollen wir Ihnen einen aktualisierten Überblick geben.
Belgien: Die Fristen zur Abgabe der Umsatzsteuererklärungen wurden verlängert: für Februar bis 6.4.2020, für März bis 7.5.2020 und für das erste Quartal 2020 ebenfalls bis 7.5.2020. Die Zahlungsfristen werden automatisch ohne Strafzahlungen gestundet: für Februar bis 20.5.2020, für März bis 20.6.2020 und für das erste Quartal 2020 ebenso bis 20.6.2020. Auf Antrag (und mit Nachweis, dass man vom Coronavirus betroffen ist) kann darüber hinaus eine weitere Stundung oder Ratenzahlung vereinbart werden. Die Frist zur Abgabe der Annual Sales List für 2019 wurde auf den 30.4.2020 verlängert.
 
Dänemark: Die Fälligkeiten für die Entrichtung der Umsatzsteuer wurden verschoben: 
  • Monatliche Abgabe: für März auf 25.5.2020, für April auf 25.6.2020 und für Mai auf 27.7.2020 
  • Quartalsweise Abgabe: für das erste Quartal 2020 auf 1.9.2020 
  • Halbjährliche Abgabe: für das erste Halbjahr 2020 auf 1.3.2021.
 
Estland: Im Zeitraum vom 1.3.2020 bis 1.5.2020 werden keine Säumniszuschläge erhoben, wenn Steuern verspätet gezahlt werden. Im Gespräch ist zudem eine mögliche Ratenzahlung über 18 Monate mit verringertem Zinssatz.
 
Finnland: Unternehmer, die alle Deklarationspflichten erfüllt haben und gegen die keine Vollstreckungsmaßnahmen laufen, können seit 25.3.2020 und bis 31.8.2020 Ratenzahlungen mit den Finanzbehörden vereinbaren. Die erste Rate soll dann nach drei Monaten fällig werden. Die Stundungszinsen werden von 7 % auf 4 % abgesenkt. Die Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen wurden zwar verlängert, hiervon ausgenommen sind aber die Umsatzsteuererklärungen. 
 
Frankreich: Steuerzahlungen können auf Antrag (und mit Nachweis, dass man vom Coronavirus betroffen ist) später entrichtet werden. Entsprechend den hierzu veröffentlichten Formularen ist bisher jedoch lediglich eine Stundung für direkte Steuern möglich. Die Umsatzsteuer ist aktuell von den Maßnahmen noch nicht erfasst.
 
Griechenland: Die Regierung hat Maßnahmen für unmittelbar von den Auswirkungen des Coronavirus betroffene Steuerpflichtige beschlossen. Die Abgrenzung, welche Unternehmen als „betroffen“ gelten, erfolgt anhand der Kategorie der Geschäftstätigkeit. Für diese Unternehmen wurde die Fälligkeit für die zwischen 11.3.2020 und 30.4.2020 zu zahlenden Umsatzsteuern auf den 31.8.2020 verlängert. Zinsen und Strafen sollen während dieser Zeit nicht anfallen. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Zahl der Beschäftigten im Unternehmen nicht verringert. Die Abgabefristen für die Steuererklärungen bleiben allerdings unverändert. Zudem wird der Steuersatz für Produkte, die zum Schutz vor dem Coronavirus benötigt werden (z. B. Latexhandschuhe, Seife, Desinfektionsmittel) von 24 % auf 6 % gesenkt.
 
Großbritannien: Gemäß der Guidance des HMRC werden alle im Zeitraum vom 20.3.2020 bis 30.6.2020 fälligen britischen Umsatzsteuern bis zum Ende des Steuerjahres 2020/2021 gestundet. Hierzu ist kein Antrag erforderlich.
 
Irland: Die Regierung hat einige Maßnahmen angekündigt, die auf KMUs zugeschnitten sind (weniger als EUR 3 Mio. Jahresumsatz). Vollstreckungsmaßnahmen sollen für diese Unternehmen bis auf Weiteres unterbleiben. Und Zinsen für die verspätete Zahlung von Umsatzsteuern für die Periode Januar/Februar (eigentlich fällig am 23.3.2020) sollen erlassen werden. Für die Periode März/April werden zusätzliche Maßnahmen erwartet. Größere Unternehmen wurden aufgefordert, Kontakt mit der Finanzverwaltung aufzunehmen und Zahlungspläne zu vereinbaren, wenn Liquiditätsprobleme auftreten. Die Steuererklärungen müssen aber weiterhin fristgerecht eingereicht werden.
 
Italien: Italienische Unternehmen müssen im Zeitraum vom 8.3.2020 bis 31.5.2020 keine steuerlichen Verpflichtungen erfüllen (außer Steuerzahlungen) und können diese straffrei bis 30.6.2020 nachholen. Für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von unter EUR 2 Mio. sowie für Unternehmen in den besonders betroffenen Regionen Bergamo, Cremona, Lodi und Piacenza wird zudem die im Zeitraum vom 8.3.2020 bis 31.5.2020 fällige Umsatzsteuer zinslos gestundet. Nach aktuellem Stand gelten diese Erleichterungen jedoch nur für in Italien ansässige Unternehmen.
 
