Umsatzsteuer Newsletter 37/2018
Verfassungsrechtliche Zweifel an Säumniszuschlägen
Umsatzsteuernachforderungen sind oft nicht nur mit Zinsfestsetzungen gem. § 233a AO verbunden, sondern auch mit Säumniszuschlägen gem. § 240 AO. Bezüglich der Höhe der Zinsen kommen derzeit verfassungsrechtliche Zweifel auf, vgl. KMLZ Newsletter 25/2018. Das Finanzgericht München hat diese Zweifel nun auch auf den Bereich der Säumniszuschläge ausgeweitet, wenn für Zeiträume ab 2015 Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerpflichtigen bestehen (Beschl. v. 13.08.2018 – 14 V 736/18). In einem solchen Fall seien die Säumniszuschläge ganz zu erlassen. Eine entsprechende Inhaftungnahme des Geschäftsführers scheide aus.

Suche

Das Finanzgericht München hat in seinem AdV-Beschluss vom 13.08.2018 (14 V 736/18) verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit für Jahre ab 2015 geäußert. Die Antragstellerin ist Geschäftsführerin einer GmbH. Für die GmbH wurde am 31.07.2017 ein Insolvenzantrag gestellt. Die GmbH hatte Umsatzsteuern und Säumniszuschläge teilweise nicht entrichtet. Hierfür wird die Antragstellerin vom Finanzamt gem. § 69 AO i. V. m. § 191 AO in Haftung genommen. Die Antragstellerin beantragt die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids.

Das Finanzgericht setzt den Haftungsbescheid teilweise von der Vollziehung aus, soweit die Säumniszuschläge nach dem Insolvenzantrag entstanden waren. Bei einer Inhaftungnahme müsse das Finanzamt sein Ermessen ordnungsgemäß ausüben. Dabei habe das Finanzamt auch zu berücksichtigen, ob Beträge, für die die Haftung angeordnet wird, in Zukunft zu erlassen seien. Säumniszuschläge seien bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerpflichtigen teilweise zu erlassen. Der Grund liege darin, dass ein Zweck der Säumniszuschläge, nämlich den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung zu veranlassen, nicht erreicht werden kann. Der dann verbleibende Rest der Säumniszuschläge diene im Wesentlichen dem gleichen Zweck wie die Zinsen: Es sollen Nutzungsvorteile abgeschöpft werden. Da gegen die Höhe der Zinsen zumindest ab April 2015 verfassungsrechtliche Zweifel bestünden, müsse bei Säumniszuschlägen insoweit das Gleiche gelten. Für die Zeiträume vor dem Insolvenzantrag gewährte das Finanzgericht die AdV nicht.

Die Entscheidung des FG München ist nicht nur für Haftungsschuldner relevant, sondern auch für Insolvenzverwalter, die gegen Säumniszuschläge vorgehen wollen. Auch wenn das Finanzgericht verfassungsrechtliche Zweifel nur in einem besonders gelagerten Fall hegt, tut sich die Frage auf, ob dies nicht auch für andere Fallkonstellationen gelten kann.

Ansprechpartner:

Dr. Thomas Streit, LL.M. Eur.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Telefon: +49 89 217501275
thomas.streit@kmlz.de

Stand: 06.09.2018