Umsatzsteuer Newsletter 21/2019
Einfuhrumsatzsteuer in UK – HMRC warnt vor falschem Vorsteuerabzug
Der britische Fiskus HMRC beabsichtigt, den korrekten Vorsteuerabzug der EUSt in UK strikt umzusetzen: Im Schreiben vom 11.04.2019 benennt der HMRC den aktuellen Missstand, dass die EUSt häufig von Unberechtigten (non-owners) als Vorsteuer geltend gemacht wird. Unter anderem am Beispiel der Lohnveredler erklärt er dann, wie es richtig geht. Unternehmer sollten ihre Geschäftsprozesse im Zusammenhang mit Importen nach UK überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

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1 HMRC setzt den Fokus auf den Vorsteuerabzug der EUSt 
Aufgepasst beim Vorsteuerabzug der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) in UK: Mit Schreiben vom 11.04.2019 weist der britische Fiskus darauf hin, dass die EUSt häufig von Unberechtigten (non-owners) geltend gemacht wird. Der HMRC benennt diesen Missstand nun u  a. am Beispiel der Lohnveredler explizit und erklärt, wie es richtig geht. Er kündigt strikte Umsetzung und Übergangsregelungen an. Sobald UK aufgrund des Brexit nicht mehr zum Gemeinschaftsgebiet gehört, werden auch alle Umsätze betroffen sein, bei denen Waren aus der EU nach UK importiert werden. Unternehmer sollten ihre Geschäftsprozesse im Zusammenhang mit Importen nach UK überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
 
2 Einfuhrumsatzsteuer als abzugsfähige Vorsteuer 
In UK, wie auch in Deutschland, kann normalerweise nur derjenige die EUSt als Vorsteuer geltend machen, der im Zeitpunkt der Einfuhr Verfügungsmacht an den importierten Gegenständen hat (= owner). Häufig wird die EUSt aber gerade nicht von demjenigen angemeldet und entrichtet, der zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. HMRC hat dabei zwei wesentliche Konstellationen im Blick: Lohnveredler und Fälle, in denen die Verfügungsmacht kurz vor der Einfuhr auf den Abnehmer übergegangen ist. Die meisten Lohnveredler eint ein ähnliches Geschäftsmodell: Sie führen Waren nach UK ein, bearbeiten sie und vertreiben sie im Auftrag des Herstellers und Eigentümers weiter. Dabei erlangen sie zu keinem Zeitpunkt Eigentum oder umsatzsteuerliche Verfügungsmacht an den Gegenständen. Der Lohnveredler agiert gleichwohl meist bei der Einfuhranmeldung der zu bearbeitenden Gegenstände als Zollanmelder und nennt sich selbst als „importer of record“. Das heißt, er meldet die Waren auf seinen eigenen Namen zur Einfuhr an und entrichtet die EUSt. Anschließend erhält er diese EUSt auch auf seinem monatlichen import VAT certificate C79 (= britische Version des EUSt-Bescheids) vermerkt. Nur mit dem C79-Bescheid darf die EUSt in UK als Vorsteuer geltend gemacht werden. Ähnliches gilt für Konstellationen, in denen ein Lieferer Eigentum und Verfügungsmacht an seiner Ware bereits kurz vor der Einfuhr an seinen Abnehmer überträgt und dennoch selbst bei der Zollanmeldung als „importer of record“ fungiert.
 
Die EUSt schuldet aber – völlig unabhängig vom Eigentümer oder Verfügungsberechtigten der Ware – auch der Zollanmelder und dieser kann und wird sie häufig selbst entrichten. Daraus entstehen eben jene Konstellationen, in denen derjenige, der die Ware zum Zoll anmeldet und die EUSt bezahlt, bei der Zollanmeldung den falschen sogenannten „importer of record“ angibt. In der Folge wird diese Einfuhr und die daraus entstehende EUSt nicht in dem als Nachweis dienenden C79-Bescheid des Vorsteuerabzugsberechtigten erfasst, sondern in dem des Zollanmelders. Da dieser durch die Entrichtung der EUSt belastet ist und ihm der C79-Bescheid vorliegt, macht er sie als Vorsteuer in seiner britischen UStE geltend. Dies ist nicht korrekt.
 
Richtig ist, wenn der verfügungsberechtigte Unternehmer oder „owner“ (in den Bespielen des HMRC: Hersteller oder Abnehmer) bei der Zollanmeldung als „importer of record“ genannt wird, die EUSt in seinem C79-Bescheid gelistet ist und der „owner“ die EUSt daraus als Vorsteuer geltend macht. Ausnahmen sieht das britische Umsatzsteuerrecht nur in wenigen Konstellationen vor, in denen ein in UK ansässiger Zollagent bestellt werden kann. Hier gelten aber enge Voraussetzungen, damit dieser anstelle des „owner“ die EUSt als Vorsteuer gelten machen darf. Der „owner“ kann die britische EUSt richtigerweise entweder in seiner britischen USt-Erklärung als Vorsteuer geltend machen. Ist er nicht aus anderen Umsätzen in UK umsatzsteuerlich registrierungspflichtig, kann er sich die EUSt im Vorsteuervergütungsverfahren erstatten lassen.
 
3 HMRC blickt nach vorn
Wo die britische EUSt zu Unrecht geltend gemacht wurde, besteht Korrekturbedarf. Das heißt Rückzahlung der EUSt durch den Nicht-Abzugsberechtigten. Der vorsteuerabzugsberechtigte „owner“ dagegen kann seine EUSt grundsätzlich nur im Rahmen der 4-jährigen Verjährungsfrist und mit korrigierten C79-Bescheiden noch nachträglich geltend machen. 
 
HMRC geht aber davon aus, dass diese flächendeckende unrichtige Praxis in aller Regel nicht absichtlich erfolgt, sondern auch den bislang unklaren Vorschriften geschuldet ist. HMRC gewährt daher eine Übergangsfrist, in der betroffene Unternehmen ihre Prozesse anpassen können: Erst ab 15.07.2019 wird strikt umgesetzt und EUSt nur noch an die Berechtigten und im richtigen Verfahren erstattet. Da bei korrekter Abwicklung kein Steuerschaden entstanden wäre, wird der HMRC gegen vor dem 15.07.2019 unberechtigt vorgenommenen Vorsteuerabzug der EUSt aus vergangenen Meldeperioden nicht angehen, sofern folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
  • Der EUSt-Abzug erfolgte durch entschuldbaren Irrtum wegen Fehlinterpretation der Vorschriften oder Richtlinien. 
  • Der verfügungsberechtigte „owner“ wäre selbst voll vorsteuerabzugsberechtigt gewesen.
  • Der HMRC ist überzeugt, dass die konkrete EUSt von keinem Anderen (zusätzlich) geltend gemacht wurde.
 
4 Handlungsbedarf
Unternehmer sollten dringend ihre Importprozesse in UK prüfen und falls erforderlich anpassen. Wenn das Vorliegen der obenstehenden Voraussetzungen nicht nachgewiesen werden kann, sollte umgehend eine rückwirkende Berichtigung angestrebt werden, um im Zusammenhang mit dem HMRC-Schreiben guten Willen zu demonstrieren.
 
 

Ansprechpartner:

Fresa Amthor
Rechtsanwältin, Steuerberaterin
Tel.: +49 (0) 89 217 50 1245
fresa.amthor@kmlz.de

Stand: 25.04.2019