Kroatien: Unternehmen, die ihre Umsatzsteuerzahllast ab 1.4.2020 nicht mehr begleichen können, haben die Möglichkeit, einen zinslosen Zahlungsaufschub um drei Monate zu beantragen. Danach kann einmalig ein weiterer Aufschub um drei Monate beantragt werden. Wenn die Zahllast dann immer noch nicht beglichen werden kann, kann eine zinslose Ratenzahlung über max. 24 Monate beantragt werden. Diese Regelung ist allerdings nur Unternehmen zugänglich, deren Vorjahresumsatz weniger als HRK 7,5 Mio. (EUR 1,0 Mio.) betragen hat und die nicht der Ist-Besteuerung unterliegen. Zudem müssen die Unternehmen nachweisen, dass Liquiditätsprobleme wegen offener Rechnungen oder anderer negativer Umstände bestehen und dass die Umsätze im Vormonat 20 % unter denen des Vergleichsmonats im Vorjahr liegen oder in den nächsten drei Monaten um mindestens 20 % im Vergleich zum Vorjahr sinken werden.
 
Lettland: Es wurde ein Hilfspaket verabschiedet, wonach für Unternehmen „betroffener“ Wirtschaftszweige Ratenzahlungen oder Stundungen um bis zu drei Jahren ohne Stundungszinsen möglich sind. Die Auszahlung von Steuererstattungen soll zudem innerhalb von 30 Tagen erfolgen (nach Verrechnung mit anderen Steuerschulden). Die Definition der „betroffenen“ Wirtschaftszweige steht noch aus.
 
Litauen: Betroffene Unternehmen können eine Stundungsvereinbarung beantragen, mit der die Fälligkeit um bis zu ein Jahr aufgeschoben werden kann. Vollstreckungsmaßnahmen sollen nicht ergriffen werden. Und dem Vernehmen nach sollen auch keine Stundungszinsen anfallen.
 
Luxemburg: Bis auf weiteres sollen keine Strafen für die verspätete Abgabe von Steuererklärungen festgesetzt werden. Es sollen zudem alle Steuerguthaben bis zu EUR 10.000 sofort ausgezahlt werden.
 
Malta: Die für März und April fälligen Umsatzsteuern von Unternehmen des Gastgewerbes und des Tourismus sowie des produzierenden Gewerbes sollen auf noch unbestimmte Zeit zinslos gestundet werden.
 
Niederlande: Unternehmen sollen eine Stundung der Umsatzsteuer um drei Monate erwirken können. Hierfür ist zwar ein schriftlicher Antrag zu stellen. Diesem soll aber stets zugestimmt werden. Diese Stundung soll bei Bedarf auch verlängert werden können. Strafzahlungen werden aktuell ebenfalls nicht festgesetzt bzw. aufgehoben. Zudem soll der Zinssatz von 4% auf 0,01% reduziert werden.
 
Norwegen: Die Frist für die Abgabe der ersten Umsatzsteuer-Erklärung 2020 verbleibt beim 14.4.2020. Die Zahlungsfrist wurde allerdings bis zum 10.6.2020 verlängert. Zudem soll der ermäßigten Steuersatz, der für die Personenbeförderung, die Übernachtungsleistungen, den öffentlichen Rundfunk sowie für den Eintritt zu Kinos, Sportveranstaltungen und Vergnügungsparks gilt, von 12 % auf 8 % gesenkt werden. Nachdem zunächst eine rückwirkende Änderung ab 1.1.2020 angekündigt wurde, stand zwischenzeitlich eine Reduzierung für den Zeitraum ab 20.3.2020 bis 31.10.2020 im Raum. Inzwischen wird diskutiert, ob die Änderung erst zum 1.4.2020 in Kraft treten soll und dafür zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden sollten.
 
Österreich: Die Frist zur Abgabe der Jahreserklärung 2019 wurde bis 31.8.2020 verlängert. Für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen gibt es dagegen keine Fristverlängerung. Allerdings werden bis 31.8.2020 keine Verspätungszuschläge festgesetzt. Für Steuerzahlungen besteht die Möglichkeit einer zinsfreien Stundung oder Ratenzahlung der Abgaben bis 30.9.2020. Verwirkte Säumniszuschläge sollen auf Antrag storniert werden.
 
Polen: Es gibt einen Gesetzesvorschlag, wonach die geplante Einführung der neuen SAF-T-Erklärungen vom 1.4.2020 auf den 1.7.2020 verschoben werden soll, ebenso wie die Reform der (reduzierten) Steuersätze. Zudem soll für bestimmte medizinische Produkte eine Steuerbefreiung eingeführt werden. Es wird außerdem diskutiert, ob die Zinsen für gewährte Stundungen erlassen werden sollen.
 
