Umsatzsteuer Newsletter 09/2024
BFH: Kein Vorsteuerabzug aus Installationskosten einer Heizungsanlage bei Wohnraumvermietung
Der BFH hat entschieden, dass die Vorsteuern aus Installationskosten für eine Heizungsanlage bei Wohnraumvermietung nicht abzugsfähig sind (Urteil v. 07.12.2023 – V R 14/21). Dabei legt der BFH sich nicht fest, ob die Energielieferung durch den Vermieter als bloße Nebenleistung zur Vermietung oder als eigenständige Leistung einzuordnen ist. Auf diese Frage kam es nicht an, weil der Vorsteuerabzug aus Installationskosten einer Heizungsanlage bei Wohnraumvermietung ausscheide. Die nationalen mietrechtlichen Vorschriften ließen die Zuordnung der Kosten zu möglicherweise steuerpflichtigen Betriebskosten nicht zu.
1 Problemaufriss
Vermieter erbringen neben der eigentlichen Vermietungsleistung regelmäßig weitere Leistungen an ihre Mieter, so z. B. Wärme- und Warmwasserlieferungen. Bislang werden Energielieferungen als Nebenleistung zur Vermietungsleistung eingeordnet (Abschn. 4.12.1 Abs. 5 UStAE) und teilen daher das umsatzsteuerliche Schicksal der Vermietungsleistung. Mit Urteil vom 16.04.2015 – C-42/14 – Wojskowa Agencja Mieszkaniowa w Warszawie entschied der EuGH abweichend, dass die Energielieferung eines Vermieters grundsätzlich selbständig zu beurteilen sei (s. hierzu KMLZ Umsatzsteuer Newsletter 14 ǀ 2015). Diese Auffassung des EuGH zugrunde gelegt, ist zu klären, welcher Ausgangsleistung der Erwerb einer Heizungsanlage durch den Vermieter unmittelbar zuzuordnen ist: der steuerfreien Wohnungsvermietung oder der steuerpflichtigen Wärmelieferung. Im Fall der Zuordnung zur Wärmelieferung könnte der Vermieter den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Anlage geltend machen. 
 
2 Sachverhalt
Die Klägerin vermietete in einem Haus zwei Wohnungen steuerfrei. Der Mietvertrag sah die Zahlung einer Grundmiete, „kalter“ Betriebskosten und Heizungsbetriebskosten vor. Die Mieter leisteten Betriebskostenvorauszahlungen, über welche jährlich abgerechnet wurde. 2016 ließ die Klägerin eine neue Kesselanlage und Heizung sowie einen neuen Warmwasserspeicher installieren. Die Mieter konnten die Wassertemperatur individuell regulieren, die Menge wurde über Einzelzähler nach Wohneinheit erfasst. Die Klägerin behandelte die Umsätze aus der Wärme- und Warmwasserlieferung als steuerpflichtig und machte Vorsteuerbeträge aus dem Erwerb und der Installation der Heizungsanlage geltend. Das Finanzamt war der Auffassung, die Wärme- und Warmwasserlieferung an die Mieter seien typische Nebenleistungen zur Vermietung. Ein Vorsteuerabzug sei deshalb nicht zulässig. Das FG Münster folgte dem EuGH und urteilte, dass die durch den Vermieter erbrachten Energielieferungen keine Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnungsvermietung, sondern eigenständige Hauptleistungen seien. Die bezogenen Eingangsumsätze für den Einbau einer Kesselanlage und Heizung stünden im unmittelbaren und direkten Zusammenhang zur steuerpflichtigen Energielieferung. Vor diesem Hintergrund ließ das FG den Vorsteuerabzug zu. Dieser Ansicht folgt der BFH nicht – und lässt offen, wie die Energielieferung einzuordnen ist, ob als Nebenleistung der Vermietung oder als eigenständige Hauptleistung.
 
3 Entscheidung des BFH
Mit dem Urteil vom 07.12.2023 (Az. V R 15/21) weist der BFH die Klage ab. Nach Ansicht des BFH stehen die Kosten der Anschaffung und Installation der Heizungsanlage in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der steuerfreien Vermietung. Der Vermieter darf die Installationskosten einer Heizungsanlage gemäß den mietrechtlichen Bestimmungen nicht über die Betriebskosten auf die Mieter umlegen, sondern nur über den Mietzins. Das Vorhalten einer intakten Heizungsanlage zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mieträume ist Bestandteil der Vermietungsleistung. Die Installationskosten der Heizungsanlage betreffen daher ausschließlich den Ausgangsumsatz der steuerfreien Wohnraumvermietung. Ein Vorsteuerabzug ist diesbezüglich nicht zulässig. Konsequenterweise ließ der BFH offen, ob die Lieferung von Wärme und Warmwasser – wie vom EuGH angenommen – eine eigenständige Lieferung ist oder – wie die Finanzverwaltung meint – als Nebenleistung zur (steuerfreien) Vermietungsleistung zu betrachten ist. Darauf kam es gar nicht erst an.
 
4 Auswirkungen für die Praxis
Der BFH leitet die Zuordnung von Ausgangs- und Eingangsumsätzen kostenbezogen anhand nationaler mietrechtlicher Bestimmungen her. Dies ist nicht zu beanstanden. Als Konsequenz scheidet für bestimmte – mietrechtlich zwingend in dem Mietzins aufgehende – „Infrastrukturkosten“ i. Z. m. Wohnraumvermietung ein Vorsteuerabzug generell aus. Das Urteil des EuGH vom 16.04.2015 – C-42/14 verliert vor diesem Hintergrund an praktischer Relevanz. Eine direkte Zuordnung derartiger Eingangsleistungen zu potenziell steuerpflichtigen Wärme- und Warmwasserlieferungen ist versperrt. Der Vorsteuerabzug hängt dann von der Steuerpflicht des Mietzinses ab. 
 
Die Rechtsprechung des BFH steht derjenigen des EuGH allerdings nicht entgegen. Ein Vorsteuerabzug bleibt unter Rückgriff auf die EuGH-Rechtsprechung denkbar, wenn eine Eingangsleistung – abweichend zum Besprechungsfall – nicht im unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Vermietungsleistung, sondern zu einer gesonderten steuerpflichtigen Ausgangsleistung (z. B. in Form von Strom-, Wärme- oder Warmwasserlieferungen) steht. Dann ergeben sich gewisse Gestaltungsansätze. Im Rahmen der zivilrechtlich zulässigen Grenzen kann als Ausdruck der Parteiautonomie vertraglich festgelegt werden, welche Kostenelemente im Mietzins i. e. S. und welche in potenziell steuerpflichtigen Betriebskosten bzw. in eigenständig zu beurteilenden Ausgangsleistungen aufgehen. Freilich besteht bei Wohnraummietverhältnissen ein geringerer Gestaltungsspielraum als bei Gewerberaummietverhältnissen. 
 
Vor diesem Hintergrund bleibt eine nähere Konkretisierung des Verständnisses des BFH im Hinblick auf die EuGH-Rechtsprechung i. Z. m. einem weiteren beim BFH anhängigen Verfahren (Az. XI R 8/21) mit Spannung zu erwarten. Dort geht es um die Frage, ob der Erwerb einer Photovoltaikanlage durch den Vermieter zur Lieferung erzeugten Stroms an die Mieter mit der steuerfreien Vermietungsleistung im unmittelbaren Zusammenhang steht.
 
Ansprechpartner:
 
 
Dr. Jochen Tillmanns
Rechtsanwalt, Dipl.-Finanzwirt (FH)
Tel: +49 211 54 095 381
 
Stand: 22.03.2024