Der Unternehmensgegenstand einer solchen Holding lässt sich als „Band“ beschreiben, welches durch die entgeltlichen Leistungen gegenüber den gehaltenen Einheiten besteht. Eingangsleistungen, die dieses Band stärken, berechtigen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug. Eingangsleistungen mit anderer Zielrichtung gelten als nicht für das Unternehmen bezogen und berechtigen daher nicht zum Vorsteuerabzug. Will eine Holding Anteile an einer gehaltenen Einheit verkaufen, gerät das Band und damit der Vorsteuerabzug in Gefahr.
4 Folgen für die Praxis
Das Urteil belebt eine alte Debatte neu. Können Unternehmer Vorsteuern aus Beratungsleistungen für nicht steuerpflichtige Anteilsverkäufe geltend machen? Das aktuelle Urteil bejaht dies. Voraussetzung ist, dass das Band zwischen entgeltlichen Leistungen und den gehaltenen Einheiten gestärkt wird. Der Anteilsverkauf muss daher ausschließlich unternehmerische Gründe haben oder die Erweiterung des Unternehmens bezwecken.
Bezogen auf eine Holding heißt das: Der konkrete Anteilsverkauf muss dem Erhalt oder der Ausweitung der entgeltlichen Leistungen gegenüber den verbleibenden Beteiligungen dienen. Ist dies der Fall, wird die Beratungsleistung nicht als Eingangsleistung für die Anteilsübertragung verstanden, sondern als Eingangsleistung für die Bewahrung und Entwicklung des umsatzsteuerlichen Unternehmens. Die einzelne Anteilsübertragung tritt hinter der unternehmerischen Gesamttätigkeit zurück. Ein Vorsteuerabzug kommt somit insbesondere dann in Betracht, wenn eine Holding strategische Beratungsleistungen an die gehaltenen Einheiten erbringt. Dann ist die Optimierung des Gesamtkonzerns Gegenstand des Unternehmens der Holding. Dies schließt den Erwerb und den Verkauf einzelner Einheiten ein.
Der EuGH hatte bereits in der Rs. C-29/08 SKF (Urt. v. 29.10.2009) eine Zuordnung von Beratungsleistungen zur unternehmerischen Gesamttätigkeit in Betracht gezogen (vgl. Rn. 62). Der BFH übernahm zwar die Rechtsprechung des EuGH. In dem entschiedenen Fall ordnete er die Beratungsleistungen jedoch dem Anteilsverkauf zu und verneinte den Vorsteuerabzug (vgl. BFH, Urt. v. 27.01.2011 – V R 38/09). Als Zuordnungskriterium stellte er auf die Leistungsbeschreibung in den Eingangsrechnungen ab. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entscheidung muss dieses Verständnis überdacht werden. Selbstverständlich gehen Beratungsleistungen zum Anteilsverkauf auch immer in die Anteilsübertragung ein. Wenn aber der Anteilsverkauf zum „Hilfsgeschäft“ für die unternehmerische Tätigkeit wird, ist die Beratungsleistung umsatzsteuerlich Eingangsleistung für die entgeltlichen Leistungen an die Konzerngesellschaften.
Darüber hinaus stellt sich die Frage: Gilt dieses Verständnis auch bei anderen nicht steuerpflichtigen Übertragungstatbeständen, etwa bei Grundstückslieferungen? Betreibt z. B. ein Unternehmer ein Hotel und veräußert ein hierzu gehöriges Grundstück steuerfrei, ist auch er zum Vorsteuerabzug aus den Beratungsleistungen berechtigt. Als Voraussetzung hierzu muss der Verkauf ausschließlich durch den Hotelbetrieb veranlasst sein oder dessen Erweiterung dienen.