Portugal: Von Quarantäne- und Isolationsmaßnahmen betroffene Unternehmen können beantragen, dass keine Strafzahlungen für verspätete Deklarationen oder Zahlungen festgesetzt werden. Steuerschulden für das zweite Quartal 2020 können flexibler beglichen werden, z. B. durch Ratenzahlungen über drei Monate ohne Zinsen oder über sechs Monate mit Zinsen. Dies gilt aber nur für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu EUR 10 Mio. in 2018 und ab 2019 neu gegründete Unternehmen. Alle anderen können eine Ratenzahlung nur dann vereinbaren, wenn der Umsatz der letzten drei Monate vor dem Monat der Fälligkeit im Durchschnitt 20% unter dem Vergleichszeitraum im Vorjahr lag.
 
Rumänien: Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung für Februar wurde um einen Monat, bis zum 25.4.2020 verlängert. Alle Steuerprüfungen und Vollstreckungsverfahren werden vorübergehend ausgesetzt. Für Anträge auf Umsatzsteuerrückerstattung, über die bereits entschieden wurde, erfolgt noch im März 2020 die Auszahlung. Es wird zudem an einer generellen Beschleunigung des Vorsteuererstattungsverfahrens gearbeitet. Für ab dem 21.3.2020 fällige Steuerschulden, werden zudem keine Säumniszuschläge oder Zinsen erhoben, wenn diese verspätet bezahlt werden.
 
Schweden: Die Unternehmen können eine Stundung der Umsatzsteuer von bis zu 12 Monaten beantragen. Diese Regelung ist rückwirkend zum 1.1.2020 in Kraft getreten.
 
Schweiz: Unternehmen haben die Möglichkeit, die Zahlungsfristen zu verlängern, ohne Verzugszins zu zahlen. Der Zinssatz für die Mehrwertsteuer wird in der Zeit vom 20.3.2020 bis 31.12.2020 auf 0,0 % gesenkt.
 
Slowakei: Es wurde vorgeschlagen, für die Umsatzsteuerzahllast der Monate Februar, März und April 2020 für die Unternehmen, die wegen des Coronavirus schließen mussten, eine Ratenzahlung über 18 Monate, beginnend ab Juli 2020 bis Dezember 2021 zuzulassen. Die Abgabefristen für Steuererklärungen sollen zudem um 30 Tage verlängert werden. Die Verpflichtung zur Abgabe von Intrastat-Erklärungen soll bis 30.9.2020 ausgesetzt werden.
 
Slowenien: Die Frist zur Abgabe der Steuerklärungen für das Jahr 2019 wird um zwei Monate verlängert. Das gilt allerdings nicht für Umsatzsteuererklärungen. Im Bereich der Umsatzsteuer können von Umsatzeinbußen betroffene Unternehmen nur eine zinslose Stundung oder Ratenzahlung beantragen.
 
Spanien: Die Fristen zur Abgabe der Steuererklärungen bleiben unverändert. Wenn sich hieraus aber Zahllasten ergeben, die nicht entrichtet werden können, kann eine Stundung beantragt werden. Die Stundung wird für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten gewährt. Sie kann jedoch nicht für Unternehmen bewilligt werden, deren jährlicher Umsatz über EUR 6 Mio. liegt oder wenn die Zahllast für die jeweilige Erklärung EUR 30.000 übersteigt.
 
Tschechien: Die Regierung hat zwar ein Hilfspaket beschlossen. Danach können aber im Bereich der Umsatzsteuer lediglich Säumnis- und Verspätungszuschläge erlassen werden. 
 
Türkei: Die Finanzverwaltung hat angekündigt, dass der Ausbruch des Coronavirus als höhere Gewalt eingeordnet wird und deshalb für bestimmte Wirtschaftszweige die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen für April, Mai und Juni erst am 27.7.2020 enden soll und in diesen Monaten fällige Steuerzahlungen erst 6 Monate später gezahlt werden müssen.
 
Zypern: Die Regierung Zyperns hat eine vorrübergehende Absenkung des Umsatzsteuersatzes von 19 % auf 17 % für den Zeitraum vom 1.4.2020 bis 31.5.2020, sowie des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 9 % auf 7 % für den Zeitraum vom 1.4.2020 bis 15.7.2020 angekündigt. Die Frist zur Abgabe der Umsatzsteuererklärungen für Dezember 2019 bis Februar 2020 soll vom 10.4.2020 auf den 30.4.2020 verlängert werden, sofern die Umsätze vom 1.3.2019 bis 29.2.2020 nicht EUR 1 Mio. überstiegen haben und sofern die Umsatzsteuer bis 10.11.2020 gezahlt wird. Um die Liquidität von Unternehmen zu sichern, die 2019 einen Umsatz von höchstens EUR 1 Mio. hatten oder deren Umsatz aktuell um 25 % gesunken ist, wird vorrübergehend für zwei Monate die Zahlungspflicht der Umsatzsteuer ausgesetzt.
 
 
Ansprechpartner:
 
 
Ronny Langer
Dipl.-FW (FH), Steuerberater
Tel.: +49 89 217501250
 
Stand: 26.03.2020