Umsatzsteuer Newsletter 32/2022
Umsatzsteuerrechtliche Behandlung des THG-Quoten-Handels
Der Handel mit Emissionseinsparungen für Zwecke der Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote) hat durch eine Gesetzesänderung zum Jahr 2022 erheblich an Bedeutung gewonnen. Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Umsätze, welche die verschiedenen Beteiligten im THG-Quoten-Handel generieren, hat die Finanzverwaltung bisher nur punktuell Stellung genommen. Alle Beteiligten haben jedoch erhebliche Fallstricke zu beachten und sollten ihre Leistungsbeziehungen auf mögliche Risiken überprüfen.

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1 Hintergrund
Wer in Deutschland Kraftstoffe vertreibt, muss die dadurch verursachten Emissionen als Quotenverpflichteter (QV) gemäß der Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote) jährlich um einen vorgegebenen Prozentsatz mindern. Die Einsparung können die QV durch das Inverkehrbringen bestimmter Erzeugnisse aus erneuerbaren Energien selbst generieren oder ihre Verpflichtung auf Dritte übertragen und damit deren Einsparungen nutzen. Man spricht dann vom Handel mit THG-Quoten. 
 
Auf die THG-Quote anrechenbar ist insbesondere abgegebener Ladestrom für Elektrofahrzeuge. Nachdem die Einsparung zunächst dem Stromanbieter zuzurechnen war, gilt dies seit dem Jahr 2022 für Ladepunktbetreiber (LPB) bzw. von ihnen benannte Dritte. Zu den LPB zählen neben Betreibern öffentlicher Ladepunkte alle (auch privaten) Halter reiner Elektrofahrzeuge. Diese können sich (pauschale) THG-Minderungen anrechnen lassen und „weiterverkaufen“. 
 
Zur Unterstützung der LPB (insbesondere der Fahrzeughalter) bieten sich diverse Dienstleister (DL) an. Diese melden die THG-Minderung einer Vielzahl von LPB beim Umweltbundesamt an und verkaufen sie an QV. Die DL zahlen den LPB eine Prämie aus (in verschiedenen Modellen: als Festpreis, variablen Preis oder in Form von Spenden) und behalten sich die Differenz zum erzielten Preis als Provision ein. Nicht selten schalten die DL weitere Zwischenhändler oder Vermittler für die Verhandlungen mit den QV ein, da größere Minderungsmengen regelmäßig zu besseren Preisen verkauft werden können.
 
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung dieses THG-Quoten-Handels haben einzelne Finanzverwaltungen nun erstmals Stellung genommen. Dabei wurden zwar einige Fragen geklärt, viele weitere bleiben jedoch zunächst noch unbeantwortet.
 
2 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung für LPB
So hat die Finanzverwaltung deutlich gemacht, dass private Fahrzeughalter durch den Verkauf der Minderungen – auch über mehrere Jahre – nicht unternehmerisch tätig sind. Veräußern hingegen Unternehmer THG-Minderungen für unternehmerisch zugeordnete Fahrzeuge, unterliegt dies als Teil ihrer unternehmerischen Tätigkeit der Umsatzsteuer. Dabei entfällt der Anschaffungspreis des Fahrzeugs laut Finanzverwaltung nicht anteilig auf die THG-Minderung.
 
Es liegt grundsätzlich in der Verantwortung des LPB, die umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen aus seiner Leistung (das ist i.d.R. die Abtretung des Rechts auf die THG-Quote an den DL) zu kennen und umzusetzen. Schwierigkeiten können sich dabei bereits bei der Ermittlung des Zeitpunkts der Steuerentstehung ergeben. Leistungsausführung und Prämienauszahlung können zeitlich durchaus erheblich voneinander abweichen. Auch die Bemessung des Entgelts kann – neben der Unterscheidung, ob eine Brutto- oder Nettoprämie vereinbart ist – insbesondere durch variable Vergütungsbestandteile oder die Möglichkeit von Spenden zu Problemen führen. 
 
3 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung für THG-Quoten-Händler
Für die eingeschalteten DL und Zwischenhändler stellt die Finanzverwaltung klar, dass der Handel mit THG-Quoten als unternehmerische Tätigkeit gilt. Weitere Ausführungen macht sie nicht.
 
In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Unterscheidung zwischen nichtunternehmerischen und unternehmerischen LPB (einschließlich Fahrzeughaltern) auch für die DL relevant ist. Für den Ankauf bei unternehmerischen LPB ist der DL grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dies setzt jedoch einen entsprechenden Umsatzsteuerausweis voraus. Normalerweise wird der DL mit den LPB die Abrechnung mittels Gutschrift vereinbaren und damit selbst für den Umsatzsteuerausweis verantwortlich sein. Durch den Vorsteuerabzug ist es dem DL grundsätzlich möglich, dem unternehmerischen LPB die Prämie zzgl. Umsatzsteuer auszuzahlen und so zu vermeiden, dass sich die Prämie des LPB um seine Umsatzsteuerschuld mindert. Gegenüber nichtunternehmerischen LPB darf hingegen kein Umsatzsteuerausweis erfolgen.
 
Auch die Einschaltung weiterer Zwischenhändler oder Vermittler neben dem DL führt zu einer zunehmenden Komplexität in der Abrechnung. Regelmäßig ist die Einsparung der LPB unmittelbar dem anmeldenden DL zuzurechnen. Schließt dieser sowohl mit einem weiteren Zwischenhändler oder Vermittler als auch – wie vom Bundes-Immissionsschutzgesetz gefordert – mit dem QV einen Vertrag, muss der DL genau prüfen, gegenüber wem er welche Leistung erbringt, wann diese erbracht und damit zu versteuern ist und an wen er eine entsprechende Rechnung mit Umsatzsteuerausweis zu stellen hat. Rechnet der DL die erhaltenen Beträge gegenüber dem falschen Vertragspartner ab, besteht das Risiko, dass es sich dabei um eine zusätzliche Steuerschuld nach § 14c UStG handelt, während der tatsächlich steuerbare Umsatz unversteuert bleibt.
 
Steuerschuldner im (innerdeutschen) THG-Quoten-Handel ist grundsätzlich der Leistende. Nach dem aktuellen – eng begrenzten – Wortlaut des § 13b Abs. 2 Nr. 6 UStG fällt der THG-Quoten-Handel wohl nicht unter den für die Übertragung von Emissionszertifikaten geltenden Steuerschuldübergang. Hinzu kommt, dass es sich, entgegen der Bezeichnung „THG-Quoten-Handel“, tatsächlich nicht um die Übertragung von Zertifikaten handelt, sondern QV ihre Verpflichtung übertragen. 
 
Insgesamt werden die Beteiligten im THG-Quoten-Handel noch mit einigen umsatzsteuerrechtlichen Fallstricken konfrontiert werden. Aus diesem Grund ist es essentiell, dass die Beteiligten die für sie im Einzelfall geschlossenen Verträge und ihre umsatzsteuerrechtliche Behandlung beleuchten und auf mögliche Risiken hin überprüfen. 
 
Ansprechpartner:
 
 
Laura Klein
Steuerberaterin, Master of Science (M.Sc.)
(Rechts- und Wirtschaftswissenschaften)
Telefon: +49 89 217501296
 
Stand: 05.08.2022